Was müssen unsere Kinder alles müssen? Abschied vom „müssen“!


„Nein, MUSS ich nicht!“ – so maulen unsere Kinder so oft wenn wir sie ermahnen, was sie alles müssen. Unsere Kolumnistin mindfulsun hat den Dreh raus, wie Kinder Dinge viel freiwilliger tun, als wenn wir ihnen einbläuen, dass sie was müssen. Vielleicht klappt das bei euren Kids so auch viel besser – ohne MÜSSEN?

„Ihr müsst das jetzt lesen!“

Vielen werden sich schon beim Lesen dieser Aufforderung die Nackenhaare aufstellen. Und nein, diesen Artikel muss niemand lesen. Ich möchte ein Zeichen setzen gegen „muss“ für Erwachsene und für unsere Kinder.

„Du musst“ – und automatisch gehe ich in eine Abwehrhaltung: „Ich muss überhaupt nichts!“

Wie oft sage ich dieses Wort aber auch zu meinen Kindern, unbewusst, weil es aus einem alten Muster entstand.

Du musst jetzt aufräumen!“
„Du musst dir die Zähne putzen“
„Du musst jetzt Hausaufgaben machen“
„Wir müssen jetzt essen..“

Beispiele dafür gibt es viele und sie kommen sicher fast allen bekannt vor.

Nur „müssen“ bewirkt auch eine Abwehrhaltung bei Kindern, ist sehr autoritär.

„Müssen“ ist Zwang, ich fühle mich nicht wohl mit dieser übermächtigen Aufforderung. „Müssen“ suggeriert, ich habe keine andere Wahl.

Möchte ich meine Kinder in diese Situation bringen? Möchte ich, dass sie so empfinden? Nein.

Natürlich ist es wichtig, dass Kinder Dinge tun wie: Zähne putzen, essen, Hausaufgaben machen…

Ich achte jetzt besonders darauf ein: „Bitte putze dir die Zähne.“ oder: „Ich möchte bitte, dass du dir die Zähne putzt.“ zu benutzen.

Mein Kind bemerkte natürlich den Unterschied und sofort kam ein:

„Mama, warum möchtest du, dass ich mir jetzt die Zähne putze?“
„Weil es für dich wichtig ist, dass du saubere Zähne hast, damit sie gesund sind.“

Stirn gerunzelt, überlegt und Abmarsch Richtung Badezimmer, zum Zähne putzen.

Du „musst“ forderte Widerstand heraus. Statt blind zu gehorchen, versteht mein Kind jetzt eher die Wichtigkeit bestimmter Tätigkeiten. Sich bewusst für etwas entscheiden, legt den Grundstein für mehr Achtsamkeit im Erwachsenenalter.

Ich habe „muss“ leider aber auch in der Kommunikation mit Erwachsenen und vor allem auch im Umgang mit mir selbst benutzt:

„Ich muss das jetzt tun.“
Müssen als Erwartung und Druck!

Nur alleine mit diesem Wort habe ich das Gefühl, ich habe keine andere Wahl. Es fühlt sich nicht angenehm an. Ich frage mich jetzt sehr oft „Muss ich das wirklich?“ – und entdecke dabei, dass ich dadurch sehr oft gegen meine Werte und meine Bedürfnisse gehandelt habe.

„Du musst eine gute Tochter sein!“
„Du musst das jetzt tun, egal wie es dir geht, weil du es dir vorgenommen hast.“
„Du musst aber zu allen immer höflich und nett sein.“

Aus dieser Perspektive heraus sehe ich: Unterwürfigkeit, gegen meine Bedürfnisse handeln, mich bis zur Erschöpfung selbst antreiben.

Ich überlege jetzt öfter:

„Will und kann ich das überhaupt?“
„Zahlt es auf meine Werte ein?“
„Wie viel Kraft und Energie kostet mich das?“
„Tue ich das nur, um anderen Menschen zu gefallen?“

Das ist sehr hilfreich für mich, wo ich doch gerade lerne achtsamer zu sein, Selbstfürsorge zu üben und nicht mehr über meine Grenzen zu gehen.

Auch so manch‘ lustiges Selbstgespräch hat sich daraus entwickelt:

„Es wäre schön, wenn du jetzt kochst!“
„Ach, koch‘ doch selbst!“

Ich möchte jetzt das Bad putzen.“
„Nein, lass mich das heute machen!“

Auch in der Kommunikation mit anderen Menschen werde ich verstärkt darauf achten, nicht mehr „muss“ zu sagen. Unter Erwachsenen ist ein „muss“ sehr anmaßend.

Für jedes „muss“ aus meinem Mund werde ich 50 Cent in eine Spardose stecken. Vom ersparten Geld werde ich mir Kekse kaufen und jedes Mal wenn jemand zu mir sagt:
„Das musst du aber so machen!“, werde ich mir einen Keks in den Mund stecken, mich zurücklehnen und denken: „Nein, MUSS ich nicht.“

Liebe Grüße,

mindfulsun

und Béa

P.S. Kennt ihr das Buch Einen Scheiß muss ich: Das Manifest gegen das schlechte Gewissen – Aus dem Amerikanischen erfunden von Tommy Jaud“ – (affiliate Link – also Mini-Werbung an dieser Stelle)

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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2 Kommentare

Mareike
Antworten 18. Januar 2018

Ich versuche auch bewusst auf ein "muss" zu verzichten. Das ist nicht immer einfach und noch kontert unser 2jähriger nicht, aber das kann nicht mehr lange dauern. Und ein "bitte" tut keinem weh

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