„Sofort war mir klar, dass dies der Blinddarm sein muss. Die Ärzte glaubten mir erst im OP!“ – neuer Gastbeitrag über Mutterinstinkt


Ihr kennt unseren Hammer-Beitrag über Mutterinstinkt – den haben schon fast eine halbe Million Menschen gelesen. Wir haben gefragt, ob auch andere so geleitet wurden – und eine Leserin hat sich zu Wort gemeldet:

Hallo liebes Tollabea-Team,
auch ich habe eine Geschichte zum Thema Mutterinstinkt.

Es war letztes Jahr im Januar. Unser Jüngster war gerade knapp 26 Monate alt.

Es fing in der Nacht von Sonntag zu Montag an. Immer wieder wachte er auf und weinte. Dieses Weinen kannte ich so noch nicht, daher fühlte ich, dass irgendwas nicht stimmt!
Auch seine Liegeposition war anders als sonst.

Und wenn ich ihn an der rechten Unterbauchseite leicht berührte, zuckte er zusammen.

Sofort war mir klar, dass dies der Blinddarm sein muss.

Gleich am nächsten Tag rief ich um 8 Uhr in der Kinderarztpraxis an. Ich schilderte alles und bekam gleich ein Termin. Im Behandlungszimmer sagte ich dem Arzt eindeutig, dass ich den Blinddarm vermute.

Wie ich darauf komme, wollte er wissen? Nun ja, ich kenne die Symptome, da mein Neffe im fast gleichen Alter, schon Blinddarmprobleme hatte. Der Arzt meinte, er untersucht ihn erst mal und kam zu dem Schluss, dass es eine Verstopfung sei.

Ich erwiderte, das gleiche hatte man beim Neffen auch gesagt und zum Schluss lag er im OP. Und mein Kleiner hatte noch am Samstag Stuhlgang.
Der Arzt blieb gelassen und sagte: „Na wenn was Neues wie Spucken usw. hinzu kommt, soll ich mich noch mal melden.“

Ich war hin und her gerissen… Zum einen wusste ich, wie mein Kind bei einer Verstopfung reagierte, aber anders herum dachte ich:

Er ist der Arzt. Er wird’s wissen.

Wieder zuhause legte ich mich mit dem Kleinen hin. Es war ca. 10 Uhr am Vormittag als er aufwachte und anfing zu spucken. Ich rief sofort wieder in der Praxis an und sagte, dass ich unbedingt nochmal einen Termin brauche. „Warum?“ bekam ich zu hören. „Weil es so mit dem Arzt ausgemacht war!“, entgegnete ich.

Zu 15:15 Uhr bekam ich den Termin. Trotz allem musste ich mich um kurz vor 12 Uhr auf den Weg machen, um meinen Mittleren von der Schule zu holen. Unterwegs spukte der Kleine wieder. Ich holte mein Handy raus, organisierte im Blitztempo jemanden, um meinen anderen Sohn abzuholen und ging direkt in die Praxis.

„Scheiss auf 15:15 Uhr“ – dachte ich mir. Es musste jetzt sein!

Dort angekommen sagte ich, dass ich NICHT bis 15.15 Uhr warten kann: „Schaut euch das Kind an!!!“

Das wirkte: Ab ins Behandlungszimmer. Der Arzt tastete wieder den Bauch ab.

Ich hörte ein Knacken und fragte, ob es der Blinddarm war.
Mein Gefühl sagte mir, jetzt war er durch!

„Nein nein…“ – war die Antwort. Aber immerhin bekam ich die Überweisung zur Klinik. Aber es gab kein Taxischein, kein Krankentransport. Warum nicht, kann ich hier nicht mal mehr sagen. Mein Kopf war so voll. Während wir in Behandlung waren, brachte mir ein Bekannter den Mittleren zur Praxis. Das hat wenigsten super geklappt.

Als wir fertig waren, ging es im Raketentempo nach Hause (zu Fuß)… ich weckte meinen Mann. Er hatte Nachtschicht und nicht mal 2 Stunden geschlafen. In der Zeit bis er realisieren konnte, was jetzt gerade los ist, packte ich den Koffer für mich und unseren Jüngsten.

Um ca. 15:00 Uhr kamen in der Kinderklinik an. Mittlerweile hatte der Kleine ordentlich Fieber. Und das Warten dort begann. Dann kam endlich eine Schwester, fragte was los sei. Ich erzählte ihr alles. Von der Nacht wo es anfing, vom Arztbesuch, von meiner Vermutung. Der Kleine schlief die ganze Zeit. Von dem Moment an, an dem wir aus der Praxis raugegangen sind.
Die Schwester schrieb alles auf und weg war sie.

Irgendwann sind wir in ein Behandlungszimmer gekommen. Wieder warten – bis endlich die Ärztin kam. Kaum hatte ich angefangen ihr alles zu schildern, klingelte ihr Telefon und sie war wieder weg. Wieder warten. Dann kam die Ärztin erneut wieder, tastete den Kleinen ab und verschwand wieder. Dann kam ein Arzt und auch er tastete ab und ging wieder. Mittlerweile war der Kleine vom ganzen Rumgedrückte wach. Dann kam eine Schwester und brachte uns zum Ultraschall.

Yuhu dachte ich, jetzt passiert was! Zu früh gefreut. Erstmal wieder warten müssen.

Dann war es soweit, es wurde geschallt. Erst von einer Assistentin. Sie ließ sich Zeit. Der Kleine schrie und schrie.
Dann ging der Arzt an das Ultraschallgerät, um noch mal zu schauen. Meinte: „Da freie Flüssigkeit… Da freie Flüssigkeit…“
Ich fragte, was das zu bedeuten hat. Ich solle ruhig sein, er musste sich konzentrieren. Das hat gesessen. Und mein Schatz schrie immer noch!

Endlich fertig, endlich wieder im Behandlungszimmer. Blutabnahme, rauf aufs Zimmer.
Dort kam dann die Chirurgin. Sie meinte, sie wissen nicht was er hat, auf dem Ultraschall können sie es nicht deuten und die Blutwerte zeigen nur eine leichte Entzündung. Diese Werte seien zu niedrig für den Blinddarm.

Sie möchte ihn trotzdem operieren weil sie den Verdacht  – jetzt kommt’s !!! – auf einen Darmverschluss nicht ausschließen können.

Ich fragte wieso, er hatte doch Stuhlgang. Aber wir redeten dann nicht weiter rum. Ich bat schon fast förmlich darum, dass sie schauen, was los ist. Der Narkose-Arzt kann rasch. Ich war froh ein bekanntes Gesicht zu sehen, ihn hatten wir ein Jahr zuvor schon, da hatte der Jüngste eine OP wegen einer Dermoidzyste und dieser Narkosearzt begleitete uns schon damals. Er klärte mich rasch auf und ging direkt weiter die OP vorzubereiten.

Dann war es soweit. Um 20:00 Uhr war er im OP. Ganze anderthalb Stunden.

Dann kam der Anruf, dass ich in den Aufwachraum darf. Dort wartete auch die Chirurgin. Ich fragte, was es denn nun war. Sie meinte er hatte einen Blindarm-Durchbruch. Ich war wie erstarrt.

Am nächsten Tag kam der Arzt vom Ultraschall zu uns und fragte mich ob ich jetzt wüsste was war.

Ich sagte: „Ja der Blinddarm, so wie ich es vermutet hab.“ „Ja, ungeheuerlich!“ – sagte der…

Im Großen und Ganzen hatten wir großes Glück!

Mittlerweile ist mein Jüngster 3 Jahre alt und ein richtiger Lausebub! Aber ich denke, dass das Erlebte uns beide sehr geprägt hat. Die Zeit im Krankenhaus war auch nicht einfach. Da gab’s auch den einen oder anderen Aufreger. Als wir dann endlich zuhause waren, brachen bei mir erstmal alle Dämme… Die erste Zeit zuhause war schwer. Mein Kleiner wehrte sich beim Wickeln, beim Zähneputzen und Baden. Es hat eine Weile gedauert, bis wir wieder Routine bekamen und er nicht mehr weinte.

Was den Arzt angeht: Er ist kein schlechter. Die Nachsorge habe ich doch bei ihm gemacht.

Er kam mit gesenkten Kopf und hat sich bei mir entschuldigt. Er meinte, im Nachhinein kam ihm sein Studium in den Kopf: Der Professor sagte wohl in der Studienzeit, wenn es ein kleines Kind schon mal in einer Familie hatte, was bei uns der Neffe war, dann sei die Veranlagung da, dass es in der Familie noch einmal vorkommt. Er hatte in seiner ganzen Laufbahn noch nie ein solch kleines Kind mit Blinddarm. Aber er hat auch daraus gelernt. Er nimmt mich jetzt ernst. Wenn ich zum Beispiel ein Blutbild möchte, weil ich schon einen Verdacht habe, dann wiegelt er nicht ab sonder macht das!

____

Danke, liebe anonyme Mama, dass du dies mit uns geteilt hast!

Ihr Lieben, mir geht es hier auf keinen Fall darum, ÄrztInnen und das Personal in den Kliniken an den Pranger zu stellen! Meistens geben sie alles, was sie können. Oft sind sie überarbeitet – und auch nur Menschen! Leben retten ist eine verdammt nervenaufreibende Aufgabe und Fehler lassen sich dabei nicht immer vermeiden.

Daher: Erstmal ein Riesendankeschön an alle, die einen solchen Job machen und täglich Menschenleben retten!

Und Frage an euch: habt ihr vielleicht auch positive Geschichten? Menschen, die euch mit ihrem Können und Einsatz das Leben gerettet haben? Wir bringen sie auch gern – meldet euch bei uns…

Und wer anonym bleiben möchte, schickt uns am besten eine PN über den Messenger: https://m.me/tollabea (übrigens, dann fragt euch das Ding, ob ihr News von euch erhalten wollt… Ein „Ja, geht klar, würde uns freuen!)

Titelbild: Image by Cheryl Holt from Pixabay 

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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