Fliegen lassen – der Auszug des letzten Kindes – ein Brief
Meine „kleine“ Nichte ist am Samstag für ein Jahr als Au-Pair in die weite Welt aufgebrochen. Danach war meine Schwester, ihre Mama, bei uns zu Besuch. Wir hatten Sommerfest und es wuselte… vor allem ganz viele Kinder waren auch mit eingeladen. Meine Schwester musste schnell weg. Hier sind Auszüge vom einem Brief an mich:
„Mein liebes Schwesterherz,
ich danke dir/euch nochmal ganz herzlich für die Übernachtung und das klasse Frühstück. Wenn ich jetzt zurückblicke, wäre ich wirklich gern länger bei euch in Berlin geblieben, aber ich wusste so unmittelbar nach dem Start vom Flugzeug nichts mit mir anzufangen.
Kein Mensch weiß, außer er hat das selbst schonmal erlebt, wie es mir gestern ging. Ohne dass ich es will, spult sich ein ganzer Film der Erinnerungen, der Wünsche und Träume im Kopf ab. Ein Film der Erwartungen, obwohl ich gelernt habe nichts zu erwarten,
Als meine Freundin S. vor drei Jahren ihr letztes Kind in die Ferne bzw. ins eigene Leben abgab, musste ich lernen, dass ich überhaupt nicht mit ihr fühlen konnte. Obwohl ich weiß, dass ich übermäßig empathisch bin, habe ich oft überlegt, warum ich so distanziert zu ihren sehr traurigen Emotionen war.
Jetzt gerade merke ich, das muss man erlebt haben. Erst recht, wenn kein Kind mehr im Haus ist.
…
Der tägliche Sinn des Alltags kehrt sich um. Es ist so unbestimmt, was der nächste Ausdruck eines Sinnes sein wird.
…
Es tut mir leid, dass ich so abrupt davon zog.
Aber in dem Moment als ich mit den vielen fremden Besuchskindern bei euch untätig zusammen saß, wollte ich zwingend etwas tun. Ich hätte gern Gurkensalat geschnippelt oder irgendetwas anderes aktives getan. Das war das, was ich brauchte und entschieden habe ich mich dann, fürs aktive Autofahren. 😉
Vielleicht erinnerst du dich an diese Worte, wenn dein Mini aus dem Haus geht. Vielleicht kann du auch dann mitfühlen.
Im Moment sortiere ich mich neu, was lange vorhersehbar war, aber wenn es dann Realität wird, ist es doch nochmal anders.
Ich freue mich sehr auf mein neues anderes Leben, aber da ich noch keine Ahnung habe, was genau einschneidend anderes und Neues jetzt kommt, ist mir ein bisschen schwindelig im Kopf.
Dennoch, bei der nächsten Sommerparty bin ich dabei. Plant mich schonmal mit ein.
…
Seid herzlich gedrückt und mit Küssen überschüttet – iiiihhhh….würde C. jetzt sagen.
Dein SisterA*k*t“
Und danach hatte ich echt Tränen in den Augen und habe wirklich Angst davor, wenn Mini eines Tages das Haus verlässt.
Hat das von euch schon jemand erlebt, das sogenannte „empty-nest“ Phänomen?
Alles Liebe,
Eure Yvonne
- 04. Jul 2018
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