Clique – beste Freunde oder beste Feinde? Gastbeitrag von Sandra und Christin Paul – Teil 2


Was tun, wenn die Eltern vergessen sind und es fürs Kind nur noch die Clique gibt? Cally Stronk und Constanze von Kitzing haben ein Erfolgsbuch für Teenies rausgebracht, in dem unter anderem auch das wichtige Thema Clique aufkommt.

Beste Freunde oder beste Feinde? Hier ein Gastbeitrag von Sandra und Christin Paul:

„Wo willst du denn schon wieder hin?“
„Zu einer Freundin, kennst du nicht.“
„Okay… Was wollt ihr denn machen? Wann kommst du wieder nach Hause?“
„Mensch, Mama. Was für die Schule. Kann spät werden, tschau!“

Und ehe Sie verwundert die Frage: „Schon wieder ein Schulprojekt? Seit wann interessierst du dich denn so für die Schule?“ stellen können, fällt die Tür ins Schloss. Sie nehmen sich vor, später noch mal anzumerken, dass „die neue Freundin“ ja auch mal herkommen kann. Überhaupt haben Sie das Gefühl, gar nicht mehr Bescheid zu wissen, wenn es um die Freizeitaktivitäten Ihres Kindes und dessen Freundeskreis geht. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Die Clique, also der engste Freundeskreis Ihres Kindes, nimmt während der Pubertät einen sehr hohen Stellenwert ein.

Es ist unwichtig, ob Ihnen die Schuhe Ihres Kindes gefallen, solange die Freunde sie „cool“ finden. Als Teenager möchte man um jeden Preis gemocht, bestenfalls bewundert werden von seinen Freunden. Um das zu erreichen, sind so ziemlich alle Mittel erlaubt (auch das Verstecken der „unheimlich peinlichen“ Eltern, wie wir letztes Mal festgestellt haben).

Dennoch kann gerade während der Pubertät an einem Tag alles ganz anders sein als gestern – die Stimmung, der Musikgeschmack, die Einstellung gegenüber dem Essen („Mama, ich bin jetzt übrigens Vegetarier.“) – aber auch die Harmonie und das Ansehen in der Clique.

Ein Phänomen, was die Kinder- und Jugendbuchautorin Cally Stronk in Ihrem neuen Buch „Unheimlich peinlich“ aufgreift und in den schillerndsten Farben wiedergibt, denn auch darin geht es um ein Mädchen, Ruby, die unbedingt gut in der neuen Klasse aufgenommen werden möchte und die alles versucht, um nicht als „merkwürdig“ angesehen zu werden.

Das, was in „Unheimlich peinlich“ an typischen Problemen in der (Vor-)Pubertät aufgegriffen wird, kommentieren und erklären wir, Sandra und Christin Paul aus der Paul & Paula Akademie, in mehreren Blogbeiträgen für Sie. Als gelernte Erzieherinnen, Seminarleiterinnen und Mutter und Tochter wissen wir nur allzu gut um die Probleme für Eltern und Kinder während der Pubertät. Widmen wir uns also dem Phänomen der Clique.

Denken Sie doch mal an die glücklichen Tage zurück, als Ihr Kind noch klein war.

Damals, da waren Sie noch gefragt, wenn es darum ging, den Kindergeburtstag für Ihren Sohn oder Ihre Tochter auszurichten, da waren Sie die Heldin, wenn Ihr Kind Besuch hatte und Sie abends Pommes und Chicken Nuggets für beide gemacht haben. Sie waren „die beste Mama der Welt“ (oder „der beste Papa überhaupt“), wenn Ihr Kind doch noch eine halbe Stunde länger draußen bleiben durfte oder Sie erlaubt haben, dass Ihr Sprössling am Wochenende den Film doch noch mitgucken kann.

Dinge, über die Sie jetzt nur noch müde lächeln können, denn so einfach ist es schon lange nicht mehr, in der Gunst Ihres Kindes zu steigen. Das mag noch mit Taschengelderhöhungen, selbstgeschriebenen Entschuldigungszetteln für den Sportunterricht oder die Schule oder kleinen Präsenten (die brandneuen Marken-Turnschuhe zum Beispiel, die jetzt alle haben…) funktionieren, aber auch nicht mehr so nachhaltig, wie es damals mal der Fall war.

Also: Woran liegt’s? Die gute Nachricht: nicht an Ihnen!

Wie in unserem letzten Blogbeitrag beschrieben, müssen sich Jugendliche von ihren Eltern abgrenzen, um zu eigenständigen Persönlichkeiten heranzuwachsen. Das ist normal und gesund, wenn auch nicht immer so einfach – für Sie und für den Jugendlichen.

Sie haben vielleicht folgende Bedenken oder Gedanken:

„Sind diese neuen Freunde denn überhaupt der richtige Umgang für mein Kind?“
„Kommen andere Dinge da nicht zu kurz, zum Beispiel die Zeit mit der Familie oder die Schulaufgaben?“
„Was machen die denn immer die ganze Zeit, wenn sie sich jeden Tag sehen?“

Antwort auf Frage eins: bestenfalls schon, im anderen Fall… halt nicht. Dennoch ist es so, dass Cliquen keineswegs zufällig entstehen, auch wenn das den Jugendlichen oftmals selbst nicht bewusst ist. Es kann meistens beobachtet werden, dass sich Jugendliche mit ähnlichen Interessen zusammenfinden, das gleicht dann einer Interessengemeinschaft – eine große Gemeinsamkeit besteht meistens, ob es nun der Sport, der Musikgeschmack, Büchergeschmack etc. ist. Gefährlich wird es, wenn eine Clique aus Mangel an Alternativen entsteht, was besonders häufig in Gegenden passiert, wo vor allem bildungsferne Familien leben, die oftmals die deutsche Sprache noch nicht ausreichend beherrschen, um sich voll integrieren zu können. Negative Verhaltensmuster (übermäßiger Alkoholkonsum, überspitzte Risikobereitschaft u.Ä.) können sich in solchen Gruppen schnell verfestigen und verschlimmern.

Zu Frage zwei: Auf jeden Fall werden Sie und Ihre Familie Abstriche machen müssen.

Wenn man seine ganze Aufmerksamkeit der Clique schenkt, bleibt nun mal weniger Zeit für Familie und Co. Das tut weh, ist aber normal, denn: die Freunde übernehmen einige extrem wichtige Aufgaben für die Reifung und Weiterentwicklung des Jugendlichen. Gemeinsam werden verschiedene Rollen, Regeln und Normen ausprobiert – etwas, das auf das spätere Leben in der Gesellschaft vorbereitet. Zudem stärken sich die Mitglieder einer Clique gegenseitig den Rücken. Kummerkasten, Ratgeber, Motivator, Tröster – das und noch mehr sind die Freunde für einen Jugendlichen (und ja, natürlich wären Sie das auch jederzeit für Ihr Kind und das weiß Ihr Kind auch, hier geht es aber darum, zu erfahren, dass auch außerhalb der Familie Rückhalt vorhanden ist).

Die Antwort auf Frage drei lautet: Auch wenn Jugendliche scheinbar gar nichts machen, laufen wichtige Prozesse ab. Das Wir-Gefühl, das die Gruppenmitglieder miteinander verbindet, stärkt das Selbstbewusstsein jedes Gruppenmitglieds. Wichtig ist hier, dass der Teenager sich als Teil eines Ganzen erlebt.

Wir haben an der Stelle eine gute Nachricht für Sie:

Die Bedeutung der Clique nimmt mit der Zeit wieder ab.

Wenn die „Entwicklungsaufgaben“ alle erfüllt sind, also die einzelnen Individuen so gefestigt sind, dass sie bereit für eine richtige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind, wird zunehmend weniger Zeit mit den einzelnen Gruppenmitgliedern verbracht – mehr Zeit für die Familie!

Also: Sehen Sie es entspannt und versuchen Sie, die Zeit, die Sie auf einmal haben, für sich und Ihre Projekte zu nutzen.

Wichtig: Vermitteln Sie Ihrem Kind trotzdem zu jeder Zeit, dass Sie da sind, wenn es reden möchte oder Hilfe braucht – zum Beispiel, wenn es mal wieder Streit mit den Freunden gab und es Ihrem Kind scheint, das wäre das jetzt das Ende der Welt, die Freunde würden es hassen und überhaupt sei alles schrecklich. Zeigen Sie auch weiterhin Interesse an dem, was Ihr Kind treibt und fragen Sie nach den Freunden, zum Beispiel, wie sich Ihr Kind und der/die Freund*in kennengelernt haben, was für Hobby er/sie hat etc.

Liebe Grüße

Sandra & Christin Paul

Und zu den Autorinnen:

Cally Stronk ist Autorin. Sie wollte schon immer mal eine Geschichte schreiben, die auf einem Friedhof spielt. Denn sie hat in ihrer Jugend (fast direkt) neben einem Friedhof gewohnt. Ganz zufälligerweise hat Cally auch einen kleinen und einen großen Bruder, ansonsten ist die Geschichte aber auf jeden Fall komplett ausgedacht 😉 Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig, alles andere wäre doch unheimlich peinlich!

Constanze von Kitzing ist Illustratorin. Sie musste als Kind immer in der Dämmerung über den Friedhof gehen, um vom Bauernhof Milch zu holen. Deshalb hat sie jetzt vor nichts und niemandem mehr Angst. Na gut, außer vor Spinnen, Dunkelheit, zu schnellen Autos, davor dass das Essen anbrennt, dem Klimawandel und vor schlechten Rezensionen.

Zur Transparenz, wie immer:
* = affiliate Links – sonst bekomme ich kein Geld, dass ich das blogge… aber der Content für euch ist auch geschenkt. 

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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