Kein Switch bei den Sprachen – Kinder erfolgreich bilingual erziehen
Viele Menschen werden bilingual, manchmal sogar trilingual erzogen. Ich selbst bin ein Teil dieser Gruppe und habe mit den Jahren gelernt, wie wichtig es für die Sprachförderung ist, auf keinen Fall mit den Sprachen zu switchen.
Sprachen lernen sich früh. Viele Eltern bringen ihren Kindern daher gleich zu Beginn noch eine zweite Sprache bei. In meinem Fall war die zweite Sprache Arabisch. Meine Mutter hat mit uns Kindern fast nur auf Arabisch gesprochen, mit meinem Vater bin ich bei Deutsch verblieben. Das Lernen an sich war überhaupt nicht schwer. Zwar habe ich wohl als Kleinkind oft ein Mischmasch aus beiden Sprachen geredet, aber mit der Zeit war mein Sprachsystem insofern entwickelt, um zu unterscheiden, in welchen Kontexten ich welche Sprache verwendete.
Jahrelang ging das gut. Bilingual zu sein brachte mir viele Vorteile ein. Ich konnte Sprachen immer besser lernen als andere Schulfächer. Besonders leicht fiel mir Französisch, weil das marokkanische Arabisch (die Vokabeln) sehr an die französische Sprache gelehnt, teilweise sogar identisch ist.
Sprache kann gelernt und wieder verlernt werden
Kommen wir zu einem Problem, dass sicher viele kennen, die nach der Schule nie mehr Englisch oder Französisch gesprochen werden. Sprachen können zwar gelernt, aber auch wieder verlernt werden. Jede Sprache muss gepflegt werden. Rostet sie ein, vergessen wir sie, selbst, wenn es die eigene Muttersprache ist. Meine Mama muss sich immerzu von ihren Verwandten anhören, dass ihr Arabisch ganz schön abgestumpft, weil sie im Alltag viel mehr Deutsch spricht. Und Béa sagt immer, dass ihr Rumänisch nicht leicht fällt…
Und so ist es auch bei mir. Die einzige Person, mit der ich regelmäßig auf Arabisch rede, ist meine Mutter. Außerdem gibt es da eine Sache, die ich mache, allerdings keinesfalls fördernd ist: Ich switche von einer Sprache in die andere.
Sprachen-Twist
Ihr müsst euch das so vorstellen: Ich unterhalte mich mit meiner Mutter über meinen Tag (auf Arabisch), dann finde ich ein Wort nicht, zum Beispiel Stuhl, und ersetze es durch den Deutschen Begriff. Manchmal deklinere ich auch die arabischen Worte im Deutschen, wenn ich mich nicht mehr an eine bestimmte Endform erinnere. Das könnt ihr euch ähnlich wie das berühmte „Denglisch“ aus dem Arbeitsleben vorstellen: „Ich bin so burried mit Tasks, ich habe gar keine Work-Life-Balance mehr!“
Meine Mutter versteht natürlich immer, was ich sage – und schlimmer noch: Sie tut genau dasselbe!
Und das ist nicht gut. Zumindest nicht für die Sprache.
Denn dadurch wird das Gehirn faul.
Es nimmt sich nicht mehr die Zeit, um nach dem Wort zu suchen, es ersetzt es einfach in einer anderen Sprache. Und dadurch vergisst es das Wort nach einer Weile, selbst ein so einfaches Wort wie Stuhl.
Lange Zeit war mir nicht bewusst, dass ich das mache. Die Kommunikation war einfach und simpel. Aber dadurch rostet die Sprache ein. Außerdem wird die Hemmschwelle immer größer. Beispielsweise traue ich mich heute überhaupt nicht mehr mit fremden Leuten auf Arabisch zu reden, weil mein Akzent so grottich ist. Selbst mit einer guten arabischen Freundin rede ich nur auf Deutsch, weil ich mich vor meinem Akzent fürchte.
Verlernte Sprache wieder erlernen
Nun bleibt mir nichts anderes übrig, als die Sprache wieder zu lernen. Das ist leichter als bei einer komplett neuen Sprache, weil ich die Vokabeln schon kenne! Trotzdem dauert es seine Zeit, und vor allem ist es wichtig, mit der sprechenden Person nur auf einer Sprache zu kommunizieren.
Für meine Mutter und mich heißt das, nur noch auf Arabisch zu sprechen. Das ist gar nicht so leicht, weil wir ganz automatisch wieder zurückfallen und vor allem in der Öffentlichkeit oft auf Deutsch reden (um andere nicht auszuschließen). Aber wir müssen hartnäckig bleiben und uns die Zeit nehmen, um nach einem Wort zu suchen.
Wichtig ist auch VIEL zu sprechen. Kein kurzer Smalltalk, sondern richtige lange Konversationen, wie wir sie im Deutschen (oder einer anderen Sprache) führen. Je mehr wir das Sprechen üben, desto mehr setzt es sich in uns fest!
Übrigens wird in bilingualen Haushalten grundsätzlich immer geraten, dass mit einem Elternteil ohen Ausnahme immer eine und mit dem anderen die andere Sprache gesprochen wird. Dadurch lernt das andere Elternteil manchmal sogar selbst ein bisschen mehr von der anderen Sprache. Mein Vater kann z.B. bis heute Smalltalk auf Arabisch führen!
Erzieht ihr eure Kinder auch in anderen Sprachen? Wenn ja, was sind eure Erfahrungen/Eindrücke dabei?
Noch mehr zum Thema bilinguale Erziehung findet ihr hier:
Liebe Grüße
Mounia
P.S. Vielleicht interessiert euch das Thema Früh-Englisch für eure Kinder? Das ist zwar keine bilinguale Erziehung, aber ein früher Kontakt mit einer anderen Sprache, und zwar durch die Immersionesmethode – d.h. eigentlich nach dem gleichen Prinzip, wie bilinguale Kinder Sprache lernen, nur in kleineren Portionen.
Béa ist die Expertenstimme unseres Kundens Novakid:
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