Schritt für Schritt raus aus der Mobbing-Traumatisierung – Gastbeitrag von Babsy Müller
Zu unserer Frage nach dem Bewältigen der Mobbing-Traumata aus der Kindheit haben wir folgende bewegende Lebensgeschichte von Babsy Müller erhalten:
Ich war schon als Baby eher ruhig und dann wurde bei mir mit zwei Jahren festgestellt, das mein Aortenbogen verengt war. Um mich zu retten, musste ich operiert werden, das alles kurz vor dem beginn des Kindergartens… Nach der OP war alles gut und ich konnte wie geplant in meine Kindergartengruppe, musste mich aber wegen der OP-Narbe schonen, was dazu führte das ich nicht so wie die anderen Kinder toben konnte und so wurde ich zum Aussenseiter..
Und schon im Kindergarten begann mein Mobbing.
Mit was ich spielte wurde mir weggenommen, ich wurde geschubst oder ignoriert, aber für eine 3 jährige ist das noch nicht so schlimm. Aber das Mobbing zog sich durch meine gesamte Schulzeit, also Grundschule, Hauptschule, zweijährige Berufsfachschule und Abitur.
Die schlimmsten Dinge, an die ich mich erinnere sind, dass mir meine Mitschüler die Schulhefte nassgemacht haben, mir wurde „BSE-Kriegerin nachgerufen wurde oder wenn ich jemand berührte gerufen wurde, er hat das „Barbara-Virus“.
Viele haben mich ausgenutzt, weil ich hilfsbereit war.
Ich hatte in der Hauptschule eine „Freundin“, die kam regelmäßig und sagte, ihre Eltern haben kein Geld… ob ich ihr was leihen kann? Sie gäbe es mir wieder! Jedes mal auf Nachfrage vertröstete sie mich. Das Ganze ging knapp ein 3/4 Jahr, bis ich sie mit ihren Großeltern erwischte und sie zur Rede stellte. Ende der Geschichte: Sie hatte immer was dabei – wollte sich aber lieber was beim Bäcker holen. Danach war’s das auch mit der „Freundschaft“. Oder jeder wollte Hausaufgaben abschreiben…
Meine Lehrer haben immer versucht, das Mobbing einzudämmen, aber es hab nie etwas genutzt.
Zuhause hat meine Mama mir Halt gegeben. Aber mein Papa… Ich weiß, er wollte mir nur helfen, er meinte, wenn sie mich so ekelhaft finden, muss ich eben abnehmen, das ich nicht mehr so fett bin….. das war ein dicker Stich in mein kindliches Herz!
In der 2-jährigen Berufsfachschule hatte ich schon etwas mehr Halt durch Klassenkameraden.
Aber ich war immer noch eine Aussenseiterin, eine Mitschülerin hatte es extrem auf mich abgesehen, schlug mich oder versuchte mich aufzuhetzen. Und gegen Ende des ersten Jahres meinte meine Klassenlehrerin dann auch noch, ich als Mobbingopfer sei „selber schuld“ und müsse an mir arbeiten, das ich nicht mehr in die Opferrolle schlüpfe und mich angreifbar mache…
Im Abitur hatte ich dann endlich einen Freund an meiner Seite, da prallten die Sprüche eher an mir ab. Aber dann blieb er sitzen und ich war wieder allein, aber diesmal lies das direkte Mobbing nach, da war es eher unterschwellig eine Ablehnung gegen mich als Aussenseiter.
Meine Englischlehrerin meinte in der 12. Klasse, ich sei zu blöd fürs Abitur und solle doch bitte die Schule verlassen und sie vor meiner Blödheit schützen, so jemanden können sie nicht unterrichten!
Nach dem Abi kam mein Eintritt ins Arbeitsleben mit einem FSJ, die 5 Seminare waren absolut genial, ich war beliebt und jeder wollte mit mir arbeiten. Aber meine Chefin….. war… sagen wir mal sehr launisch! Sie trug mir auf, meine Kollegen zu unterstützen. Hab ich dies gemacht, hat sie mich gerügt und zum putzen verdonnert, alles weil ich einfach mehr wusste als „normale“ Schüler, da meine Schuldausbildung den Profilbereich Pflege hatte.
Nach diesem HorrorFSJ hab ich dann eine Ausbildung in einem anderen Heim begonnen, da begann sich meine Seele zu regenerieren.
In der Schule war ich eine der Klassenbesten, selbst in der Praxis an den zu Pflegenden hatte ich bestnoten! Jeder wollte das ich mit ihm arbeite und ihm helfe. Im ersten Schulblock hat sich meine Nebensitzerin als Mobberin, wegen Neid auf meine Leistung, probiert, wurde jedoch gleich beim ersten Versuch von der restlichen Klasse absolut niedergetrampelt, von da an nie wieder ein Versuch des Mobbings!
Insgesamt ist dies ein langer Leidensweg
Zu dem ganzen Mobbing kam eine Vergewaltigung (#metoo) durch meinen ersten Freund. Ich habe angefangen, mich zu ritzen… In der 11. Klasse habe ich einen Suizidversuch gemacht. Eine 6-monatige ambulante Therapie beim Psychiater hat mir leider wenig gebracht.
Erst mein jetziger Partner hat mir geholfen meine Probleme zu erkennen und er gibt mir die Stärke sie zu bearbeiten, bin noch mitten drin!
Mit ihm kann ich über alles, was mich bedrückt, reden, er unterstützt mich im täglichen Leben wenn mir meine Diagnosen mal einen Strich durch die Rechnung machen und kümmert sich rührend um unsere Maus! Mit den Gefühlen und dem Zeigen übt er zwar noch. Aber wenn er merkt, dass meine Stimmung kippt oder es mir schlecht geht, ist er da und hält mich, dass ich nicht falle!
Er ist mein Fels in der Brandung des Lebens mit psychischen Erkrankungen.
Und auch unsere Tochter, 2 Jahre, hilft mir vieles aus meiner Kindheit aufzuarbeiten und meine Kindheit nochmal selbst zu erleben und zu reflektieren.
Natürlich habe ich immer Angst, dass sie das selbe Schicksal ereilt wie mich, mit dem Mobbing.
Ich stehe hinter ihr, stärke ihr den Rücken und versuche sie so gut es geht zu einer selbstbewussten jungen Frau heranwachsen zu lassen, die an sich glaubt und weiß, was sie wert ist! Eben alles was ich erst jetzt lernen muss, möchte ich ihr jetzt schon mit geben, das sie sich im Falle des Falles gegen Mobber wehren kann. Und zu sehen wie toll sie in der Kita bisher angenommen wird, lässt meine Ängste etwas schwinden und hoffnungsvoll in unsere Zukunft blicken…
Das ist meine Geschichte und die hat mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin!
Babsy Müller
Herzlichen Dank, liebe Babsy, dass du diese Geschichte mit uns teilst.
Was wir nun suchen, angeregt auch durch die Community, sind positive Geschichten, wie Eltern bei Mobbing ihren (oder aber auch anderen Kindern) helfen, oder geholfen haben!
Auch andere Themen und Erlebnisse von euch sind uns willkommen! Schickt uns am besten eine PN über den Messenger: https://m.me/tollabea (übrigens, dann fragt euch das Ding, ob ihr News von uns erhalten wollt… Ein „Ja, geht klar, würde uns freuen!)
Titelbild: Photo by Roman Kraft on Unsplash
- 02. Nov 2018
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