Wenn es nicht so ist wie im Film: Was machen Medien mit unserer Wahrnehmung?
Dass Medien einen Einfluss auf uns und unser Handeln und Denken haben, ist kein Geheimnis. Aber sind sie manchmal vielleicht mehr Vorbild als nötig? Was machen Medien mit unserer Wahrnehmung?
Das Spannende am sogenannten „Einfluss“ ist, dass er meist unbewusst geschieht. Ich verbringe viel Zeit mit einem Menschen und irgendwann übernehme ich Phrasen, die er oder sie auch sagt. Bei anderen werde ich zum Sport oder zu einer besseren Ernährung inspiriert. Und manchmal bin ich es selbst, die andere unbewusst beeinflusst.
Unsere ersten Einflüsse
Eltern sind unser erster Einfluss. Wir schauen uns Dinge von ihnen ab und verinnerlichen sie. Anschließend tut es unser soziales Umfeld – die Familie, die Kita, Freundschaften, usw. Doch schon bald kommen die Medien.
Kinderfernsehen
Es ist kein Geheimnis, dass Kinderfernsehen eine Vorbildfunktion hat, schließlich übt es einen gewaltigen Einfluss auf das Kind aus. So kommt es, dass immer mehr darauf geachtet wird, das Kind mit wichtigen Werten zu versorgen.
Als Kind habe ich zum Beispiel super gern „Disneys Große Pause“ geschaut. Genau wie die Kinderserie wollte ich auch eine Clique, mit der ich Quatsch machen wollte. Auch die Mädchenfiguren fand ich super. Gretchen war super schlau und begabt, und Spinelli sehr taff und hart im Nehmen. Ich imitierte mit meinen Freund:innen viele ihrer Spielaktionen und übernahm sogar deren ausgedachtes Schimpfwort „bekanatert.“
Wenn es nicht so ist wie im Film…
Allerdings prägt uns das Film und Fernsehen nicht nur in der Kindheit, sondern in jedem Alter. Wir alle werden unbewusst davon beeinflusst und nehmen Gedanken, Phrasen und manchmal auch Reaktionen an.
Welche typischen Filmklischees fallen euch an dieser Stelle ein?
Zu jeder erdenklichen Situation gibt es eine Bandbreite davon.
Da wäre zum Beispiel das Thema Konflikte. In Filmen kommt eine Lüge meist mit einem Krach ans Tageslicht. Dann wird herumgeschrien, geheult, mit Tellern geworfen, der Liebste aus dem Haus verbannt und im Extremfall die Kleider aus dem Balkon geschmissen.
In der Realität hingegen ist es … ich weiß nicht … irgendwie langweiliger? Klar wird es hin und wieder etwas lauter, aber die meisten bestehen darauf, die Kirche im Dorf zu lassen.
Oder etwa nicht?
Kein Bock auf die langweilige Realität?
Könnte es sein, dass wir uns hin und wieder in überspitzte Situationen manövrieren, weil wir sie eben nur so vorgelebt bekommen?
An dieser Stelle möchte ich euch von einer Situation erzählen, die letzten Sommer passiert ist. Ich lief mit meinem Freund durch die Straße, als ein ziemlich ekliger Mann mich anstarrte, immer näherkam, und anfing Kussgeräusche zu machen. Er versuchte meine Beine zu berühren, doch ich stieß einen kurzen Schrei aus und trat zurück. Mein Freund bekam das Ganze erst dann mit, als ich ihn versehentlich zur Seite drängte. Schnell erzählte ich ihm, was gerade passiert war, und war dann sauer, weil er erstens nichts bitmekommen und zweitens nichts getan hatte.
Aber warum? Warum war ich sauer? Weil ich eine Frau bin, die den Schutz des Mannes braucht? Weil ich es aus Film und Fernsehen so kenne, dass die Männer sofort an die Decke gehen, sobald ihrer Frau ein Haar gekrümmt wird? Dass sie liebend gern die Schlacht für sie austragen, weil sie es selbst nicht kann? Wollte ich das insgeheim auch? Obwohl ich mich selbst nicht als Eigentum meines Freundes sehe und eigentlich dafür plädiere, immer für mich selbst einzustehen?
Ich musste lange über diese Situation nachdenken, und kam zu dem Entschluss, wie problematisch meine Haltung war. Ich hatte die unbewusste Forderung an meinen Freund gestellt, dass er sich so verhalten sollte. Damit blieb ich jedoch auf der Strecke, denn anstelle davon, mich selbst dazu zu motivieren, beim nächsten Mal laut und deutlich „Lass mich in Ruhe!“ zu sagen, war ich sauer, weil mein Freund nichts tat. Und ja, ich bin ganz sicher, dass mein Wunsch auch daher rührte, dass ich es aus den Medien so kannte – die Dynamik meiner Eltern ist nämlich überhaupt nicht so. Wer meine Mutter zu nahekommen sollte, tut mir jetzt schon leid …
Ist es problematisch, dass Medien unsere Wahrnehmung beeinflussen?
Hierbei ist meine Meinung zwiegespalten. Ich glaube, die Antwort darauf lässt sich nicht eindeutig pauschalisieren, es kommt immer auf die Medien selbst an. Grey’s Anatomy zum Beispiel hat mich sehr geprägt, was die Wichtigkeit von Gesundheit angeht. Einmal hatte ich einen Verdacht auf einen geplatzten Blinddarm und bin deshalb zum Krankenhaus, weil ich aus der Serie kannte, dass man sofort dort hinmüsse. Letztendlich war es nicht der Blinddarm, aber etwas anderes, das sofort behandelt werden musste.
Bei kitschigen Liebesschnulzen jedoch versuche ich Vorsicht zu wahren. In ihnen stecken nämlich viele veraltete gesellschaftliche Strukturen, in den der Umgang zum anderen Geschlecht aber auch zur Beziehung selbst sehr problematisch dargestellt wird. Diese würde ich nicht mehr länger als Vorbild nehmen. Und zum Glück sind die aktuellen Medien sehr erpicht darauf, nicht mehr nur auf Klischees herumzureiten!
Ich könnte noch ewig über dieses Thema philosophieren, aber meine wichtigsten Gedanken habe ich glaub ich alle gesagt.
Wie seht ihr das mit den Medien und den Einfluss auf eure Wahrnehmung? Fallen euch noch weitere Filmklischees ein, die euch manchmal im Alltag begegnen/oder die ihr euch unbewusst herbeiwünscht?
Liebe Grüße
Mounia