„Eifersucht ist doof!“ – warum ich als Kind beschlossen habe, kein eifersüchtiger Mensch zu sein


Leute, ich bringe hier dieses Thema, weil ich neulich eine unangenehme Szene in einer Familie, bei der ich eines Abends zu Besuch war, erlebt habe. Sie hat mich an einen ganz bestimmten Schmerz in meiner eigenen Kindheit erinnert. Und zwar geht es um Eifersucht.

Die Szene war eine echte Szene. Und zwar die Mutter hat sie abgezogen.

Eine Eifersuchtsszene.

Ich kann und will nicht mutmaßen, ob sie Grund dazu hatte oder nicht. Ich möchte auch nicht die Details hier breittreten. Fakt ist, dass sowohl Kinder als auch Gäste Zeugen einer Inquisition (Wo warst du? Wann genau? Wer war dabei? Etc.) plus einer recht abfälligen Schimpftirade über weibliche Bekannte (oder gar Arbeitskolleginnen?) des Vaters über sich ergehen lassen mussten. Ich saß da und dachte mir: „Hey, super, dass ich schon so eindeutig die 40 überschritten habe, sonst wäre ich ja glatt auch auf dem Radar!“

Ich will jetzt nicht über peinlich oder nicht peinlich reden. Ihr wisst ja, von Peinlichkeit habe ich mich längst verabschiedet.

Aber ich möchte über die Belastung für die Kinder reden durch ein eifersüchtiges Elternteil.

Weil ich das in meiner eigenen Kindheit erlebt habe. Bei mir war mein Papa sehr eifersüchtig. Er war 27 Jahre älter als meine Mutter, er hat sie als seine Studentin an der Uni kennengelernt und seine Frau für sie verlassen… und möglicherweise lebte er in Angst, dass ihm Gleiches passieren würde. Da er sowieso ein cholerischer Mensch war und wir in einer Kultur mit lateinischen Wurzeln lebten (ich bin ja in Rumänien geboren, das kennt ihr), wurde es oft bei Eifersuchtsthemen laut. Sehr laut. Nun ja, wenn man mit einem cholerischen Papa aufwächst und eine unbeschwerte Natur ist wie ich, ist „laut“ – also mal ein wenig Rumschreien – echt kein Problem. Da war ich gewohnt dran, zumal ich die absolute Sicherheit hatte, dass physische Gewalt bei uns aus Prinzip nicht angewendet wird.

Aber ich fand seine Verdächtigungen und seinen Kontrollzwang schlimm.

Vor allem, weil sie im totalen Widerspruch standen zu seinem Wert der Freiheit. Ja, mein Vater war ein großer Freiheitsverfechter. Politisch und gesellschaftlich zumindest. Er war für freie Grenzen, freie Meinungsäußerungen, freier Wille. Er hat mir früh zum Beispiel beigebracht, dass Homosexualität natürlich und unproblematisch ist – „Zwei Menschen, die sich frei für Liebe entscheiden, damit haben WIR kein Problem!“. Er hat mich sensibilisiert gegen Despoten und Machtausnutzer.

Und dann hat er sich, wenn er eifersüchtig war, selbst wie einer aufgeführt!

Wenn meine Mutter Dienstreisen hatte, musste sie sich am besten drei Mal am Tag bei ihm melden – und Bericht erstatten, sonst hing der Haussegen schief, wenn sie zurück kam. Und das in einer Welt mit sehr spärlichen Telefonmöglichkeiten! Wenn er unterwegs war, meldete er sich drei Mal am Tag und wollte wissen, wo wir sind und wer zu Besuch war. Immer noch: in einer Welt mit sehr spärlichen Telefonmöglichkeiten…

Das allerschlimmste für mich war, als er mich einmal (ich muss so ca. 7 Jahre alt gewesen sein) so befragt hat, dass ich mich in den Aussagen verstrickt habe und irgendwie gesagt haben muss, dass meine Mutter mit einem Arbeitskollegen sich zum romantischen Dinner verabredet hat. Ich war eigentlich nicht sicher, dass es eine Verabredung war, und schon gar nicht zum Essen und nicht wirklich Abends, von Romantik eigentlich keine Rede… aber ich hab zu irgendwas ja gesagt, und dann nein, und dann wieder ja! Aiii! Irgendwie muss ich das so bestätigt haben, und dann gab es, basierend auf meine „Zeugenaussagen“, echt schlimmen Streit und Ärger.

Zum Glück war meine Ma der gütigste Mensch auf Erden, und sie hat schnell verstanden, dass ich mich als Kind in meinen eigenen Aussagen verfuzzelt hatte und sie hat mich von der Angel gelassen. Ich kann mich nicht erinnern, wie sie das gelöst hat.

Ich kann mich dafür an das schlimme Gefühl erinnern, das ich damals hatte.

Es hat mir Bauchschmerzen gegeben. Es hat mir Lebensfreude genommen. Es hat mir nicht gut getan. Und wäre ich nicht damals schon die eher unbeschwerte Béa gewesen, die ihr kennt, hätte es mir nachhaltig geschadet.

Es hat mir genutzt, weil ich schon in dieser frühen Kindheit etwas für mich beschlossen habe:

Eifersucht ist doof.

Ich habe mir vorgenommen, kein eifersüchtiger Mensch zu sein.

Und ich nehme es in Kauf, lieber eine Verletzung mehr zu erleiden, als mich jeden Tag mit dem Gift der Eifersucht selbst zu vergiften.

Update Dezember 2019: Obwohl ich schon mehrfach betrogen worden bin – von Menschen, in denen ich 100% Vertrauen hatte, bleibe ich bei dem Beschluss. Da hat natürlich weh getan und tut erneut weh, aber mein Beschluss aus Kindheitstagen ist stärker.

Das tue ich, weil es mir persönlich besser geht damit. Eine gute Partnerschaft und Liebe ist für mich eine, in der wir uns jeden Tag und aus freien Stücken neu für uns entscheiden. Gegebenenfalls auch nach einer Enttäuschung – dann gilt es eben, neue Regeln aufzustellen, respektvoll miteinander umzugehen und zu kommunizieren, um wieder zu einem neuen Vertrauen zu gelangen.

Wie steht ihr zu diesem Thema, Eifersucht?

Liebe Grüße,
Béa

Titelbild ist ein Portraitfoto von mir von Malina Ebert

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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