Der erste Schultag nach dem Schulwechsel – Aufregung, Angst und ein Neuanfang


Viele Kindergartenkinder und welche, die auf eine weiterführende Schule gehen, erleben demnächst ihren allerersten Schultag. Es gibt aber auch diejenigen, die ihren ersten Schultag nach einem Schulwechsel erleben und in eine bereits bestehende Klasse kommen.

Und dieser, kann ich euch sagen, wird von viel Aufregung und Angst überschattet… (mit oder ohne Corona!)

Dieses Thema geht mir besonders nahe, weil ich mich sehr darin wiederfinde. Obwohl es vielen so erging wie mir, habe ich trotzdem den Eindruck, dass selten darüber gesprochen wird. Zwar sehen wir es in alten Teenie Streifen immer wieder, dass „Die Neue“ auf die Schule kommt, aber wissen wir auch, wie sie sich wirklich fühlt und was für Folgen das für sie haben kann?

Ich hatte schon mehrere Schul- und Klassenwechsel

Die meisten wechseln die Schule genau ein Mal – nämlich von der Grundschule in die weiterführende. Bei mir war es leider öfter. Erst zog ich in eine völlig andere Stadt am anderen Ende des Landes (was schon emotional und verwirrend genug war), dann wechselte ich erneut die Schule, weil mir der Stoff zu schwer war und ich viele Grundlagen wegen des unterschiedlichen Lernstoffes unterschiedlicher Bundesländer noch nicht hatte, und dann musste ich die Klasse letztlich auch noch wiederholen. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen hatte ich insgesamt 5 Klassenwechsel, in denen ich 5 Mal die Neue sein musste.

Die Neue sein

Das Gefühl, in eine neue Klasse zu kommen, in der sich alle bereits kennen, fühlte sich für mich wie ein halber Herzinfarkt an. Ich hatte panische Angst davor, keinen Anschluss zu finden und für immer allein zu bleiben. Ich war immer sehr schüchtern gewesen und sprach nicht viel. Wie sollte ich mit so vielen neuen Menschen klarkommen?

Da ich in eine bestehende Klasse dazukam, war ich „die Neue“ und bekam den Status auch nicht weg, bis jemand anderes „Neues“ dazukam. Es war ein seltsames Gefühl, auf diese Weise im Mittelpunkt zu stehen. Alle kannten meinen Namen, während ich den der anderen erst lernen musste. Auch wusste ich nichts über den Schulalltag. Wo waren die Toiletten? Wo war das Biologiehaus? Wie waren die Lehrer*innen? Wo verbrachten meine Mitschüler üblicherweise ihre Pausen?

Neuanfänge sind beängstigend

Als ich von einem Gymnasium auf die Gesamtschule wechselte, war alles plötzlich neu und anders. Ich kannte niemanden und war noch immer so schüchtern, dass ich mit keinem sprach. Die Besonderheit an der neuen Schule war, dass die Pause eine ganze Stunde andauerte, anders, als ich es von meiner alten Schule gewohnt war. Was sollte ich eine Stunde lang tun? In die Mensa gehen? Wo war die Mensa überhaupt? Und wo fand ich meine Klasse? Konnte ich mich überhaupt zu ihnen setzen, obwohl wir uns nicht kannten? Konnte ich sie unter den Tausend Schülern überhaupt finden?

Die ersten Tage verbrachte ich eine ganze Stunde Pause im Mädchenklo. Ich aß mein Brot und versteckte mich vor der Reizüberflutung. Dann, ein paar Tage später, MUSSTE ich auf meine Mitschüler*innen zugehen. Ich wusste nicht, wo die Sporthalle war, und da sie denselben Weg hatten wie ich, gingen wir gemeinsam. Während des Sportunterrichts sprachen wir ein wenig und nach dem Sport riss ich mich zusammen und begleitete meine Mitschüler*innen zur Mensa. Von da an ging ich jeden Tag mit ihnen. Später erzählten sie mir, dass sie darauf gewartet hatten, dass ich auf sie zukam, weil sie alle schon fest verwurzelt waren. Im Grunde hatte ich also keine andere Wahl.

Neuanfänge machen stärker

Ich weiß nicht, wie ich heute wäre, wenn ich damals nicht die Schule gewechselt hätte. Da es niemand nötig hatte mir zu helfen, musste ich mir selbst helfen und den Mund aufmachen. Die schüchterne Mounia musste verschwinden, denn diese hätte in dieser Schule nicht überlebt. Ich bin sehr dankbar darum, denn auf diese Weise habe ich zwei liebe Menschen in mein Leben gelassen, mit denen ich heute noch befreundet bin. Die ganzen Neuanfänge zwangen mich dazu, stärker zu werden.

Heute fallen mir Neuanfänge leichter

Was ich aus der Zeit aller Neuanfänge gezogen habe, ist die Tatsache, dass ich mich leichter auf Neuanfänge einlassen kann. Damals habe ich trotz vieler Ängste die Universität gewechselt, obwohl ich dort bereits verwurzelt war und Freunde hatte. Trotzdem war es für meine Zukunft das Beste. Auf der neuen Uni riss ich mich nämlich auch zusammen und sprach in meiner ersten Vorlesung zwei Mädchen an, die sich heute beste Freundinnen nennen. Bei meinen Nebenjobs war es nicht anders. Obwohl ich Neuanfänge nach wie vor beängstigend finde, weiß ich auch, dass mich jenseits des Neuen etwas Tolles erwarten kann.

Doch leider kann es auch ganz anders kommen.

Ein Mädchen aus meiner Schule wurde leider gar nicht gut aufgenommen. Sie hatte bestimmte Eigenarten und brachte manchmal ein paar lustige Sprüche,  über die meine männlichen Mitschüler sehr indiskret spotteten. Auch die Mädchen waren nicht sehr angetan von ihr, sagten dies aber nur hinter ihrem Rücken. Ich versuchte zwar immer nett zu ihr zu sein, weil ich wusste, wie schwer es Neue hatten, aber sie merkte irgendwann, dass ich nur aus Mitleid mit ihr befreundet war – und das kränkte sie vermutlich am meisten. Erst wechselte sie die Parallelklasse und dann nochmal die Schule. Für sie war der Neuanfang nichts Schönes, sondern trieb sie nur dazu, erneut neu zu beginnen.

Eine Erfahrung fürs Leben

Egal, wohin der erste Tag nach dem Schulwechsel führt, er wird immer reich an Erfahrungen sein. Und vor allem habt ihr eins, das euren anderen Mitschülern verwehrt bleibt: Ihr könnt neu anfangen. Schlagt eine neue Seite auf, ändert euren Style und/oder eure Frisur, sucht euch Freund*innen, die zu euch passen und entfaltet euch NEU.

An all diejenigen, die einen Neuanfang starten – ob nun im Job, in der Schule oder im sozialen Leben: Ich denke an euch! <3

Kennt ihr das mit den Neuanfängen? Wie hat sich das für euch angefühlt?

Liebe Grüße

Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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