Kann man überhaupt noch Telefonlisten anlegen? Unsicherheit wegen DSGVO im Schulalltag


Ich, Béa, muss zugeben, dass mir das Thema DSGVO – also DatenSchutzGrundVerOrdnung – tierisch auf den Keks gegangen ist… Klar habe ich als Blogbetreiberin meine Hausaufgaben brav gemacht und mit einer renommierten Anwaltskanzlei das Thema Datenschutz bei Tollabea nach bestem Wissen und Gewissen klargezogen.

Ich wollte aber eigentlich schon längst was darüber schreiben, was ich der ganzen Panikmache dazu entgegensetze. Nun ist mir Nina alias Frau Papa mit dieser Beobachtung zuvorgekommen.

Ab hier schreibt Nina zur DSGVO – im Schulalltag

Ich sitze vor dem Büro der Schuldirektorin und beobachte das Aquarium. Vor mir ist ein großes Schaubild mit allen Lehrkräften, Elternvertreter*innen und den Erzieher*innen aus der Ganztagsbetreuung. Sogar der Hausmeister lächelt dort von einem Foto. Fröhliche Gesichter, liebevoll in ein Schulgebäude gebastelt und unter jedem Bild ein Name.

„Dürfen die Kinder noch die Namen auf die Bilder schreiben?“

Zwei Lehrerinnen begegnen sich im Gang und unterhalten sich. Thema ihres Gesprächs ist die DSGVO, die Datenschutzgrundverordnung. Ich kann dem Tonfall anhören, dass das Thema sehr aufwühlt. Die eine meint, sie wisse nicht, ob sie überhaupt noch eine Telefonliste machen dürfe, die andere hat den Kalender mit den Geburtstagen von der Wand genommen. Die Wand wäre, so meint sie, so leer und die Kinder würden in Kunst nun Bilder malen, aber: Ob die Kinder noch die Namen sichtbar auf die Bilder schreiben dürfen?

Heute ist die DSGVO das Topthema bei der wöchentlichen Lehrerkonferenz, erfahre ich, als die beiden an mir vorbei gehen. Am liebsten will ich mitgehen und teilnehmen.

Überall sind Daten

Ich bin in der Klasse meiner Kinder Elternvertreterin und für mich ist klar, dass alle Eltern meine Kontaktdaten haben. Viele Eltern nutzen diese auch. Ich bekommen Nachrichten über WhatsApp, SMS und auch Anrufe. Meine Daten sind in gewisser Weise öffentlich. In den letzten Wochen wurden mir aber Fragen gestellt, bei denen ich nur den Kopf schütteln konnte.

Eine Mutter wollte wissen, was sie ins Freundebuch eines Kindes schreiben muss, weil ja dort wirklich alle Daten stehen würden – Namen, Adresse, Geburtstag, Hobbies,… die Kinder wären ja so leichtgläubig und gäben einfach alle Daten raus. So ein Freundebuch sei ja nur eine Erfindung, damit Kinder lernen, sich an Formulare und das kommerzielle Einsammeln aller Daten zu gewöhnen. Ganz ehrlich, was sollte ich da antworten.

Was wir uns beim Thema Datenschutz fragen sollten

Das Freundebuch ist eigentlich ein gutes Beispiel. Ja, es werden dort definitiv Daten gesammelt. Die erste Frage, die ich mir immer stelle, wenn es um Daten geht: Wer will meine Daten? Ich will meine Daten nicht jeder Person und nicht jedem Unternehmen geben. Ich will auch wissen wofür meine Daten verwendet werden und ich möchte einfach eins tun können: Wenn mir jemand auf die Nerven geht, dann sagen: „Lass mich einfach in Ruhe, ruf mich nicht mehr an!“ – Etwas, das ich seit den 80er Jahren mit vielen Menschen immer wieder praktiziert habe. Damals war aber auch alles anders… In einem kleinen Büchlein standen die Namen aller Freunde, Bekannten und Kollegen mit Telefonnummer und oft mit Geburtsdatum. Ein paar Striche mit dem Kugelschreiber, und ein Datensatz war gelöscht.

Das böse Internetz und die fiese Datenkrake

Heutzutage ist es aber auch schwer. Wenn ich jemanden meine Telefonnummer oder E-Mail gebe, dann kann diese Person meine Daten ja ungefragt weitergeben. Und genau vor dieser Frage werde ich heute Abend wieder stehen. Die Kinder in den Klassen möchten sich in den Ferien verabreden, deshalb soll ich beim Elternabend fragen, wer in eine Telefonliste aufgenommen werden möchte. Man verlangt, dass ich offenlege, wie ich diese speichere. Nein, nicht die DSGVO verlangt das. Ich sammle ja die Daten nicht für gewerbliche Zwecke. Die Eltern verlangen das. Sie möchten wissen, wer die Liste zu sehen bekommt und wie ich verhindern würde, dass Fremde auf die Daten zugreifen. Dahin geht der Plan, die Liste an meinen Kühlschrank zu heften. Ich überlege, mir einen Safe für Telefonlisten zuzulegen.

Schmunzelnd muss ich an die Comics meiner Jugend denken, in denen Agenten Aufträge auf Papier bekamen, das sich nach dem Lesen selbst zerstörte. Früher war das alles leichter. Da lagen dicke Bücher in den Telefonzellen und ganz einfach mit dem Finger konnte man die Person finden und kontaktieren.

Wer sammelt meine Daten und wofür?

Daten sind zum Handelsgut geworden. Es ist kein Geheimnis: Gute Daten sind pures Gold. Unternehmen kämpfen darum Daten zu erfassen und möglichst gezielt zu nutzen. Werbung muss die Wünsche treffen, dann wirkt sie noch viel besser. Unternehmen und Netzwerke sammeln und verkaufen unsere Daten. Und mittendrin stehe ich mit meiner popeligen Telefonliste und schaue das Bild am Flur der Schule an. Weiß ich denn, wem ich meine Daten anvertrauen kann? Kann ich mich denn irgendwo noch im Internet bewegen, ohne von einer gefräßigen Datenbank ausgesaugt zu werden?

Die Lehrerinnen gehen an mir vorbei. Die Konferenz ist zu Ende. Die beiden stellten erleichtert fest, dass die Geburtstage auch in Zukunft gefeiert werden dürfen und offenbar muss ich nicht damit rechnen in einem Kerker zu landen. Ich werde eine Liste mache und sagen: „Meine Kinder wollen sich in den Ferien gerne mit ihren Freunden verabreden. Wer nicht auf die Liste will, lässt das Feld leer.“ – Wie viel sind wohl meine Daten wert und warum kann ich mit meinen Daten bisher kein Geld verdienen?

Wie geht es euch mit dem Thema DSGVO – im Schulalltag? Was bekommen eigentlich die Kinder so mit?

Liebe Grüße von

Nina aka Frau Papa und Béa

P.S. Ich (Béa) sammle mal eure Antworten und werde noch mal was dazu schreiben.

P.P.S. Von Nina, über Twitter, zum Schmunzeln:

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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