Warum ein Kindergeburtstag kein Ponyhof ist – Gastbeitrag von Marlene Hellene


Oh je, oh weh: Kindergeburtstag. Unsere Kolumnistin Marlene Hellene hat mal wieder ausgeholt… Lest und amüsiert euch! 

Man bekommt ein Kind und 365 Tage später passiert das erste Mal etwas, womit nun wirklich keiner rechnen konnte: Das Kind hat Geburtstag.

Ja, es kam unerwartet, dass dieser hilflose nackte Wurm, der eben noch aus meinem Bauch gekrochen kam tatsächlich schon eine fidele Einjährige geworden war. Viel überraschender waren aber die Fragen anderer Menschen. Und wenn ich anderer Menschen sage, meine ich: andere Mütter. Krabbelgruppenmütter: Was ich denn für den Kindergeburtstag geplant hätte? Und ob der Kuchen laktose- und glutenfrei sei, die Lea-Sophie müsse sonst ihr eigenes Gebäck mitbringen. Ob es einen Geburtstagstisch in einem Spielwarenladen gäbe oder, ob ich eine kleine Spende für die SOS Kinderdörfer bevorzuge? Außerdem mache Maurice von 13:30 Uhr bis 15:00 Uhr seinen Mittagsschlaf, man könne erst danach kommen. Wenn Maurice nämlich seinen Mittagsschlaf unterbrechen müsse, käme sein ganzer Biorythmus durcheinander und das wirke sich ausgesprochen ungünstig auf seine Chakren aus. Aha!

Ein Kindergeburtstag. Für ein einjähriges Kind. Das kam unerwartet.

Aber gut. Ich wollte kein Spielverderber sein. Das Kind (die Mütter aus der Krabbelgruppe) sollte seine Party bekommen. Ich kaufte also Papphütchen und Luftschlangen, backte Muffins und recherchierte, welche Partyspiele Einjährige mögen (gar keine).

Dann war endlich der große Tag gekommen. Das frischgebackene einjährige Nicht-Mehr-Baby wachte auf und schaute mich mit glasigen Augen und roten Wangen an. Na, gehen die Alarmglocken an? Glasige Augen? Rote Wangen? Genau: Das Kind war krank. Und so sollte an diesem ersten Geburtstag der Kinderarzt der einzige Besucher des armen Glühwürmchens bleiben. Die Muffins mussten natürlich trotzdem gegessen werden. Da opfert man sich als Mutter eben. Zwölfmal hintereinander.

Kindergeburtstag. Ein Wort, das ich nur noch leise und mit Bedacht ausspreche.

Sagen Sie das Wort nie auf Veranstaltungen, auf denen viele Eltern anzutreffen sind. Massenpaniken können wirklich gefährlich sein. Es gibt Eltern, da setzt der animalische Fluchtinstinkt bereits bei Erwähnung des Wortes ein. Ein lautes „Kindergeburtstag“ beendet einen Elternabend schneller als ein „Feuer“ Ruf.

Ich liebe meinen Geburtstag sehr. Obwohl ich die Dreißig bereits ein wenig (viel) überschritten habe, zähle ich bereits Wochen vorher die Tage und kann am Vorabend kaum einschlafen. Aber warum? Liegt es an meiner frühkindlichen Geburtstagsprägung? Da gab es Kuchen und Geschenke, Kerzen brannten und nachmittags kamen Freunde. Wir spielten Topfschlagen und Schokoladenwettessen und auch die unsportlichsten Kinder sprangen beim Würstchen von der Wäscheleine schnappen plötzlich olympische Höhen. Abends wurden Pommes oder Spaghetti gegessen und um 18 Uhr gingen alle wieder heim. Ja, es war eine schöne, unschuldige Zeit.

Was hat sich geändert? Die Kinder sind es schonmal nicht.

Kinder mögen immer noch die gleichen Spiele, Marmorkuchen und Pommes. Passen Sie auf, ich lehne mich jetzt doll weit aus dem Fenster und dass, ohne einen Master in Soziologie zu haben: Die Eltern haben sich verändert. Ich habe extra nachgeschaut und das Wort Kindergeburtstag ist noch immer kein Synonym für Wettbewerb. Dabei fühlt es sich doch genau so an. Ein wer-ist-die-beste-Mutter-Wettbewerb mit Sondereinlage wer-liebt-sein-Kind-am-meisten.

Es beginnt doch bereits mit der Einladung zu dieser Veranstaltung.

Hier flattern Einladungen ins Haus, die könnte man locker im Museum of Modern Art ausstellen. Offenbar sind die Dreijährigen in meinem Umfeld wahre Origamikünstler und Kalligrafiewunder. Die Einladungen sind so schön, ich möchte sie den Kindern gar nicht geben, sondern in einer extra für diesen Zweck aufgestellten Glasvitrine drapieren. Sie glauben, wenn ich mir etwas Zeit nehmen und mich mit meinen Kindern zusammen setzten würde könnten wir das auch? Da muss ich Sie leider enttäuschen: Nein! Zum Geburtstag der Vierjährigen kaufte ich weiße Karten, die sie bemalen durfte. Das sah lustig aus und auch sehr schön, aber nicht glasvitrinen-schön. Und das war gut so. Die Kinder wussten, wann sie wohin zu kommen haben.

Und die Kinder kommen.

Und jedes Mal ist ihre Anzahl nur durch hartes Verhandlungsgeschick in überlebbarem Maß zu halten. Ich finde ja diese „so alt wie Du wirst, so viele Kinder darfst Du einladen“-Regel ganz hübsch. Nicht so die Kinder. Weil, das gehe ja gar nicht. Wenn Anna nicht eingeladen wird, dann kommt auch Mia nicht und außerdem…. (denken Sie sich hier einen viertelstündigen Monolog über Freundschaft und Feindschaft, Liebe und Hass, Wut und Tränen im Kindergartenalltag). Es kommen also mehr Kinder, als das Haus und meine Nerven ertragen können und, wenn die Kinder kleiner als vier Jahre alt sind, dann kommt sogar noch mindestens ein Elternteil mit. Und bleibt. Jaha, die Eltern gehen nicht wieder nach Hause. Die Kinder trauen sich nämlich noch nicht alleine da zu bleiben. Das verstehe ich sehr gut. Das gilt für meine Kinder gleichermaßen.

Das Haus ist also voller Menschen und man selbst wünscht sich bald nur noch, voller Schnaps zu sein.

Heutzutage müssen Kindergeburtstage ja aufgrund eines geheimen Gesetzes, das man mir leider noch nicht in anfechtbarer Version vorlegen konnte, ein Motto haben. Von den Servietten bis zum Kuchen muss dann alles zum Thema Dinosaurier, Prinzessin oder Ritter passen. Davon lebt mittlerweile ein ganzer Industriezweig und das gut. Wochenlang vor dem großen Tag fangen Sie also an, Onlineshops nach ökologisch abbaubaren Tyrannosaurus Rex Papptellern zu durchsuchen oder verbringen Ihre Abende damit, eine große Ritterschatzsuche mit Burgbesichtigung und Greifvogelshow zu planen. Und das für acht Dreijährige und die dazugehörigen Eltern. Wenn es dann endlich soweit ist (wie oft muss ich noch schlafen, wie oft, wie oft, wie oft????), stehen sie schlotternd in irgendeiner zugigen Burgruine herum, betend, dass die Greifvögel sich nicht mit ihren Krallen in ihrer Frisur verfangen, lassen sich von fremden Müttern erzählen, wie wenig Aufwand es gewesen wäre, Servietten in Form von Bussarden und Adlern zu falten und wünschen sich zurück in den Presswehenzustand am Tag der Geburt des kleinen Jubilars.

Das wichtigste an einem Kindergeburtstag ist aber der Kuchen.

Jedenfalls wenn ich die Whatsapp Profilbilder anderer Mütter so anschaue. Da sieht man meisterhafte Torten in Form von Polizeiautos, Prinzessinnenschlössern oder feuerspeienden Drachen. Ich meine, woher können die das? Haben die das damals im Geburtsvorbereitungskurs gelernt? Ich bin verwirrt, erstaunt und voller Anerkennung. Wenn ich eine besonders schöne Torte möchte, dann kaufe ich den Benjamin Blümchen Kuchen aus der Tiefkühltruhe im Supermarkt. Jaha, ich finde das selber etwas armselig, aber ich kann das nicht besser. Meine Kuchen sehen aus wie Kuchen (wenn es gut läuft) und Torten kann ich gar nicht backen. Ich kann meinen Kindern auch keine niedlichen Pop Cakes mit in den Kindergarten zur dortigen Geburtstagsfeier (ja, da wird auch noch einmal gefeiert) geben. Ich backe zu diesem Anlass Muffins. Die sind braun. Vielleicht bappe ich noch Smarties drauf.

Wissen Sie, ich bin mir einfach nicht sicher, ob diese Kindergeburtstagssache nicht etwas aus dem Ruder läuft.

Letztendlich sollen die Kinder Spaß haben und die Eltern überleben. Wenn Sie Freude daran haben, Mottotorten zu backen oder Origamieinladungen zu basteln, dann finde ich das toll. Wirklich. Aber, wenn Sie das nicht können oder wollen, dann lassen Sie es. Kinder finden auch Marmorkuchen toll und verstreute Gummibärchen sind eine prima Tischdeko. Lassen Sie uns Spaß haben, aber lassen Sie zu, dass es mehr als eine Art und Weise gibt, den „perfekten“ Kindergeburtstag zu feiern!

____

Übrigens, Marlene Hellene hat ihr Buch hearusgebracht. Zwar nicht mit uns, sondern mit Rohwolt (snüf) – aber absolut lustig und lesenswert!

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Und über das neue Buch berichten wir in den nächsten Tagen, versprochen!

liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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11 Kommentare

Kerstin Andreis
Antworten 17. Oktober 2016

Morgen geht's hier los....4....die magische Zahl ? Danke, dass ich vorher nochmal lachen durfte und merke das ich nicht die einzige mit Zitronen(Marmor)Kuchen, Muffins mir Smarties und ein paar Negerküssen fürs Wettessen bin....

Es gibt also noch mehr da draußen von uns!

Heike
Antworten 17. Oktober 2016

Liebe Marlene!
Toller Kommentar, ich sehe es genauso. Aber ich frage mich, wieso hast du deine Krabbelgruppenmuttis zu dem ersten Geburtstag deines Kindes nicht zum Frühstück zu IKEA eingeladen. ?Ist doch viel passender...
Wir feiern die Geburtstage unserer Kinder immer noch zu Hause bzw. bei uns irgendwo draußen. Bei einem Geburtstag war Regen, wir konnten nicht raus. Alle Eltern beim Bringen so: "Ihr Armen..." "Da habt ihr euch was vorgenommen..." Ja einen tollen Geburtstag mit Spielen drinnen und alle Kinder waren total begeistert und wollten am nächsten Tag wieder zu uns kommen zum Kindergeburtstag... Soviel dazu! Und ich frage mich immer noch, wie eigentlich meine Mutter unter der Woche nachmittags Kindergeburtstag ohne meinen Vater feiern konnte, weil der ja auf Arbeit war.

Ganz liebe Grüße
Heike

Klaudia
Antworten 18. Oktober 2016

Nervtötend, diese Diskussion. Weil immer durchklingt "ich habe es nicht nötig, bei diesem Wettbewerb mitzumachen" - dabei ist es in 98% der Fälle ohnehin keiner. Der eine kauft Weihnachtskarten, der andere bastelt welche. Das es früher schlichte Einladungen zu Geburtstages gab und heute teils wahnsinnig aufwändige, liegt wohl eher an Sttampin up, WeRmemorykeeper, DIY-Trends usw...... wenn es so egal ist, dann erwähnt nicht so oft, das es egal ist :-)

    Denise
    Antworten 29. September 2017

    Danke! Mich nervt das Thema so.

Verena
Antworten 18. Oktober 2016

Danke! Wir haben die "nur so viel Kinder wie du alt wirst"-Regel dieses Jahr knallhart durchgesetzt und zudem auch noch alle Eltern explizit ausgeladen. Keine Spiele geplant und die Kinder einfach mal das machen lassen worauf sie von selber kommen. Es wurde auf Matratzen gehüpft, Fußball gespielt, Lauf-/Fahrrad gefahren, Tiere mit trockenem Brot gefüttert, mit Wasserfarbe gemalt und gemeinsam Pizza gemacht. Es war für alle Beteiligten ein toller Tag. Geht also alles, nur Mut!

Carola
Antworten 18. Oktober 2016

Toller Text. Meine Kinder sind schon etwas älter und ich bin der Meinung: es wird besser. Okay, vielleicht gewöhnt man sich auch einfach nur dran und ist irgendwann so gut vorbereitet, dass man das Gefühl hat: alles ist gut.
So oder so, ich hab mich sehr amüsiert und bei Facebook geteilt :-) gerne wieder, gerne mehr.

Konstanze
Antworten 20. Oktober 2016

Danke, ich konnte herrlich lachen. Bei uns gehts am Samstag los, unsere Tochter Nr. 2 wird 4, bin noch entspannt und relativ planlos, kein Motto, nur Utensilien die wir zu Hause haben...
Und das mit den Torten hab ich auch schon beobachtet... ich kann nur Rührkuchen. Wenn bei uns im Kindi Kuchenverkauf ist, melde ich mich immer zum Standdienst, denn es wird verlangt dass man Torten!! backt....

Simone
Antworten 22. Oktober 2016

Ihr schreibt ein Buch? Wie cool! Zum Thema Kindergeburtstag bin ich gerne behilflich. Mit Rat & Tat, aber auch gerne mit wahren Gruselgeschichten was so alles angefragt wird, wo ich mich aber weigere das umzusetzen.
Simone, KiKo KinderKonzepte

Julia
Antworten 16. Dezember 2016

Hach. Endlich mal eine Mama, die's sagt, wie's ist. Euer Buch wird bestimmt großartig. Ich frei mich drauf! Und wenn ihr noch eine Gastautorin braucht, sagt Bescheid ;-)

Silke
Antworten 11. Februar 2017

Ich hab herzlich gelacht und mich in vielen beschriebenen Situationen wiedererkannt. Meine Jungs (Zwillinge) werden in 2 Wochen 5 Jahre alt und die Vorbereitungen sind schon voll im Gang.
Meine Jungs haben zum Glück genaue Vorstellungen, wie ihr Geburtstag sein soll und da ist nichts Spektakuläres dabei. Sie möchten eine Dino-Party. Die Limo soll Dinopipi heißen, der Tee Lava. Sie möchten im Sandkasten Dinoeier finden (Salzteig mit kleinem Dino drinnen) und sie möchten das jedes Kind einen Dinoschwanz bekommt, den man beim Toben wegnehmen kann. Und Dino-Eierlauf wollen sie machen.
Also genau das, was ihr beschrieben habt. Einfach und nach Wunsch der Kinder.
Allerdings funktioniert so alt wie das Kind ist, dürfen Sie sich Kindereinladen bei uns nicht. Jeder hat sich 4 Leute aus der Kiga-Gruppe eingeladen, dann noch 4 Kinder aus der Nachbarschaft und von Bekannten und meine 2, also 14. Und das ganze recht stressfrei, weil unsere Jungs einfach nur spielen und toben wollen. Und wir lassen Sie. Dann kommt der "Stress" erst hinterher, wenn die Bude wieder in Normalzustand gebracht werden muss. Also Mütter: Keine Angst, lasst die Kinder einfach toben, wenn Langeweile aufkommen sollte mal Topfschlagen oder Eierlauf einwerden und es läuft. Und zwar so dass die Gastkinder den Geburtstag auch so haben möchten ;o)

Denise
Antworten 29. September 2017

Und schon wieder, ich kann so gar nicht drüber lachen, eine Kolumne nutzt das Stilmittel der Übertreibung. Ich finds Thema aber echt abgelutscht und nur noch nervig, weil eben null meiner Erfahrung entspricht und ich eher den Eindruck habe, einige brauchen es für sich, sich den "Wettbewerb" einzureden. Weil schönere Artikel gibt, als zu erzählen, wie so ein Geburtstag wirklich ist, nämlich einfach nett und chaotisch. Dazu hab ich neulich schon gebloggt, nach dem xtenArtikel in irgendeiner Zeitung. bloggermumofthreeboys.com/2017/08/28/kindergeburtstage-ein-wettbewerb

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