Gruppenzwang beim Mobbing – Sind die, die mitmachen genauso schlimm oder auch „Opfer“?
Mobbing ist ein Thema, über das man meiner Meinung nach nicht genug sprechen kann. Diesmal beschäftige ich mich mit einer philosophischen Frage, denn was ist mit den Menschen, die aus Angst ebenfalls gemobbt zu werden, einfach mitmachen? Sind sie genauso schlimm oder sind auch sie Opfer?
Wer ist schuld?
Diese Kette dehnt sich vermutlich bis in die Unendlichkeit aus. Ist es der Mobber oder seine traumatische Kindheit? Sind es seine Eltern oder sind es deren Eltern? Wo beginnt die Schuldfrage und wo hört sie auf? Und geht es überhaupt um Schuld?
Wir alle sind schon mindestens einem Mobber begegnet. Vielleicht schon im Kindergarten, vielleicht aber auch erst in der Schule oder am Arbeitsplatz. Leider sind sie überall, machen andere Menschen runter, und fügen ihnen körperlichen oder psychischen Schaden zu.
Mobber werden gefürchtet und das verleiht ihnen Macht. Einem Mobber kommt man nicht freiwillig in die Quere. In der Schule habe ich stets versucht, mich mit allen gutzustellen und anderen so wenig Angriffsfläche wie möglich zu geben. Oft hat das funktioniert, in dem ich mich angepasst habe und hauptsächlich neutral geblieben bin. Aber in meiner Schule gab es auch keine Fälle, wie man sie aus amerikanischen High School Filmen kennt. Die Art von Mobbing, die ich beobachtet habe, war nicht ganz so brutal.
Andere haben allerdings Härteres gesehen und erlebt. Neulich habe ich mich mit einer Person unterhalten, die beschämt zugab, dass sie hin und wieder mitmachte, wenn die „Anführerin“ ihrer Clique jemanden runtermachte. Dann gab sie ihr Rückendeckung und lachte mit. Ich war schockiert, weil ich sie überhaupt nicht so eingeschätzt hatte. Neugierig auf ihre Sichtweise sagte sie, dass sie es nur deshalb tat, weil sie sich gezwungen fühlte. Die Anführerin hatte eine derart starke Macht über sie, dass sie völlig eingeschüchtert war und es einfach tat. Obwohl sie wusste, dass es falsch war. Aber besser so, als selbst diejenige zu werden, die gemobbt wurde.
Und dann dachte ich nach.
War sie auch ein Opfer?
Verfiel sie dem Gruppenzwang, weil er nun mal das ist, was er beschreibt? Ein Zwang? War sie so verängstigt, dass sie in ihren jungen naiven Jahren die einzige Lösung darin sah, mitzumachen?
Ja. Offenbar traf genau das zu. Sie war kein schlechter Mensch, aber sie hatte auch Angst. Und das erklärt vieles. Nur ist das eine Rechtfertigung?
Nein!
Verständnis für die andere Seite schaffen, aber nicht rechtfertigen
Ich finde es wichtig, das ganze Bild zu betrachten, und sich alle Sichten anzuhören. So verstehen wir auch die Mobber besser. Aber Verständnis ist NIEMALS eine Rechtfertigung für Gewalt. Tun wir das, relativieren wir die Tat, und das ist falsch.
Sind die, die mitmachen auch „Opfer“?
Ja, gewissermaßen schon. Aber vielleicht sind die Mobber es auch. Die Kette zieht sich wie bereits erwähnt in die Unendlichkeit. Wichtig ist zu erkennen, dass der Schmerz der Opfer und Täter in völlig anderen Dimensionen stehen. Letztendlich geht es den „tatsächlichen“ Opfern von Mobbing immer am schlimmsten, denn diese stehen allein.
Solidarität zeigen!
Um die Mobberkette zu durchbrechen ist es wichtig, Solidarität mit den „Opfern“ zu zeigen, und sich nicht hinter der Ausrede zu verstecken, sonst als nächstes dran zu sein. Kein Mensch sollte verletzt werden, deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam dafür einstehen, wenn wir sehen, dass jemand zu Schaden kommt. Das können wir tun, ohne uns den Mobbern persönlich zu stellen. Nicht mitzumachen ist auch schon hilfreich. Oder anonym mit Lehrkräften, Chefs oder sonstigen Autoritätspersonen sprechen. Tun wir das nicht und sehen nur zu, sind wir meiner Meinung nach nicht viel besser als die Mobber selbst. Eine harte Aussage, ich weiß, aber einfach wegsehen ist auch eine Form von Gewalt.
Während ich diesen Beitrag geschrieben habe, musste ich ganz viel an die Serie „13 Reasons Why“ denken. Ich weiß nicht genau, ob ich euch die Show wirklich empfehle, denn um ehrlich zu sein, finde ich sie wirklich sehr hart. Aber die Serie bemüht sich darum, einen allumfassenden Einblick zu geben – den der Opfer, Mobber, und jenen, die wegsehen. Sie schafft Verständnis für die Charaktere, rechtfertigt ihre Handlungen aber auch nicht. Falls ihr die Serie kennt oder gesehen habt, könnt ihr mir ja gern sagen, wie ihr sie fandet.
Und nun gebe ich die philosophische Frage an euch weiter. Was meint ihr? Sind die, die mitmachen auch „Opfer“? Würdet ihr dem Beitrag etwas hinzufügen wollen, das ich übersehen habe?
Mehr zum Thema Mobbing findet ihr hier:
Schritt für Schritt raus aus der Mobbing-Traumatisierung – Gastbeitrag von Babsy Müller
Liebe Grüße
Mounia