„Wie heißt das Zauberwort?“


Wer jetzt bei dem Titel an die „Zauberworte“: Bitte und Danke gedacht hat, die werden hier auch eine Rolle spielen. 🙂

Als ich in der letzten Woche meinen Beitrag zu „Kinderrechte beginnen zu Hause“ geschrieben habe, ist mir auch das Wort „Würde“ in den Kopf gekommen. Ich habe weiter reflektiert und möchte das gern mit euch teilen. Wie immer weise ich darauf hin:

Das sind meine Gedanken, ich schreibe in Ich-Form, es ist kein Ratgeber.

Ich betone das auch weil ich hoffe, dass ich Menschen vielleicht mit diesen Gedanken bereichern kann. Und ich bin mir auch klar darüber, dass meine Reflexionen beim Lesen manchmal unangenehme Gefühle auslösen können: „Schon wieder etwas, was ich falsch gemacht haben soll!“

Das worüber ich schreibe, sind Veränderungsprozesse, die ich über Jahre durchgemacht habe und durchmache. Auch bei mir war dabei einiges mit unangenehmen Gefühlen verbunden. Das passiert bei Selbstreflexion und ich konnte mir Selbstmitgefühl geben. Es geht nicht um richtig und falsch, sondern um Prägungen und neue Blickwinkel.

Ich habe in meinem letzten Beitrag auch darüber geschrieben, dass wir manchmal menschlichen Wesen, die das Etikett „Kind“ tragen einen anderen Respekt gegenüber bringen als den Menschen, die das Etikett „Erwachsener“ tragen.

Und mir fiel auch dieses Beispiel ein. Weil mir Klarheit wichtig ist: Das ist ein Beispiel für Respekt, es geht mir hier nicht um Höflichkeit „Bitte und Danke“ zu sagen. Darüber schreibe in einem meiner nächsten Artikel. 

„Wie heißt das Zauberwort?“
– in der Öffentlichkeit, wenn es darum geht, dass ich möchte, mein Kind sagt „Bitte“ oder „Danke“.

Könnt ihr euch vorstellen, dass ihr mit FreundInnen unterwegs seid oder mit PartnerInnen und diese Menschen weisen euch darauf hin: „Wie heißt das Zauberwort?“, wenn euch das Wort „Danke“ nicht über die Lippen gekommen ist – aus welchen Gründen auch immer. Was ich mit Öffentlichkeit meine ist, dass ich mit meinem Kind in diesem Moment nicht alleine war.
Wie sich mein Kind womöglich in dem Moment fühlt, wenn ich es öffentlich zum Danke sagen auffordere? Ich habe gestern meine Söhne gefragt, wie sie das empfunden haben, als das früher zu ihnen gesagt habe.
(Anmerkung: Die Wortwahl mit dem Zauberwort ist ein Beispiel. Es geht generell darum, Kinder vor anderen auf etwas hinzuweisen)
Die Antworten:
„Ich habe mich manchmal dumm gefühlt und geschämt.“
„Sofortiger Dank fiel mir manchmal schwer und ich brauchte Zeit.“

Mir geht es jetzt nicht darum, dass ich mit dem Finger auf mich zeige oder auf andere und sage: Das ist falsch!

Sondern ich möchte dazu einladen, mal in euch zu fühlen, was in euch vorgeht, wenn ihr so was im Beisein von anderen Menschen zu euren Kindern sagt. Bei mir war da eine große Portion: Mir war das unangenehm, wenn mein Kind nicht Bitte und Danke sagt. Es gehört sich eben so und ich möchte auch nicht als schlechte Mutter gelten. Ich habe das meinem Kind doch beigebracht!

Und manchmal war da auch Scham bei mir. Ich habe gelernt, in mich zu schauen, wenn andere Menschen etwas in mir auslösen. Dazu gehören natürlich auch meine Söhne! Was mir mit ihnen allerdings wichtig ist, ist eine respektvolle und vertrauensvolle Verbindung. Sie vor anderen Menschen auf etwas hinzuweisen, gehört für mich nicht mehr dazu. Das würde ich auch mit keinem Erwachsenen machen.

Bevor ich jetzt das Beispiel zur Aufforderung „Bitte und Danke“ in der Öffentlichkeit verlasse, noch ein kleiner Gedanke:

Gerade ein Dank wird manchmal nicht verbal ausgesprochen.
Manchmal liegt er im Blick von einem Menschen, einer Geste, einem Lächeln, meine Söhne haben mir Bilder gemalt oder sind auf und ab gesprungen vor Freude.
Es gibt so viele Arten „Danke“ zu sagen, ohne Worte zu benutzen.

Andere Beispiele, wo ich meinen Kindern nicht mit dem gleichen Respekt gegenüber getreten bin, wie Erwachsenen.

Wie oft habe ich meine Kinder unterbrochen beim Reden? Ich war zeitlich unter Druck oder peinlich berührt, entrüstet oder enttäuscht. Manchmal kamen da Sätze von mir wie: „So etwas sagt man nicht. Du solltest das besser wissen, darüber haben wir doch gesprochen!“ Menschen nicht beim Reden zu unterbrechen hat für ich auch mit Respekt zu tun.

Wie oft habe ich, als sie klein waren, über den Spielplatz Anweisungen gerufen?
Wie oft habe ich meine Kinder in ihrem Beisein vor anderen Menschen (dazu zählen auch Oma und Opa) bewertet und beurteilt?
Wie oft habe ich beim Kinderarzt eigentlich dazwischen gequatscht, als meine Kinder nach ihren Symptomen gefragt wurden?

Und das alles aus meinen Bedürfnissen heraus. Ein respektvoller Umgang miteinander beruht für mich darauf, dass die Bedürfnisse und Gefühle aller Menschen berücksichtigt werden. Und dieses Etikett „Kind“ hat mich oft genug verleitet, ihnen einen anderen Respekt gegenüber zu bringen, als ich es mit Erwachsenen tue. Das habe ich meist nicht bewusst getan, sondern weil ich so geprägt bin und es nicht anders kenne.

Heute bin ich viel achtsamer dafür und in unserem Gespräch gestern habe ich meinen Söhnen auch gesagt, dass ich bedauere, ihnen oft nicht respektvoll genug begegnet zu sein. Und zwar so, wie ich es aus heutiger Sicht empfinde. Ich habe mir auch eingestanden, dass ich manchmal meine Kinder öffentlich bewertet und beurteilt habe, weil ich die Kontrolle haben wollte.

Wenn ich auf die vielen Situationen mit meinen Kindern aus heutiger Sicht schaue, ist mir klar:
Ich habe manchmal den Vorwand „Das muss er eben lernen“ dafür benutzt, meine eigenen Bedürfnisse über ihre zu stellen.

Mir ist bewusst, das dies ein Thema auch in Kindergärten und Schulen ist. Darüber möchte ich auch bald schreiben. Denn dazu hatten mir meine Söhne auch viel mitgeteilt. Für heute bleibe ich bei der Beziehung zwischen mir und meinen Jungs. Für heute bleibe ich beim respektvollen Umgang mit ihnen und dazu gehört nicht „Scham auslösen“, aus der Prägung heraus: Verhalten zu ändern, durch Kontrolle und Bewertung und Beurteilung: Besonders nicht vor anderen Menschen!
Respekt bringe ich niemandem bei, ich lebe das vor im Umgang mit anderen. Und vor allem ist Respekt etwas, was spürbar ist und lebendig in der Beziehung mit meinen Jungs.

Was ich mit meinen Worten nicht ausdrücken möchte:
Ich lasse Themen unter den Tisch fallen und spreche sie bei meinen Jungs überhaupt nicht an. 

Ich spreche Dinge an, wenn wir wieder unter uns sind. Und wenn ich mir klar bin, aus welchem Bedürfnis heraus ich mit ihnen spreche: Was in mir vorging.

Ich habe bewusst die Zuweisungen „maßregeln“ und „beschämen“ in diesem Beitrag nicht verwendet. Das sind Beurteilungen.

Und doch bin ich mir bewusst, dass öffentliches Ansprechen ihres Verhaltens manchmal Scham ausgelöst hat. Das ist nichts, was ich mit einem respektvollen Umgang verbinde.

Beenden möchte ich den Beitrag mit einem Zitat aus dem Büchlein „Kinder einfühlend ins Leben begleiten“ von Marshall B. Rosenberg:

„Wenn wir diese Qualität von bedingungsloser Liebe, Respekt und Akzeptanz gegenüber anderen Menschen kommunizieren, dann bedeutet das nicht, dass uns gefallen muss, was sie tun. Es bedeutet auch nicht, dass wir freizügig und grenzenlos sein müssen…“

mindfulsun

PS: Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen. Das waren einzelne Beispiele, es ist die Summe, um die es mir geht. Ich würde mich freuen, wenn ihr reflektiert und euch vielleicht auch Situationen einfallen, in denen es euch mit euren Kindern ebenso ging.

mindfulsun
About me

Mensch, Mama zweier Jungs, die versucht ihre Werte zu leben und die innere Balance zu halten. Ich schreibe über Achtsamkeit, vegane Ernährung, Nachhaltigkeit und verbindende Kommunikation von Herzen. Was ich mir wünsche? Einander mit mehr Mitgefühl und Empathie zu begegnen, überall auf der Welt.

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