„Ich gehe nirgendwo mehr hin, ich bekomme jetzt mein Kind.“ – Geburtsbericht von Carola Graml


Nach den zwei recht dramatischen Geburtsberichten „Allein gelassen während der Geburt“ und „Woher wollen Sie das wissen, das ist ihre erstes Kind!“ haben wir diesmal der Bericht einer Leserin, Carola Graml, mit Geburtserfahrung.  Die aber vom Krankenhauspersonal komplett beschwichtigt wurde…

Lest selbst. Sie schreibt:

Ich bin bereits 5 fache Mama als das passiert ist und hatte schon immer ein sehr gutes Körpergefühl.

Es war der 17.03.2020 in der 34. Schwangerschaftswoche, ich hatte den ganzen Tag über schon leichtes Ziehen im Rücken.

An dem Abend gegen 18:30 Uhr sagte ich zu meinem Mann, wir sollten in die Klinik: Es geht los!

Nachdem wir die Betreuung der Kinder organisiert hatten, fuhren wir sind gegen 19 Uhr los zur Uniklinik in den Kreißsaal.

Im Kreißsaal angekommen wurde erst mal ein CTG geschrieben, nach ca. 45 Minuten kam die Hebamme mit einer Ärztin in das CTG Zimmer und teilte uns mit, es sei eine Wehe zu sehen. Sie legte mir einen Zugang und untersuchte mich.

Der Muttermund war zu diesem Zeitpunkt 1 cm offen.

Gegen 23 Uhr wurde ich vom Kreißsaal auf die Schwangerenstation gebracht, die mein Mann dann verlassen musste, da er erst im Kreißsaal bei der Geburt dabei sein durfte. (es sollte ein geplanter Kaiserschnitt stattfinden, da ich 11 Monate vorher meine Tochter per Kaiserschnitt bekommen habe). Er verabschiedete sich und fuhr zu unseren Kindern nach Hause.

Gegen 23:30 Uhr klingelte ich nach der Nachtschwester und teilte ihr mit, dass ich sehr starke Wehen habe.

Die Nachtschwester tastete meinen Bauch und sagte, dass das sind noch keine Wehen seien und bot mir Schlaftabletten an, damit ich etwas schlafen könne. Die Tabletten habe ich abgelehnt. Ich habe meinen Mann angerufen und gesagt er soll sich auf den Weg machen, da es bald so weit sein wird.

Gegen 00:30 Uhr war mein Mann in der Tiefgarage der Klinik angekommen und rief mich auf dem Handy an und fragte, ob ich schon im Kreißsaal bin, ich verneinte diese Frage und sagte ihm, dass die Nachtschwester mir nicht glaubt.

Mein Mann hat dann auf Station mit der Nachtschwester telefoniert und ihr noch mal gesagt, dass sie mich in den Kreißsaal bringen soll, die Nachtschwester meinte darauf hin: Nein es sei noch nicht so weit, er soll mich beruhigen, denn ich hätte Angst und ich soll schlafen.

Um 1 Uhr kam die Narkoseärztin in mein Zimmer und hat mich über Narkose und Kaiserschnitt aufgeklärt.
Als ich alles unterschrieben hatte, sagte ich zur Ärztin, ich habe so starke Wehen. Die Ärztin schaute mich an, verließ das Zimmer und niemand mehr kam die ganze Nacht.

Mein Mann saß bis 05:30 Uhr im Auto in der Tiefgarage, da er nicht rein durfte.
Ich hatte also die ganze Nacht Wehen und keiner schaute mehr nach mir.

Gegen 8:30 Uhr kam eine Schwesternschülerin und sagte mir, ich solle zum Ultraschall zum Stationsarzt gehen. Dort bin ich dann auch hin. Er machte Ultraschall und untersuchte mich und sagte mir, dass es noch dauern würde. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt kaum mehr auf diesem Stuhl sitzen vor so starken Schmerzen und sagte ich könne wieder auf Station gehen.

In meinem Zimmer angekommen stand plötzlich mein Mann im Zimmer und wir sind runter zum Haupteingang, um uns zu unterhalten.

Meine Wehen wurden immer schlimmer und ich konnte nicht mehr sitzen und stehen, plötzlich wurde mir schlecht und schwindelig und ich sagte gegen 11 Uhr zu meinem Mann: „Kannst du mich bitte hoch in den Kreißsaal bringen, ich kann nicht mehr!“

Mein Mann organisierte einen Rollstuhl und brachte mich Richtung Kreißsaal kurz vor dem Kreißsaal fing uns der Stationsarzt ab und fragte, wo wir hin wollen.

Mein Mann sagte: „In den Kreißsaal, da das Baby schon auf dem Weg ist!“

Der Arzt redete mit uns und ich sagte zu meinem Mann: „Schau, der glaubt mir nicht!“
Auf seine Nachfrage, was es da zu glauben gäbe, sagte ich ihm, dass ich JETZT das Kind bekommen würde.

Dann sagte er, dass es noch dauern würde! Und er hätte sich seine Unterlagen noch mal angesehen und ich könne nach Hause gehen und wieder kommen, wenn es WIRKLICH losgeht.

Ich, im Rollstuhl sitzend, keinerlei Farbe mehr im Gesicht, sagte zu dem Arzt: „Ich gehe nirgendwo mehr hin, ich bekomme jetzt mein Kind.“

Ich ließ mich von meinem Mann in mein Zimmer bringen und legte mich dort ins Bett… der Druck nach unten und die Schmerzen waren nicht mehr auszuhalten.

Mein Mann verließ die Station und ich lag allein in meinem Bett mit den schlimmsten Wehen.

Gegen 11:40 Uhr kam eine Hebamme ins Zimmer und wollte irgendwas tun. Sie sah mich kurz an und hat ihre Sachen auf den Schrank geworfen, rannte zu mir, untersuchte mich und schrie: „Oje, das Köpfchen sitzt schon ganz tief!!!“

Sie drückte den Notknopf und plötzlich haben vier Schwestern mein Bett abgestöpselt und rannten mit mir Richtung Kreißsaal. Eine Schwesternschülerin rannte durchs Krankenhaus, um meinen Mann zurückzuholen. Sie fand ihn jedoch nicht, da er zu diesem Zeitpunkt in die Cafeteria auf Toilette gegangen ist.

Im Kreißsaal angekommen sagte eine Hebamme zu mir ich solle in der Wehenpause auf das Kreißsaalbett rüber rutschen und ich sagte: „Ich habe keine Wehenpause mehr!“ – aber irgendwie schaffte ich es doch.

Gegen 11:50 Uhr zogen sie mir dann die Hose aus und eine Hebamme sagte, sie würde jetzt die Fruchtblase öffnen und als das passiert war hatte ich keinen Druck mehr nach unten und um 11:54 Uhr wurde mein Baby geboren.

Mein Mann war während der Geburt nicht dabei. Er saß im Auto auf dem Weg nach Hause.

Mein Baby kurz auf dem Arm der nächste Schreck mein kleiner Sohn ist auf einmal ganz blau angelaufen und ich schrie, dass mein Kind stirbt. Die Kinderärztin nahm den Kleinen zu sich und setzte ihm eine Atemmaske auf. Mein Mann war immer noch nicht bei mir. Kurz bevor sie mein Frühchen mitgenommen haben, stand mein Mann plötzlich hinter mir und dann liefen mir die Tränen übers Gesicht.

Der Stationsarzt kam und sagte zu meinem Mann: „Oje, das hätte schiefgehen können.“

Die Ärztin versorgte mich. Eine Hebamme wollte mir etwas zu essen und meinen Mann einen Kaffee bringen, aber das haben wir nicht mehr bekommen, da ich den Kreißsaal verlassen musste, weil eine Frau schreiend in den Kreißsaal geschoben wurde…

So. Das ist meine Geschichte. Ich würde anderen werdenden Mamas raten, auf ihr Körpergefühl zu vertrauen und an sich selbst zu glauben!

Vielen Dank, liebe Carola, für deine Geschichte – und alles Liebe für deine ganze Familie!

Zusammen kamen wir auf die Idee, etwas schriftlich zu machen und dem Personal in die Hand zu drücken. Einfach auf einem Papier schreiben:

„Ich gebe hiermit bekannt, dass ich zum Zeitpunkt XXX starke Wehen verspüre und, meinem Körpergefühl nach, mich mitten im Geburtsprozess befinde.“

Was haltet ihr davon? Vielleicht erinnert das an die Verantwortung…

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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1 Kommentare

Sabrina
Antworten 30. März 2022

Meine Geschichte bei Geburt Nummer3 war nicht annähernd so heftig aber ähnlich. Ich bin um 6 Uhr ins Krankenhaus. Der ET war 6 Tage vorher und ich wurde wie üblich erst mal zum Spazieren gehen geschickt. Kein Ding, haben wir brav gemacht. Die Wehen waren aushaltbar, wurden aber spürbar stärker. Um 8 wurde ich im Kreissaal ans CTG angeschloßen. Es war mir gleich klar, dass es nicht richtig aufzeichnet, da meine Wehen im Bereich über hundert waren und nicht wie aufgezeichnet bei 20. Trotz meiner bisherigen Geburtserfahrungen glaubte mir die Hebamme nicht. Zitat: Das sind noch lange keine Geburtswehen. Sagts, schickt mich zum Frühstücken auf Station und rauscht ab in Richtung geplantem Kaiserschnitt. Auf Station hat mein Mann dann gefrühstückt, ich hatte definitiv keinen Hunger. Die Stationsschwester schaute regelmäßig nach mir und machte sich zusehends Sorgen um mich. Nach einer Stunde habe ich aufgegeben, gedroht, auf Station zu entbinden und wurde in den Kreissaal geschickt. Der Muttermund war bereits komplett geöffnet und keine 10 Minuten später war mein Sohn geboren.
Anstatt sich für ihren dämlichen Spruch mit den angeblich nicht vorhandenen Geburtswehen zu entschuldigen, schnauzte die Hebamme ihre Kollegen an, weil diese den Kaiserschnitt verzögert hatten und sie deshalb mich und die Kaiserschnitt-Patientin parallel betreuen musste.
Monate später habe ich mit Freude gehört, dass die Dame nicht mehr im Krankenhaus arbeitet. Hilft mir leider bei der nächsten Geburt auch nicht, weil unser regionales Krankenhaus die Geburtsstation geschlossen hat. In ein paar Wochen heißt es also: Auf ein neues!

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