Wie Kinder lernen, nicht mit Fremden mitzugehen
Dass Kinder nicht mit fremden Menschen reden sollen, wird in vielen Haushalten oft und umfangreich thematisiert. Doch dieses Thema kann nie oft genug erwähnt werden, denn was passiert, wenn eine fremde Person dem Kind bloß einen süßen Hundewelpen zeigen will? Oder er den Namen der Eltern und der Kinder kennt und sich als Freund ausgibt?
Dann muss das Kind schnell handeln und richtig reagieren. Hier sind 5 Tipps, wie ihr euren Kindern beibringen könnt, sich richtig zu verhalten.
1. Unterschied zwischen FREUNDEN und FREMDEN
Kleine Kinder verstehen oft nicht den Unterschied zwischen Freunden und Fremden und schon gar nicht, wenn es eine Mischung dazwischen gibt. Dazu zählt zum Beispiel der Mann, der jeden Tag vor der Schule steht, aber eigentlich nicht fremd ist, weil er ja immer da steht. Aber wir wollen natürlich nicht, dass alle Kinder fremdenscheu werden und mit niemandem mehr reden. Autoritätspersonen wie Lehrer, Erzieher, Polizisten oder Mitarbeiter an der Kasse sind größtenteils gute Beispiele für Personen, die zwar „fremd“ sind, denen man aber durchaus vertrauen kann.
Anmerkung von Yvonne: Meine Kinder kennen auch beispielhafte Geschichten von uns, dass eine Polizeiuniform auch eine Verkleidung sein könnte oder nicht jeder Aufsichtsperson uneingeschränkt vertraut werden muss. Auch grenzwertige Schilderungen, dem Alter abhängig können dazu beitragen, dass Kinder achtsam ihrer Umwelt gegenüber aufwachsen. Denn das oberste Gebot ist: Es ist dein Körper, du entscheidest. Und wenn du dich unwohl fühlst, dann ziehe dich aus der Situation schnellstmöglich zurück.
Anmerkung von Béa: Hier hilft üben, üben, üben. Gemeinsam mit dem Kind Menschen beobachten. Es kann allerdings sein, dass gerade in Bussen und Bahnen genau diese Menschen merken, dass sie beobachtet werden und eine unangenehme Situation entsteht. Da hilft nur: Lächeln und erklären. Die Meisten werden Verständnis haben, und ihr werdet selbst so smart sein, nicht am mafiös aussehenden Pittbull-Besitzer aus direkter Nähe üben zu wollen…
2. NEIN sagen lernen
Wenn ein Kind (egal welches Alter) ohne Beaufsichtigung unterwegs ist, dann muss es lernen, laut und deutlich NEIN zu sagen. Und das am besten so laut, wie möglich. „NEIN, ich gehe nicht mit!“ oder „NEIN, ich rede nicht mit Ihnen!“ Übt dies mit euren Kindern, zeigt ihnen, wie laut sie wirklich sein müssen.
3. FEUER rufen
Wenn das Kind tatsächlich in die Situation gerät, dann am besten „FEUER“ schreien. Bei „Hilfe“ denken viele Passanten oft, dass die Kinder bloß spielen. „Feuer“ animiert jedoch viele Menschen, sich umzudrehen.
4. HILFE holen
Falls die Eltern mal außerhalb dieser Situation sind, gilt es trotzdem, schnell zu reagieren und Hilfe von den richtigen Personen entgegen zu nehmen. Ab zum nächstbesten Laden und deutlich Hilfe ausrufen. Die Nummer der Eltern sollte immer irgendwo vermerkt sein.
Wenn kein Laden in der Nähe ist, dann an einen Ort (wie z.B. eine Bushaltestelle) gehen, an dem viele Menschen stehen und gegebenenfalls eine Mutter mit Kind ansprechen. Falls das Telefon dabei ist, und keiner der Verwandten rangeht, dann vielleicht einfach bei den Freunden versuchen, beim Lehrer oder auch bei der Polizei.
5. ABWEHRHALTUNG
Es ist unheimlich wichtig, dass das Kind weiß, welche Körperhaltung es in so einer Situation einzunehmen hat. Ich (Mounia) empfehle, einen Selbstverteidigungskurs zu machen, am besten Eltern und Kinder gemeinsam. Da lernt ihr gemeinsam, wie ihr stehen müsst, die Mimik verändert und selbstbewusst auftretet. Ich hatte einen solchen Kurs damals in der vierten Klasse und da meine Mutter und meine Schwester dabei waren, fiel es mir auch nicht so schwer, in der Gruppe vor anderen „aufzutreten“. Und gelernt habe ich jede Menge!
Hier noch einmal eine DVD, die das Konzept der Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Kinder gut zusammenfasst: (affiliate Link, also Werbung)
Was passiert, nachdem eine solche Situation erfolgreich abgewehrt wurde?
1. RUHE bewahren.
Tief durchatmen und bloß nicht ausflippen. Dass das Kind schon aufgelöst ist, reicht schon, da muss das Elternteil in jedem Fall die Fassung wahren. die Geschichte in Ruhe anhören und bestenfalls den Fall von der Polizei aufnehmen lassen. Denn es gibt Datenbanken, in denen jeder dieser Vorfälle vermerkt wird.
2. Viel LOBEN.
Das Kind muss wissen, dass es in jedem Fall richtig gehandelt hat. Für einen Tapetenwechsel könnte man ein Eis essen gehen oder vielleicht was Leckeres zum Abendessen kochen.
3. Immer wieder DARÜBER REDEN.
Gut, heute ist nichts passiert, ein Glück. Aber eine solche Situation könnte wieder auftauchen und sie könnte dann anders sein. Nach dem ganzen Lob muss trotzdem erwähnt werden, dass das Kind nach wie vor achtsam sein muss und weder Geschenke oder Sonstiges von Fremden annehmen darf. Es darf nicht in Selbstmitleid versinken, aber sich genauso wenig erhaben und unantastbar fühlen. Also: loben, reden, warnen.
Nun noch ein Bücher, die speziell für Kinder sind, um sie an dieses verunsichernde Thema heranzuführen:
Nele sagt: Nein, mit Fremden geh ich nicht. (affiliate Link, also Werbung)
Kindern unter 6 Jahren empfehle ich, sich mit diesem Buch an das unangenehme Thema heranzutasten, ohne zu viel Angst zu bekommen. Es wird von liebevoll gezeichneten Bildern begleitet und eignet sich auch wunderbar zum Vorlesen.
Ich kenn dich nicht, ich geh nicht mit!
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Dieses Buch haben wir bewusst herausgesucht, obwohl viele es wahrscheinlich für nicht „pädagogisch“ erachten. Denn als der kleinen Hannah ein fremder Mann entgegen kommt und ihr anbietet, seine Hundewelpen zu sehen, geht sie fast mit, wird jedoch durch Zufall von einer älteren Bekannten gerettet. Es kann super schnell gehen und das ist das, was das Buch sehr vorsichtig zu vermitteln versucht: Niemals mit Fremden gehen, selbst wenn er zuckersüße Tierwelpen hat!
Conni geht nicht mit Fremden mit
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Dazu hat die Bloggerkollegin von Mamschenblog was geschrieben: http://mamschensblog.de/buchvorstellung-conni-geht-nicht-mit-einem-fremden-mit/
Und hier ein besonderer Elterntipp von Yvonne:
Familienpasswort
Yvonne hat uns von ihrem, und sehr verbreiteten, Konzept erzählt, dass sie mit ihrer Familie hat. Es funktioniert so, dass sie ein geheimes Familienpasswort hat, welches nur sie und vereinzelte Vertrauenspersonen kennen. Wenn also beispielsweise eine ihrer Freund*Innen ihre Kinder von der Schule abholt, weil sie und ihr Mann verhindert sind, würde diese Person das geheime Passwort nennen und die Kinder wissen, dass sie der Person vertrauen können. Klar, wird diese Methode kontrovers diskutiert und ist durchaus auch risikoreich, daher kann jede Familie für sich selbst entscheiden, ob es das Richtige ist.
Laut auf sich aufmerksam machen.
Je lauter, desto eher besteht die Chance, von vielen weiteren bemerkt zu werden. Außerdem wirkt man selbstbewusst und ist in seinem Auftreten sicherer.
Hier ein früherer Blogbeitrag von Yvonne, deren Sohn leider ein solches Ereignis widerfahren ist, auf das er Gott sei Dank richtig reagiert hat:
Ein fremder Mann bittet meinen Großen zu sich nach Hause! Yvonne ist immernoch kotzübel.
Online haben wir zu dem Thema ein Experiment von einem Amerikaner gefunden, der mit einem Test versucht zu zeigen, wie naiv Kinder sein können und wie wenig es braucht, bis etwas Schlimmes passieren könnte:
Ich für meinen Teil wurde als Kind von einer solchen Situation zum Glück (!!!) verschont, aber als sehr schüchternes Kind fiel es mir bei Fremden erst recht unglaublich schwer, den Mund aufzumachen. Es ist keine Schande, schüchtern zu sein, jedoch gilt es im richtigen Moment auch mal zu schreien. Und das müssen alle Kinder wissen. Es liegt also an euch Eltern, dieses Thema so oft wie möglich durchzusprechen. Erkundigt euch mal in der Kita oder Schule, ob „mit Fremden mitgehen“ thematisiert wird. Und wenn nicht, dann schlagt doch vor, dass es angenehmer und einprägsamer für die Kinder wäre, wenn sie all dies in einer Gemeinschaft in Sketchen oder Ähnlichem lernen würden und vielleicht sogar schon vorgefertigte Sätze parat hätten!
Damit schließe ich dieses etwas düstere, aber sehr wichtige Thema ab und hoffe natürlich, ihr habt ein paar wichtige Einblicke erhalten.
Alles Liebe,
Mounia
- 02. May 2017
- 15 Kommentare
- 3
- Elterntipps, fremder Mann, nein zu Fremden, Schutz vor Fremden
Julia
5. Mai 2017Natürlich haben auch wir das Thema immer wieder, schließlich sind unsere Kinder 6, 8 und 10 Jahre alt.
Wir haben viel Wert darauf gelegt, dass unsere Kinder fremde Menschen siezen, damit auch allen anderen klar ist, dass sie sich nicht mit jemandem unterhalten, den sie kennen und somit Außenstehende eher eingreifen können.
Außerdem haben wir ihnen erklärt, wo der sicherste Ort ist, wenn man mit jemandem im Auto spricht (am Kotflügel hinter dem Spiegel - dann kann man nicht ins Auto gezogen werden, sondern derjenige müsste aussteigen und dann erst um die Türe herumlaufen, was einen gewissen Zeitvorteil bieten würde). Schließlich wollen wir ja nach wie vor haben, dass unsere Kinder bei der Frage nach dem Weg helfen können.
Und bei allem Besprechen der Gefahren ist es auch immer wieder wichtig, den Kindern zu erklären, dass das alles zum Glück sehr unwahrscheinlich ist, sie also nicht in permanenter Angst leben müssen.
Danke für den tollen Beitrag!
Béa Beste
5. Mai 2017Sehr gute Punkte, liebe Julia, Danke! liebe Grüße, Béa
Josefine
5. Mai 2017"Wie ihr Euren Kindern lernen könnt"?? Was ist denn das für ein Deutsch? Peinlich, peinlich.
Béa Beste
6. Mai 2017Oh, liebe Josefine, muss mir durch gegangen sein. Danke, dass du mich darauf aufmerksam machst. Peinlich ist es mir nicht, denn Deutsch ist nciht meine Muttersprache, wenn du über meine Geschichte lesen möchtest: http://www.tollabea.de/auch-ich-bin-ein-fluechtling/
Liebe Grüße,
Béa
Béa Beste
6. Mai 2017Oh, liebe Josefine, muss mir durch gegangen sein. Danke, dass du mich darauf aufmerksam machst. Peinlich ist es mir nicht, denn Deutsch ist nicht meine Muttersprache, wenn du über meine Geschichte lesen möchtest: http://www.tollabea.de/auch-ich-bin-ein-fluechtling/
Liebe Grüße,
Béa
sdt
8. Mai 2017Ich denke, es gibt "Sachen" wo man hinweg sehen kann. Wichtiger ist doch in diesem Fall, dass der Inhalt und das Thema verstanden wird.
Heike Maurer
29. Januar 2018Bei uns an der Schule wird es häufig thematisiert da es leider auch schon häufig Beobachtungen gab wo fremde Kinder angesprochen haben und sie zum mitgehen animiert haben. Nun häuft sich da und die Schule macht jetzt bei einem Projekt mit wo extra Trainer kommen und mit den Kindern Trainieren wie sie sich verhalten sollen und für die Eltern gibt es auch einen extra Elternabend.
Katharina
10. Januar 2020Das ist alles gut und wichtig. Mir fehlt jedoch der Aspekt, das 70% (Dunkelziffer liegt laut Polizei noch höher) der tätlichen sexuellen Übergriffe nicht von Fremden sondern von Personen aus dem engsten Familien- und Bekanntenkreis kommen. Das Fremde wird per se durch diese Art der Bücher als Bedrohung dargestellt, aber wo lernen Kinder an wen sie sich wenden sollen, wenn gerade die positiv dargestellten Bezugspersonen die Gefahr darstellen?
Béa Beste
10. Januar 2020Sehr guter Punkt, Danke dir! Wir werden einen Beitrag darüber bringen. Liebe Grüße, Béa