Kann man Kinder überhaupt vor Mobbing schützen?


Wenn sich alle Eltern in einem einig sind, dann darin, dass sie immer wollen, dass es ihren Kindern gut geht. Dasselbe gilt auch für Mobbing in der Schule. Aber Kann man Kinder überhaupt vor etwas Schrecklichem, wie Mobbing schützen?

In diesem Blog haben wir schon einige Beiträge zum Thema Mobbing geschrieben. Wir haben die seelischen Folgen geteilt , Betroffene zu Wort kommen lassen und die Community dazu animiert, dass wir alle was dagegen tun können.

Aber über eine Prävention, um das Kind vor Mobbing von Anfang an zu schützen, haben wir noch nicht viel geschrieben. Béa hat mit Norman Wolf ein ganzes Interview gemacht, der mit seinen Vorträgen und seinem Buch genau das versucht: Vor dem Mobbing die Menschen zu sensibilisieren, reaktionsbereit zu machen, und überhaupt ein Bewusstsein über das Thema zu schaffen.

Denn: Mobbing ist keine Seltenheit.

Bestimmt hat jede*r  von uns schon erlebt, wie jemand anderes gemobbt wurde, oder man selbst Opfer und/oder vielleicht sogar Täter*in war. Demnach ist Mobbing für niemanden etwas Fremdes. Klar, die meisten haben es vielleicht nicht so plakativ wie in amerikanischen Filmen erlebt, aber dennoch wissen sie, wovon die Rede ist.

Mobbing hat viele Gesichter.

Ich definiere Mobbing als pure Gewalt. Dem Opfer wird physische oder psychische Gewalt angetan. Die Formen können Tritte oder Schläge, aber auch öffentliche Verachtung oder emotionale Erniedrigung sein. Aber selbst ein nicht böse gemeinter Witz kann als Mobbing aufgefasst werden.

Wenn wir an Mobbingopfer denken, lautet das Stereotyp: Kind, Streber*in, mit einer schwarzen Hornbrille, Zahnspange und Schlaghosen, die bis zum Nabel reichen. Doch so sieht die Realität nicht immer aus. Ja, einige werden für ihr Aussehen gehänselt und dies ist auf jeden Fall eine Form von Mobbing.

Doch einige werden für ihre Leistungen gehänselt. Auf meinem alten Gymnasium war es nämlich so, dass nicht die Streber*innen, sondern die eher leistungsschwächeren Schüler*innen ausgegrenzt wurden. Ausgrenzung ist auch eine Form von Mobbing.

Wieder andere werden für ihre Religion gemobbt – eine Kollegin von mir sagte zu mir, dass sie in der Schule wegen ihres Kopftuchs gehänselt wurde. All diese Hetzereien waren meist als Scherz verpackt.  Rassismus kann auch eine Ursache von Mobbing sein.

Und der Klassiker ist natürlich die körperliche Verletzung. Ich selbst habe zum Glück nur wenige Schulschlägereien miterlebt, aber jede von ihnen war eine zu viel. Körperliche Gewalt ist physisches und psychisches Mobbing gleichzeitig.

Kann man Kinder überhaupt vor Mobbing schützen?

Wann immer ich in „Was wäre wenn“ – Szenarien schwelge, in denen ich ein eigenes Kind habe, stelle ich mir die Frage, wie ich es vor den Gefahren der Welt bewahren könnte. Dann komme ich zu dem Entschluss, dass ich keinerlei Einfluss darauf hätte, was jenseits der Schulmauern passiert. Ich wüsste nicht, ob mein Kind immer ehrlich zu mir ist und alles erzählt – im Tagebuchbeitrag hatte ich das mal erwähnt. Ich wüsste nicht, ob es bei Problemen zu mir kommen würde – ich hatte das schließlich auch nicht gemacht. Ich hätte keinen Einfluss darauf, welche Freundschaften er/sie sich aussucht – schließlich kann ich einem Kind nicht die „richtigen“ Menschen aufdrängen.

Kurz gesagt: Ich kann ein Kind nicht vor Mobbing schützen. Meine Mutter konnte das auch nicht, und ihre Mutter konnte es auch nicht. Diese Tatsache ist unglaublich deprimierend. Ich wünschte, es gäbe eine Lösung, aber ich glaube, sie gibt es nicht. Natürlich können Eltern ihren Kindern gewisse Werte mitgeben, aber wie sie sich entwickeln, hat nicht ausschließlich was mit der Erziehung zu tun.

Was können Eltern bei Mobbing tun?

Es gibt einen Grund, warum ich meiner Mutter nie erzählt hatte, was in der Schule ablief, weil ich genau wusste, dass sie andernfalls mit meinen Lehrer*innen oder Mitschülern gesprochen hätte. Aber das wollte ich nicht – weil „Petzen“ die am meisten gehassten Kinder sind. Ich rate euch also dringend davon ab, über den Kopf eures Kindes hinweg zu entscheiden, weil ihr glaubt, dass es das Beste für sie/ihn ist.

Hier also meine Tipps – aus eigener Erfahrung:

1. Bindet eure Kinder in euren Entscheidungen immer mit ein.

Falls ihr tatsächlich mit einer Lehrkraft sprechen wollt, dann lasst euch die Entscheidung von eurem Kind absegnen. Wenn es vehement dagegen ist und ihr es trotzdem tut, riskiert ihr, dass er/sie euch nichts mehr anvertraut. Sucht also nach einer gemeinsamen Lösung.

2. Meldet eurer Kind für ein Hobby an.

Da ich keinen allzu großen Freundeskreis aus der Schule hatte, hat mein Freundeskreis aus meinem Tanzkurs eine Menge kompensiert. Jede*r braucht Freundschaften, aber diese müssen nicht zwingend in derselben Klasse sein.

3. Motiviert euer Kind für einen Schulwechsel.

Wenn ihr das Gefühl habt, dass es in der Schule überhaupt nicht mehr funktioniert, dann zieht die Reißleine und lasst das Kind die Schule wechseln. Komplett von vorn zu beginnen ist zwar hart und angsteinflößend, aber wenigstens kann man dort von vorn beginnen und sich vielleicht sogar neu erfinden. Ich garantiere nicht, dass es dann besser werden wird, aber zumindest gebt ihr dem Kind eine neuen Chance.

4. Redet redet redet!

Ich kann nur betonen, wie wichtig es ist, mit euren Kids zu reden. Verliert niemals die kommunikative Verbindung zu ihnen. Selbst wenn sie es ungern tun, fragt trotzdem immer wieder nach. Irgendwann wird der Moment kommen, in dem sie doch reden wollen. Seid dann da. Hört zu. Und… Achtung, siehe Punkt 1. Zügelt den Beschützer-Aktionismus.

5. Verhindert, dass unsere Kinder Täter*innen werden!

Wie bereits gesagt, könnt ihr nicht alles an eurem Kind beeinflussen. Was ihr aber tun könnt, ist mit einem guten Beispiel voranzugehen und euren Kindern ganz viel Empathie und Nächstenliebe entgegenzubringen. Erinnert sie stets daran, niemanden so zu behandeln, wie man selbst nicht behandelt werden will. Selbst, wenn es Spaß ist.

Selbst, wenn es „glaubt“, dass das Kind es verdient hat.

Keiner hat Mobbing verdient.

Béa hat auch ein Video zur Gewaltprävention für eine Familienkonferenz mal gemacht, vielleicht interessant für euch? Lässt sich wie ein Podcast anhören…

Ich glaube nicht, dass man Kinder vor Mobbing schützen kann, aber man kann versuchen, sie in jeder Lebenslange zu unterstützen!

Wie seht ihr das?

Hier übrigens ein besonderer Dialog, den ich mir als Kind gern gewünscht hätte:

„Ich fühle mich einsam und allein“ – Ein Gespräch zwischen Mutter und Kind

Liebe Grüße
Mounia

PS.: In meinem Buch „Zwischen meinen Worten“ habe ich eine Protagonistin, die ihre Essstörung geheim hält, um sich vor Mobbing zu schützen. Was für Folgen das für sie hat, erfahrt ihr im Buch! <3

 

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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2 Kommentare

Stephie
Antworten 27. Oktober 2021

Zu diesem Thema kann ich aus tiefstem Herzen den Verein "Zeichen gegen Mobbing" empfehlen.

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