„Es begann in der Schulzeit“ – Mit Kindern und Teenies über die Gefahren von Essstörungen reden
Ihr Lieben, in meinem Blog Mias Anker – über Essstörungen, Kampfgeist und Motivation schreibe ich seit über zwei Jahren unter Pseudonym Mia, um meine Erfahrungen zu Essstörungen und anderen psychischen Krankheiten weiterzugeben.
Meine Absicht ist außerdem, möglichst viele Menschen zu sensibilisieren und besonders Jugendlichen in Momenten der Hilflosigkeit und Einsamkeit, einen Anker zu bieten. In diesem Beitrag möchte ich euch ehrlich und offen erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass ich eine Essstörung bekam.
Ausgebrochen ist meine Essstörung erst später, begonnen hat sie früher.
Genau genommen in der Schulzeit. Mir wurde schnell klar, dass es feste Regeln für Dinge gab, die als „cool“ und „uncool“ galten. Zum Beispiel war es ein ganz klares No-Go, sich weiterhin die Klamotten nach dem Geschmack meiner Mutter kaufen zu lassen. Statt bequem und praktisch wollte ich lieber auf figurbetont gesetzt. Mit der Voraussetzung die „richtige“ Figur zu haben. Schon bald erwischte ich mich dabei, wie ich in den Anpassungsdruck geriet und auf neue Kleidung bestand.
Alle beliebten Kids hatten die sogenannte „Idealfigur“.
Die „coolen“ Mädchen hatten schlanke Beine, einen flachen Bauch und üppige Oberweite, die „coolen“ Jungs hingegen waren groß, trieben Sport und trugen lässige Kleidung. Ich war zwar immer recht schlank, hatte aber nur den Hauch von Oberweite und wurde um meinem Bauch herum immer größer und „unförmiger“. Im Kindergarten und in der Grundschule spielte mein Körpergewicht und meine Form nie eine Rolle, in der Oberschule plötzlich schon.
Ich aß angeblich zu „viel“.
Da ich einen anderen kulturellen Ursprung habe, als die meisten aus meiner Klasse, spielte das Thema Essen bei mir zu Hause eine große Rolle. Jede/r aß viel – mehrere Gänge, große Portionen. Ungeachtet dessen befand ich mich inmitten der Pubertät und hatte ohnehin einen sehr gesunden Hunger. In der Schule wurde darüber gewitzelt, wie ich immer so viel aß wie die Jungs aus meiner Klasse. Sie meinten es sicher nicht böse, aber das gab mir irgendwie das Gefühl im Gegensatz zu den anderen Mädels „unweiblich“ und vor allem „falsch“ zu sein.
Wir sprachen über Sport und Diäten.
Je älter ich wurde, desto mehr wurde das Thema Sport und Diäten präsent. Die ersten meldeten sich in diversen Fitnesscentern an, klagten darüber, wie wabbelig ihre Unterarme wären und dass sie unbedingt öfter gehen müssten. Auch wurde über die sogenannte „gesunde Ernährung“ gesprochen – zuckerfrei, fettfrei und am besten kalorienarm. Als Teenager war mir gar nicht klar gewesen, wie stark ausgeprägt es schon damals war, aber im Nachhinein ist es mehr als nur offensichtlich.
In der Schule wurden wir kaum über Essstörungen aufgeklärt.
Bevor ich selbst in die Spirale der Essstörung fiel, wusste ich kaum etwas darüber. In der Schule wurden wir nur sehr spärlich darüber aufgeklärt, ohne dass etwas bei mir hängen blieb. Zwar wusste ich, dass ein oder zwei Menschen aus meinen Jahrgang betroffen waren, aber ich distanzierte mich eher davon und konnte kaum nachvollziehen, wieso man eine Essstörung bekam. Demnach konnte (und wollte) ich auch keine Anzeichen bei mir selbst erkennen.
Und dann? Hier ein Auszug aus meinem Blog:
Ich kenne mich mit mit Essstörungen leider bestens aus, denn vor etwa sechs Jahren setzten Symptome einer Essstörung bei mir ein, die ich viel zu spät wahrnahm und mich in ein tiefes Loch zogen. Ich wurde schneller hineingezogen, als mir selbst bewusst war. Um ehrlich zu sein hätte ich nie gedacht, dass ausgerechnet ich jemals eine Essstörung bekommen würde. Natürlich hatte auch ich die ein oder anderen Komplexe, aber insgesamt war ich mit meinem Körper zufrieden. Ich aß leidenschaftlich gern und viel und hielt Diäten für völligen Quatsch.
Und doch wurde diese grausame Krankheit eines Tages meine Realität. Vom radikalen Abmagern bis hin zu schlimmen Essanfällen, manifestierte sich irgendwann die Bulimie – und damit die schlimmste Zeit meines Lebens. Glücklicherweise habe ich dieses Kapitel weitestgehend abgeschlossen, und kann inzwischen darüber reden und aufklären…
Man rutscht sehr schnell rein, aber kommt sehr schwer wieder raus.
Wie bei vielen psychischen Krankheiten merkt man oft gar nicht, wie die Krankheit allmählich von einem Besitz ergreift. Tut sie es dann irgendwann schließlich, dauert es Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, sie wieder loszuwerden.
Deshalb möchte ich anregen, dass ihr mit Kindern über das Thema Essstörungen redet. Erkundet zusammen, was hinter diesen sogenannten Schönheitsideale steckt und wie gefährlich sie für die Gesundheit sind. Redet mit ihnen über die möglichen Konsequenzen. In meinem Beitrag 5 körperliche Folgen von Bulimie und Binge Eating spreche ich darüber.
Gerade die Schule ist ein sehr toxischer Ort für Essstörungen. Die Schule war nicht allein der Auslöser für meinen Ausbruch, aber trotzdem ein großer Teil davon. Denn dort wurde entschieden, was als schön, hässlich, richtig und falsch gilt.
Liebe Grüße
Mounia/oder Mia von Mias Anker
P.S. Von Béa: Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Oder habt ihr Jugendliche, um die ihr euch Sorgen macht? Sollen wir das Thema weiter ausleuchten? Oder habt ihr Fragen an Mounia?
PPS.: Vor Kurzem ist mein Jugendbuchroman „Zwischen meinen Worten“ erschienen, in dem ich neben einer schönen Liebesgeschichte auch über Diskriminierung, Essstörungen und andere psychische Krankheiten thematisiere. Um in die Leseprobe reinzuschnuppern, müsst ihr nur auf den Link klicken!
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