Weihnachten mit Essstörung – wie ihr eure Kinder unterstützen könnt


Das Fest der Liebe steht vor der Tür und mit ihm auch die ein oder anderen Hindernisse. Menschen mit Essstörungen graut es meist vor dem bevorstehenden Essen. Hier kommen ein paar Tipps, wie ihr eure Kinder oder andere Betroffene am besten unterstützen könnt.

Tatsächlich habe ich schon vor einer Weile über dieses Thema geschrieben – in diesem Beitrag will ich mich jedoch vor allem auf die Weihnachtszeit beziehen, weil kein Fest so viel Essen enthält wie das Fest der Liebe. Das große Schlemmern zieht sich durch den ganzen Dezember – von Spekulatius und Lebkuchen bis hin zu Schokoadventskalendern, Weihnachtsfeten und Weihnachtsmärkten. Es wird unendlich viel genascht – und das ist toll. Aber für Menschen mit Essstörung gleicht der Dezember purer Folter, und an Weihnachten sind sie bereits so erschöpft, dass der Schmerz in ihrem Innern kaum zu beschreiben ist.

Essstörung ist nicht gleich Essstörung

Die einen plagen sich mit einer Magersucht, die anderen mit Binge Eating oder Bulimie. Es gibt noch weitere Formen der Essstörungen, aber diese sind die häufigsten. Was alle jedoch vereint, ist folgende Furcht: Das Essen.

Obwohl ich nicht christlich bin, war das Weihnachtsfest, das meine Familie trotzdem feiert, jahrelang mit panischer Angst verbunden. Die meisten aus meinem Umfeld wussten nichts von meiner Essstörung, was alles nur doppelt so hart gemacht hat, weil niemand auf mich Rücksicht nehmen konnte. Bei denen, die es wussten, hätte ich mir rückblickend einen sensibleren Umgang gewünscht, obwohl ich gleichzeitig weiß, dass ich mich in einer Situation befand, in der man es mir unmöglich recht machen konnte. Am liebsten hätte ich den ganzen Dezember übersprungen.

Weihnachten mit Essstörung – wie ihr eure Kinder unterstützen könnt

1. Nicht zum Essen drängen

Euer Kind isst zu wenig? Das ist nicht gut, aber ich garantiere euch, dass es nicht mehr auf seinen Teller häufen wird, wenn es dazu gedrängt wird, im Gegenteil. Betroffene sind meist extrem angespannt, und dadurch auch besonders gereizt. Sie suchen förmlich nach einem Streit, kanalisieren so ihren Frust, oder nutzen ihn, um in eine Trotzhaltung zu fallen, nach dem Motto: „Wenn du mich so bedrängst, dann esse ich erst recht nicht.“

Bei einigen Kindern funktioniert das viele Drängen vielleicht sogar, aber das garantiert trotzdem nicht, dass das Essen danach auch im Magen bleibt. Für mich hat Drängen immer alles viel schlimmer gemacht. Ein Teil von mir sah es sogar als eine Art Vergeltung, ein „Jetzt breche ich erst recht aus, das habt ihr jetzt davon.“

Dasselbe Phänomen gibt es auch andersherum – wenn man dazu angehalten wird, nicht zu viel zu essen, aus Angst, das Kind würde ins Binge Eating rutschen. Auch das hilft nicht und sorgt auch bei nicht Betroffenen für große Scham. Ich bin ohnehin der Meinung, dass das gesunde Essverhalten anderer nicht kommentiert werden sollte. Bei ungesundem Essverhalten ist das was anderes, aber der Weihnachtstisch ist trotzdem nicht der richtige Ort.

2. Verwandte vorbereiten

Um Fettnäpfchen zu vermeiden wäre es ideal, die Verwandten am Tisch auf das Essen vorzubereiten und ihnen schonmal einige Tipps mitzugeben, zum Beispiel:

  • Keine Kommentare zum Essen
  • Keine Kommentare zum Körpergewicht
  • Kein Drängen zum Essen
  • Trigger vermeiden, z.B. keine Kommentare zur Schule, Prüfung, etc.

3. Traditionen loslassen

Gemeinsam Plätzchen backen? Ein Lebkuchenhaus bauen? Auf den Weihnachtsmarkt gehen? All diese Traditionen sind toll – aber manchmal muss man sie loslassen. Menschen mit Essstörung denken ohnehin rund um die Uhr an Essen, und vielleicht wollen sie auch gar nicht darauf verzichten. Aber für den Fall, dass es ihnen zu viel wird, wäre es toll, wenn ihr sie dabei unterstützt und Alternativen findet, die nichts mit Essen zu tun haben. Einen kitschigen Weihnachtsfilm schauen, oder Brettspiele spielen …

4. Das Wohl eures Kindes vor einen „harmonischen Abend“ stellen

An Weihnachten kommen häufig nicht nur viele Menschen, sondern auch Generationen zusammen. Das sorgt am Tisch für viele Reibereien, und oft schlucken wir eine Menge runter, um Streit zu vermeiden. Manchmal ist es vernünftig, aber in anderen Momenten ist es wichtig, den unsensiblen Kommentar der Oma nicht in der Luft hängen zu lassen. Dabei muss niemand laut werden, aber es ist wichtig, dass das kranke Kind sich nicht allein, sondern unterstützt fühlt. Deshalb ist Tipp 2 auch so wichtig, denn durch ihn könnt ihr die Fettnäpfchen schon von vornherein vermeiden.

5. Kompromisse eingehen

Euer Kind hat Angst vor Weihnachten und will das Fest am liebsten sausen lassen? Okay, hört ihm zu, redet mit ihm, und sucht gemeinsam nach einem Kompromiss. Das Kind kann den Nachtisch aussuchen oder es will nur am 24. aber nicht am 25. Beim Kuchenessen dabei sein. Zeigt dem Kind, dass es nicht allein ist und ihr ihm entgegenkommt. Je mehr es sich verstanden fühlt, desto leichter wird es.

6. Geduld wahren

Ein Kind mit Essstörung ist wie ein Pulverfass. Egal, wie sehr ihr euch bemüht, vielleicht schreit euch das Kind trotzdem zusammen. Hierbei müsst ihr besonders viel Geduld aufbringen. Ihr seid keine Maschinen, aber euer Kind ist nur deshalb so drauf, weil es zutiefst leidet. Es braucht eure Unterstützung.

Unterstützen, Geduld wahren, Kompromisse eingehen.

Das waren meine Tipps. Vielleicht helfen sie ja. <3

Ich drücke die Daumen, dass ihr einen harmonischen Abend haben werdet.

Falls ihr noch mehr Tipps habt, um eure Kids mit einer Essstörung an Weihnachten zu unterstützen, teilt sie gern mit uns!

Hier geht’s zu meinem alten Beitrag zum Thema Feiertageund Essstörung im Allgemeinen:

Feiertage und Essstörung – Wie kann ich meinem Kind helfen?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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