Sprachlos in Teilzeit – Gastbeitrag von Marie Steinb


Die wunderbare Marie hat ein besonderes Schreibtalent. Manchmal schreibt sie einfach von der Leber weg und publiziert einfach bei Facebook, in ihrem eigenen Profil. Hier auch so ein wertvoller Text, der auch so unter dem #mariemama öffentlich auf Facebook in ihrem Profil zu finden ist. Und den ich mit euch hier teilen darf:

Sprachlos in Teilzeit – Gastbeitrag von Marie Steinb

Seit Montag arbeite ich in einem neuen Unternehmen. Nach 15 Jahren, die es in meinem Job im Kundenservice seit Einstieg als Studentin mit Höhen und Tiefen gab, ging es vor allem seit Pandemiebeginn menschlich leider steil bergab.

Hauptsächlich weil ich seit der Geburt der Kids vor 7 Jahren nicht mehr die voll flexible Mitarbeiterin sein konnte, und 2020 mit Lockdown und Co oft um Nachsicht bitten musste.

Nachdem die Abteilungsleiterin den Satz „Dass du Kinder hast, ist DEIN Problem“ oft genug gesagt hatte, wollte ich nur noch weg.

Zu meinem Erstaunen ging es dann als ich mich bewarb ganz leicht: Gutes Personal ist schwer zu bekommen, und anscheinend bin ich außerhalb der beruflichen Blase gefragter als gedacht.

Nun arbeite ich seit Montag bei einem neuen Arbeitgeber und bin regelrecht verliebt.

Ich pendle kürzer, verdiene etwas mehr und muss nichts verkaufen. Soweit so gut, aber das ist nicht das, was mich ins Schwärmen bringt. Die Vorgesetzten und Standortleitung betonen Gleichstellung und Wertschätzung auf allen Ebenen, die Kollegen sind unheimlich authentisch und ich fühle mich schon am 4. Tag ganz angekommen.

Win Win Win kann man sagen!

Natürlich sagt die Pessimistin in mir: “Honeymoon und rosa Brille. Warte erst mal ab, irgendeinen Haken wird es noch geben. Und wenn dann irgendwann noch mal wegen der Kids durcheinander kommt, gibt’s bestimmt wieder genug Stress…”

Während ich mit meinen beiden neuen Mitstreitern die ersten 3 Tage wie abgesprochen Vollzeit eingearbeitet wurde, habe ich heute dann Teilzeit um 14 Uhr wie geplant meine Sachen gepackt.

„Tja Ihr Lieben, gewöhnt euch dran, ich verlasse euch ab jetzt früher.“ frotzle ich, während ich meine Tasche packe, zur allgemeinen Erheiterung in den kollegialen Räum.

Eine meiner Mit-Neulinge (die ganz junge 😄) sagt absolut freundlich, aber typisch: „Boah, du Glückliche, ich hätte auch gerne so früh Feierabend!“

„Na vertue dich mal nicht“ meint die Teamleiterin, die uns anlernt, jovial…

… „Die Marie hat nicht Feierabend. Die geht jetzt ihre Kinder abholen. Die arbeitet weiter, wird aber nicht mehr bezahlt.“

„Ja, da hast du eigentlich recht“, sagt die junge Kollegin nachdenklich, „Dann aber trotzdem viel Spaß und bis morgen!“

Und ich stand da, und war kurz sprachlos.

So hat das noch nie jemand gesagt, schon gar niemand, der mich bezahlt. Ich hatte wirklich etwas Flausch im Magen, weil ich mich noch nie in meinem Berufsleben so wahrgenommen und in meiner Rolle als berufstätige Mutter wertgeschätzt gefühlt habe.

Wahrscheinlich völlig banal für die Menschen mit guten Vorgesetzten.

Für mich aber fiel ein Stein von der Brust, den ich nie sehen konnte, weil er alles war, was ich sah, seit die Kinder in meine Lebensplanung eingetreten sind.

Ich musste mich zurückhalten, um nicht im Affekt jemand zu umarmen. Selbst die Pessimistin in mir hat nichts mehr zu sagen gehabt, außer;

Danke ❤️

#mariemama

Welche Erfahrungen macht ihr zu diesem Thema mit euren Arbeitgebern. Und wenn ihr Arbeitgeber bzw. Chefs seid: Habt ihr diese Sichtweise auf Eltern?

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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1 Kommentare

Ängie
Antworten 9. August 2022

Welch ein wunderbarer Satz: "Die arbeitet weiter, wird aber nicht mehr bezahlt..."
Ich wünschte nicht nur viel mehr Arbeitgeber würden das so sehen. Auch Lebenspartner:in dürften sich hier eine Scheibe abschneiden! Denn nicht nur die Betreuung der Kinder ist Arbeit (wenn auch meistens eine schönere als die eigentliche Arbeit). Auch die Haus"wirtschaft" ist eine Arbeit für den die meisten keinen finanziellen Ausgleich oder gar Anerkennung erhalten. Wir Teilzeitkräfte haben meistens eben nicht nur den 1 Job sondern gleich 3!

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