„Mach das beim nächsten Mal anders.“ – Ein Gespräch zwischen Schülerin und Lehrer


Jede*r hatte schonmal eine Lehrkraft, die er*sie nicht besonders leiden konnte. Deshalb ist Kommunikation immer sehr wichtig, denn nur so begegnen wir einander auf Augenhöhe. Hier ist also ein wichtiges Gespräch zwischen Schülerin und Lehrer.

Ein Gespräch zwischen Schülerin und Lehrer

Herr K: Mounia?

Ich: Ja?

Herr K: Bleibst du noch im Klassenraum? Ich möchte kurz mit dir sprechen.

Ich (nervös): Okay.

Warte, bis alle aus der Klasse sind. Dann stelle ich mich zu ihm an den Pult.

Herr K: Ich habe bemerkt, dass du die Mathehausaufgaben anders gemacht hast als die anderen.

Ich: Ja, ich habe sie mit meinem Nachhilfelehrer bearbeitet.

Herr K: Das ist ja schön und gut, aber du hättest die Formel anwenden sollen, die wir im Unterricht durchnehmen. Diese kommt auch in der Klassenarbeit ran.

Ich: Oh. Tut mir leid.

Herr K: Es ging nicht darum, auf die richtige Lösung zu kommen, sondern, mithilfe dieser Methode richtig anzuwenden.

Ich: Soll ich die Hausaufgaben nochmal machen?

Herr K: Das wäre schön, ja.

Ich: Okay.

Herr K: Warte. Da ist noch was.

Ich (werde wieder nervös): Was denn?

Herr K: Ich weiß, dass du sehr schüchtern bist, aber die mündliche Note zählt sehr viel. Wenn deine Noten schon nicht so gut sind, kannst du wenigstens versuchen, im Unterricht viel mitzumachen. Wenn du etwas nicht verstehst, kannst du immer nachfragen. Hauptsache, du hebst dein Schnitt ein bisschen an.

Ich: Okay. Ich versuch’s.

Herr K: Sehr gut. Dann kannst du jetzt gehen.

Ich: Okay. Bis morgen.

Herr K: Bis morgen.

Dieses Gespräch hat es nie gegeben.

In Wahrheit lief es ganz anders ab. Da ich immer sehr schlecht in Mathe war, war ich froh, dass mein Nachhilfelehrer mich dabei unterstützte. Ich freute mich sehr, dass ich sie ausnahmsweise selbst erledigt hatte und nicht von jemandem abschrieb, weil ich einfach nichts verstand. Mein Mathelehrer hatte mich ohnehin sehr auf dem Kieker. Ich war eine der schlechtesten Schülerinnen in Mathe und machte nie mit, weil ich einfach nichts verstand. Egal, wie oft er es mir erklärte, ich begriff es nicht. Egal, wie oft er mich zur Tafel rief, ich konnte die Aufgaben nicht lösen.

Als er an jenem besagten Tag an meinen Tisch vorbeikam und sah, dass ich meine Hausaufgaben anders gelöst hatte als der Rest, brannten bei ihm die Sicherungen durch. Er schlug auf meinen Tisch und schrie mich so laut an, dass die gesamte Klasse verstummte.

„MOUNIA, BIST DU BLÖD?! DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN! DU SOLLTEST SIE GANZ ANDERS LÖSEN!“, brüllte er. Sein Kopf war feuerrot vor Zorn.

„WAS BRINGT ES, WENN DU DIE AUFGABE SO BEARBEITEST, WENN DU SIE IN DER KLASSENARBEIT IMMER NOCH NICHT KANNST???“

Mir traten Tränen in die Augen und ich senkte den Kopf, weil ich nicht wollte, dass er sah, wie verletzt ich war. Alle starrten mich an, teilweise mitleidig, teilweise belustigt. Natürlich verstand ich sein Argument, aber seine Reaktion fand ich trotzdem falsch.

Er blieb an meinem Tisch stehen und tobte weiter. Obwohl er nun die ganze Klasse anbrüllte und ebenfalls alle den Kopf gesenkt hielten, fühlte nur ich mich angesprochen. Ich war der Grund, warum er so ausgeflippt war. Ich hatte die Aufgabe falsch gelöst. Ich fühlte mich wie die Dumme, die es nicht einmal hinbekam, die Aufgabe mit der richtigen Formel anzuwenden.

Nach diesem Ereignis hatte ich Angst vor meinem Lehrer.

Ich traute mich noch weniger zu sagen und meine Noten wurden noch schlechter. Mein Lehrer begriff vermutlich, dass er zu weit gegangen war, aber er entschuldigte sich nie. Hätte er es getan, hätte ich auch mit der Situation abschließen können. Alle Menschen machen Fehler, auch Lehrer*innen. Doch er tat es nicht.

Dieser Ausbruch prägte im Übrigen die ganze Klasse. Niemand traute sich, ihm blöd zu kommen, um nicht wie ich zu enden: Erniedrigt und verängstigt. Bei fast jedem hob sich der Schnitt, bei mir sank er immer weiter. Als wir im nächsten Schuljahr eine neue Lehrerin bekamen, waren meine Noten zwar nicht groß besser, aber dafür hatte ich wenigstens keine Angst mehr vor dem Matheunterricht.

Ich hätte mir einen Dialog wie diesen weiter oben gewünscht.

Einen persönlichen Austausch, indem sich beide auf gleicher Augenhöhe begegnen und sich wieder anschreien noch bloßstellen.

Ein paar Jahre später traf ich ihn durch Zufall bei DM wieder.

Sobald ich ihn sah, zog sich mein gesamter Magen zusammen. Ich hatte immer noch Angst vor ihm. Er jedoch plauderte fröhlich mit mir, als hätte es seinen cholerischen Moment nie gegeben. Als ich ihm sagte, dass ich nun vom Gymnasium auf die Gesamtschule gewechselt hätte und meine Mathenoten jetzt besser wären, freute er sich für mich. Ich nickte nur krampfig und rannte davon.

Wenn ich in die Zeit zurückreisen könnte…

…würde ich meinen Lehrer zur Seite ziehen und ihn dazu auffordern, sich bei meinem früheren Ich zu entschuldigen. Ausbrüche sind menschlich, aber wenn das Kind keine Entschuldigung kriegt, glaubt sie, dass sie es nicht anders verdient. Ein Kind blöd zu nennen und es stehen zu lassen, geht einfach zu weit.

Soweit meine kleine Geschichte. Habt ihr ein ähnliches Erlebnis mit Lehrer*innen gehabt?

Hier ein weiterer Dialog, den es nie gegeben hat:

„Ich fühle mich einsam und allein“ – Ein Gespräch zwischen Mutter und Kind

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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3 Kommentare

Nicole
Antworten 9. Oktober 2020

Ich habe eine ähnliche Erfahrung in der Grundschule gemacht. Ich war auch nie gut in Mathe und meine Klassenlehrerin war eine Anhängerin der schwarzen Pädagogik. Eines Tages mussten wir an einer Art Zahlentafel eine Aufgabe lösen und wurden nach vorne gerufen. Als ich an der Reihe war, stand ich vorne und wusste nichts. Da drehte sie sich zur Klasse um und rief hämisch: "Jetzt schaut sie euch an, wie dumm sie ist, so blöd kann man doch gar nicht sein". Ich bin weinend zum Platz zurück, die meisten haben gelacht. Ich habe mich so sehr geschämt, dass ich es erst meiner Mutter gesagt habe, als ich schon erwachsen war. Ich war auch danach nie gut in Mathe und habe heute noch große Probleme damit. Kleines Beispiel: Mit 32 habe ich eine Umschulung gemacht und unser Dozent wollte einen Status unseres Mathe-Wissens haben. Ich saß vor den Dreisatzaufgaben und habe nichts verstanden. Aus lauter Verzweiflung habe ich still vor mich hin geweint. Erwachsene Frau, bereits eine Ausbildung, weint in der letzten Reihe wegen einer scheinbar unlösbaren Dreisatzaufgabe.... Das Erlebnis hat mich offenbar nachhaltig geprägt..

Angela
Antworten 9. Oktober 2020

Das hätte mein Mathelehrer in der Mittelstufe sein können! Wir hatten immer "Steh-Rechnen" wenn die Unterrichtsstunde anfing. Wir alle mussten uns hinstellen und dann gab es Kopfrechenaufgaben. Jeder der eine beantworten konnte, durfte sich hinsetzen. Oft stand ich als Letzte. Es gab eine Aufgabe nach der nächsten. Ich war nervös, konnte kaum denken. Alle starten mich an und ich wartete nur darauf, ob mir jemand die Lösung sagt. Gegen Ende war ich oft so nervös, dass ich selbst leichte Aufgaben wie "5+6" nicht beantworten konnte. Alle lachten. "Gut, dann bleibst du den gesamten Rest der Stunde stehen". Und das nicht nur einmal. Ich durfte mich nicht einmal hinsetzen, wenn wir was von der Tafel abschreiben sollten.
Wir hatten diesen Lehrer nur 2 Jahre - aber danach war ich fertig mich Mathe. Ich hatte dem Unterricht nie gefolgt, hatte immer nur Angst und war immer nur froh, wenn die Stunde um war. Als wir dann eine neue Lehrerin bekamen hatte ich solche Defizite, dass ich mit dem Stoff gar nicht nach kam. Als ich dann Abitur machte brauchte ich Nachhilfe - vieeeel Nachhilfe, weil ich in der 11. Klasse nicht einmal wusste, was binomische Formeln sind. Ich hatte ja immer noch was von dem Jahr davor nachzuarbeiten und hab das Aktuelle nie mit bekommen. Ich hatte im Abi am Ende eine 5 in Mathe...
Tja, Jahre später wurde festgestellt, dass ich Dyskalkulie habe. Gut, das kannte man früher noch nicht, daher mache ich meinem Lehrer keine Vorwürfe. Aber ob nun eine Störung wie Dyskalkulie oder auch LRS oder nicht - kein Lehrer sollte seine Schüler so erniedrigen! Das kann lebenslange Konsequenzen haben!

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