„Was hast du dir dabei gedacht?“ – Das Verhalten und das „Dahinter“


„Was hast du dir dabei gedacht?“. Oder auch: „Warum hast du das gemacht?“ … Diese Fragen kennen wahrscheinlich viele von uns. Viele von uns haben sie schon gestellt und auch gehört.

Sicher kennt ihr dann auch diese Antwort: „Ich weiß es nicht.“

Wie fühlt sich diese Antwort für euch an?

Aus meinem Mund kam dann früher fast automatisch ein: „Das musst du doch wissen!“
Zack war oftmals die Verbindung verloren.
In diesen Momenten war ich ziemlich frustriert und der andere Mensch auch.

Oftmals waren es meine Kinder, denen ich diese Frage gestellt habe.

Ich kannte es nicht anders, als das Verhalten zu hinterfragen und beurteilen. Heute tue ich das nicht mehr.

„Warum hast du deinem Bruder auf den Kopf gehauen?“ (fiktives Beispiel)

„Warum-Fragen“ zielen eher auf eine rationale Erklärung ab, jemand soll sein Verhalten erklären. Mir ist das „Dahinter“ viel wichtiger. Zu erkunden, was dahintersteckt, ist so viel wertvoller für mich geworden.

Es geht mir in diesem Artikel nicht um die bloße Fragestellung. Mir ist es wichtiger: Worauf zielt die Frage ab? Auf das reine Verhalten und möchte ich eine rationale Erklärung?

Oder ist es mir wichtig, diesen Menschen wirklich zu verstehen und auf ihn einzugehen?

„Hinter jedem Verhalten steckt ein Gefühl. Und hinter jedem Gefühl ist ein Bedürfnis. Wenn wir diesem Bedürfnis begegnen, statt uns auf das Verhalten zu fokussieren, beginnen wir damit, uns mit der Ursache zu beschäftigen und nicht mit dem Symptom.“

„Warum hast du das gemacht?“ und „Was hast du dir dabei gedacht“ sind Fragen, die ich eigentlich eher gestellt habe, wenn ich verärgert war oder in Konfliktsituationen.

Gerade in emotionalen oder stressigen Situationen habe ich rationale Antworten erwartet. Heute ist mir klar, dass das so nicht funktioniert.
Wenn ich Verhalten verstehen möchte, gilt es für mich stets dahinter zu schauen.
Die Fragen hier sind: „Was hast du gefühlt?“. Es ist eher ein „Wofür?“ als ein „Warum?“

Hinter jedem Verhalten stecken Gefühle und Bedürfnisse.

Wir können uns genau mit diesen Bedürfnissen empathisch verbinden, mit unseren eigenen und denen anderer Menschen. Mit Empathie meine ich übrigens nicht: gutheißen!

Wenn also ein Kind ein anderes auf dem Pausenhof schubst: Kann ich versuchen, zu schauen, was sich da in dem Kind abgespielt hat. Natürlich ist es erst mal wichtig, dass alle zur Ruhe kommen. Wenn es zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt, Verletzungen zu versorgen etc.

Die Fragen, die ich dann später stellen würde:

1. Kannst du mir bitte den Ablauf schildern? Was ist zuerst passiert?
2. Wie hast du dich in dem Moment gefühlt?
3. Wie fühlst du dich jetzt damit?

Von hier aus dann weiter. Wenn ich von später und in Ruhe schreibe, meine ich: Alle Beteiligten sind nicht mehr im emotionalen Ausnahmezustand, sondern haben wieder Zugang zum rationalen Bereich ihres Gehirns.
Hier ist es an mir, als Erwachsene, darauf zu achten!

Was mir also irgendwann wichtig geworden ist, wenn ich diese Fragen im Kopf hatte: Möchtest du jetzt eine rationale Antwort, womöglich eine, die du gern hören möchtest? Möchtest du Rechtfertigungen? Oder möchtest du dich mit dem anderen verbinden, um ihn zu verstehen? Gerade bei Kindern empfinde ich es als wertvoll, wenn sie selbst ihr Verhalten reflektieren lernen und an die Wurzeln kommen. Und zwar ohne das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. Rechtfertigungen gehen häufig in Defensivreaktionen über und das unterbewusst.

Hand aufs Herz: Wie viele Erwachsene haben das gelernt und können das?

Mit einem offenen, neugierigen Blick auf das „Dahinter“ lernen Kinder sich selbst besser kennen.

Das ist ein Prozess, ein Lernen und auch mit jüngeren Kindern funktioniert das. Gerade über das Gefühl, was die Kinder haben, wenn wir mit ihnen sprechen.

Der Unterschied zwischen: „Möchte ich jetzt wissen, warum du etwas getan hast, um dich zu bewerten und zu beurteilen?  Oder möchte ich dich verstehen und darauf wirklich eingehen?“ ist spürbar. Und das ohne Lektion!

Verantwortung übernehmen für das eigene Verhalten ist sehr wichtig. An der Oberfläche bleiben und rationale Gründe (Rechtfertigungen) suchen, ist dabei nicht besonders hilfreich und nachhaltig für mich.

Manchmal fehlen auch die Worte. Kennt ihr das selbst?

Ihr könnt nicht wirklich ausdrücken, warum genau ihr etwas getan habt. Es hat sich in dem Moment eben so angefühlt. Da können andere Menschen noch so oft nach dem „Warum“ fragen, das bringt nicht weiter. Die Verbindung nach innen fehlt in dem Moment. Manchmal kommt das Bewusstsein auch erst später, manchmal braucht es Zeit. Zeit und Selbstreflexion.

Selbstreflexion ist ein wichtiges Werkzeug im Leben.

Und dieses „nach innen schauen“ funktioniert nicht besonders gut unter Druck. Zur Selbstreflexion gehört für mich auch, dass ich eine große Palette an Gefühlswörtern kenne, um auszudrücken, was genau jetzt in mir vor sich geht. Die können Kinder auch schon früh lernen. Hier ist es an mir, das vorzuleben und auch in die Kommunikation mit meinem Kind einzubauen. Worte jenseits von traurig, sauer, glücklich etc. Je mehr ich meine Gefühlswelt beschreiben kann, umso verständlicher kann ich mich machen. 🙂
Vor meiner Therapie war ich mir sicher: Ich kann das alles ausdrücken! Ich bin eloquent! Pustekuchen. Das war und ist oftmals noch schwierig.

Dieses Gefühlsrad nutzen wir oft in der Redaktion (affiliate Link)

Wofür ich hier also werben möchte: Empathie! Empathie mit den anderen Menschen (besonders auch unseren Kindern) und „dahinter“ schauen. Hinter Worte und hinter Verhalten.

Zum Abschluss noch etwas, was ich für mich gelernt habe: Manchmal frage ich auch nicht mehr. Ich kann mich auch so mit dem dahinter verbinden. Im Prozess meiner persönlichen Entwicklung wurde das „Was hast du dir dabei gedacht?“ immer weniger wichtig. Ich schaue bei Menschen immer seltener auf das Verhalten, „kralle mich weniger an Worten fest“, sondern verbinde mich damit, was die Menschen bewegt.

mindfulsun

PS: Welche Fragen ich in einer Konfliktsituation als wertvoll und hilfreich erachte, auch zwischen Kindern, zeige ich euch demnächst. Eltern, Lehrkräfte und auch im Kindergarten: Mediation zwischen Kindern. 🙂

mindfulsun
About me

Mensch, Mama zweier Jungs, die versucht ihre Werte zu leben und die innere Balance zu halten. Ich schreibe über Achtsamkeit, vegane Ernährung, Nachhaltigkeit und verbindende Kommunikation von Herzen. Was ich mir wünsche? Einander mit mehr Mitgefühl und Empathie zu begegnen, überall auf der Welt.

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