Mein inneres Mama Homeschooling Rumpelstilzchen und wie es zur Ruhe kam


Homeschooling Mama sein und erstmal alle Achtsamkeit vergessen, damit hat unsere Kolumnistin mindfulsun ihre Erfahrungen gemacht:

Heute schreibe ich einfach mal ganz frei Schnauze, weil meine Nerven doch blank liegen. Posttraumatische Belastungsstörung trifft Corona Angst und bildet eine explosive Mischung.

Ich habe so viele Artikel für Tollabea geschrieben zum Thema: „Wie kommuniziere ich wertvoll mit meinem Kind?“
Und der erste Satz, den ich zu meinem Sohn sagte, als er im Homeschooling neben mir Mathe machte:

„So geht das aber nicht!“
BÄMM! Voll auf die 12 und voll daneben.

Er war natürlich verletzt, wurde ärgerlich und schmiss das Geo Dreieck hin. Verständlich!

Ich brauchte dann erst mal ein paar Minuten, um mich zu sammeln und stellte mir die Frage: Wie willst du das jetzt mit ihm angehen? Willst du jetzt die kommenden Wochen, wie ein Rumpelstilzchen, wilde Tänze neben dem Schreibtisch aufführen?

Ich entschied mich doch lieber für ein ruhiges Gespräch mit ihm. Mein Sohn ist 14 und die Anzahl der Aufgaben ist bis jetzt übersichtlich. Zu Hause zu lernen ist eine Veränderung und Veränderungen brauchen ein wenig Zeit. Für ihn, für mich, für die Lehrer. Und diese Zeit wollte ich uns geben. Vor allem wollte ich von ihm wissen, wie er sich jetzt damit fühlt und wie er sich das Homeschooling vorstellt. Wir haben lange über seinen Frust und seine Ängste gesprochen. Und zwar so lange, bis ich merkte, er hatte genug Einfühlung von mir und wir konnten jetzt an die eigentlichen Aufgaben gehen. Ein: „Das ist jetzt eben so“ wollte ich ihm auch nicht vor den Latz knallen. Seine Bedürfnisse sind wichtig!

Ich habe ihm in seinem Tagesablauf freie Bahn gegeben.

Er ist eh eine Nachteule und blüht derzeit auf. Lange wach und lange schlafen, gegen Mittag fängt er dann mit der Schule an. Er erledigt die Aufgaben alleine, bei Fragen kommt er zu mir. Und wenn er nicht genug motiviert ist, bin ich für ihn da. Bestimmte Themen mit mir gemeinsam zu erarbeiten, macht ihm und mir echt Freude. Ich habe mir abgewöhnt zu fragen: „Wann machst du was für die Schule?“

Zurück zum Thema Mathe.

Mathe war auch mein Würgefach in der Schule und ich konnte seinen Frust gut verstehen. Wie ich jetzt reagiert hatte, war auch nicht angebracht.
Vielleicht hätte ich sagen können: „Oh, das ist ja ein spannender Ansatz. Kannst du mir erklären, wie du darauf kommst?“
Statt: „Das geht so nicht.“

Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team. Und ich habe mich selbst überrascht.

Vielleicht ist das schon so eine Art Homeschooling Mutter Lern-Syndrom: Der Satz des Pythagoras hat mich bei seinen Aufgaben so fasziniert: ich saß danach noch alleine am Tisch, habe weitere Aufgaben gerechnet und mit Hingabe Dreiecke gezeichnet. In der Schule hatte ich das nicht ganz kapiert. Jetzt mit 46 sitzt es. Bin gespannt, was ich in den nächsten Wochen noch so lerne. Und nein, das ist keine Werbung für das Buch von Béa. Das habe ich noch nicht gelesen. 😉

Ich versuche, geduldig an jede Aufgabe mit ihm zu gehen.

Wenn ich merke, ich werde zappelig und mir reißt vielleicht gleich der Schlüppergummi, nehmen wir uns Auszeiten. Am Anfang der letzten Woche wollte er alles so schnell wie möglich fertig haben. Heute nimmt er sich Zeit. Er hat von der Schule Vorgaben, an welchem Tag die Aufgabe abzugeben sind. Wann und zu welcher Tageszeit er das erledigt, liegt bei ihm. Aus: bis zum letzten Pfiff warten, ist hier auch ein freiwilliges Arbeiten am Samstag geworden. Ich war sehr erstaunt, als er sich am Samstag hinsetzte und Spanisch paukte. „Ich kann mir meine Zeit jetzt selbst einteilen und deswegen spielt das Wochenende keine Rolle. Heute ist für mich eben Spanisch dran.“

Wir haben also die Absprache: Es liegt in seinem Ermessen. Ich kontrolliere nichts.

Ich bin bereit, ihm zu helfen und mit ihm zu pauken. Von mir gibt es keine Regeln. Und wir fahren damit gut.

Mein inneres Rumpelstilzchen hat nun Pause beim Thema Homeschooling.

Es sitzt jetzt entspannt neben dem Feuer und trinkt Yogi Tee. Denn auch die Erkenntnis: „Vielleicht wollte ich mir im ersten Moment beweisen, dass ich mein Kind besser als die Lehrer unterrichten kann“ hat mein inneres Homeschooling Rumpelstilzchen nun reflektiert und lacht darüber.

Ach wie gut, dass ich eigentlich weiß, emotionale Unterstützung und Motivation sind wirklich heiß!
(Eigentlich wollte ich an dieser Stelle schreiben: „geiler Scheiß“. Nun gut, jetzt steht da beides.)

Wie ist das bei euch mit der Schule zu Hause? Habt ihr auch für euch etwas dazu gelernt? Vielleicht machen wir nach dem Homeschooling eine Mathe Olympiade für die Eltern? Jetzt wäre ich dabei!

Eure mindfulsun

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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2 Kommentare

Carmen
Antworten 29. März 2020

Erlicht gesagt bin eine Null im Mathe; der Rest kann ich sehr gut unterstützen. Nun, die Erste Woche war sehr Schwer... bis meine Kinder realisierten das ab jetzt ich die Stellvertreterin von seinen Lehrerinnen bin...und auch die Ersatztrainerinnen 😒
Ich hab mich auch so wie du es Beschreibst Gefühl Ich versuche auch diese Distanz zu halten weil die Kinder können jetzt sich besser organisiert wenn ich nicht ständig hinten den bin.
Ich freut mich zu lesen das ich bin nicht die Einzige die überfordert mit diese neue Situation ist.
Danke

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