Mehrsprachigkeit als Geschenk – wie Kinder gut bilingual oder trilingual aufwachsen
Eine Fremdsprache sprechen, noch bevor sie richtig deutsch sprechen können??? Ist das nicht zu viel? Können Kinder gut bilingual aufwachsen – oder gar trilingual?
Ich bin Katrin, Redakteurin bei Tollabea und wir leben auf Teneriffa. Unsere Kinder wachsen mit 3 Sprachen auf und wie das bei uns läuft, möchte ich euch gerne in 2 Teilen erzählen.
Teil 1 Mehrsprachigkeit als Geschenk
Studien zufolge…
..fällt es Kindern bis zum 9. Lebensjahr am leichtesten, Sprachen zu lernen und somit entfällt die Quälerei, in der ich mich Anfangs befand, als ich spanisch lernte. Kinder, die mit zwei oder mehreren Sprachen aufwachsen, können ihr Leben lang diese Sprachen so gut beherrschen wie Muttersprachler, die nur mit einer Sprache aufwachsen, oder sich auf einem sehr hohen Level verständigen.
Wie wir Mehrsprachigkeit als Geschenk betrachten können: Sprache ist auch Kultur
- Kinder die mit mehreren Sprachen aufwachsen, gewinnen ein sehr gutes Gefühl für Sprachen und andere Nationalitäten
- Sie haben bei bestimmten Berufen, die Mehrsprachigkeit und Internationalität erfordern einen großen Vorteil
- Es fällt ihnen meistens zu einem späteren Zeitpunkt leichter, weitere Sprachen zu erlernen
- Wir als Eltern lernen die Sprache gleich mit, da wir uns durch Hausaufgaben und Übungen damit auseinander setzen müssen
- Durch Freunde, die die Fremdsprache sprechen, können wir das gelernte anwenden und den Wortschatz vergrößern. Zudem lernen wir wunderbare Familien und Lebensstile kennen, die wir so nie kennengelernt hätten
Wie am besten mit Mehrsprachigkeit umgehen?
Empfohlen wird, dass Eltern, die verschiedene Sprachen sprechen, jeweils mit den Kindern in ihrer Muttersprache sprechen und dies auch der Beständigkeit wegen nicht ändern. Nun sind wir beide deutsche Muttersprachler und sprechen englisch recht flüssig. Da darf von dieser Regel abgewichen werden. Wir sprechen mit den Kindern überwiegend deutsch, aber…
…es gibt 3 Sprachen in unserem Alltag
Wenn wir als Familie das Haus verlassen, versuche ich weitgehend mit den Kindern spanisch zu sprechen und mir vieles auch von meinen Kindern sagen zu lassen. Wie heißt dies und das? Bei uns ist Spanisch im Alltag mit dabei. Wenn wir unterwegs sind spreche ich in einfachen kurzen Sätzen spanisch oder wir benennen Dinge auf englisch und ich frage sie, wie sie auf deutsch und spanisch genannt werden. Das ist spielerisch und macht beiden viel Spaß.
Anmerkung Béa, die schon mal bilinguale Schule aufgebaut hat: Das könnt ihr bei Kindern ab ca. Schulalter machen, die selbst das Konzept gut verstanden haben, dass es mehrere Sprachen gibt. Unter ca. 5 Jahren ist das kontraproduktiv – da gilt: „One face, one language“, und zwar jedes Mal, wenn man mit dem Kind spricht. Eisern dabei bleiben. Natürlich könnt ihr mit anderen Menschen in anderen Sprachen reden. Aber das Kind braucht eine verlässliche Sprache pro Bezugsmensch, in der es angesprochen wird.
Bücher, Hörbücher und Filme gibt’s bei uns in den 3 Sprachen und sorgen für viel Abwechslung. Wir bekleben Gegenstände und machen uns Sprach-Boards, die uns dabei helfen, alltägliche Wörter immer wieder zu wiederholen und wir treffen uns oft mit Freunden, die die 3 Sprachen sprechen. Vor Allem Johannes genießt es, wenn er seiner kleinen Schwester und auch in Deutschland seinen Großeltern und Cousins etwas neues beibringen kann.
Worauf wir achten müssen
Wenn Kinder mehrsprachig aufwachsen, ist die Gefahr groß ist, dass sie keine der Sprachen richtig beherrschen und z.B.durch die verschiedene Wortstellung in den verschiedenen Sprachen es zu Problemen kommt (“Ich bin 8 Jahre alt” auf spanisch: “Tengo 8 años”- “Ich habe 8 Jahre” wortwörtlich übersetzt, 2-stellige Zahlen werden anders ausgesprochen, z.B. im spanischen und englischen wird der Zehner vor dem Einer genannt).
Das kann zu Ausgrenzung in der Klasse und auch zu Problemen im Lernstoff führen… aber darüber das nächste Mal mehr.
Wie ist das bei euch?
Wachsen eure Kinder bilingual oder noch-mehrsprachig auf? Wenn ja, wie sieht euer Alltag damit aus und wie finden es die Kids? Oder denkt ihr, dass das alles too much ist für so kleine Zwerge und sie wachsen nur mit der Muttersprache auf?
Liebe Grüße… und Teil 2 folgt!
Katrin
(aus Teneriffa)
- 26. Jun 2018
- 5 Kommentare
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- Ausland, billingual, billingual aufwachsen, DIY, Englisch, International, Merhsprachigkeit, spansich, trilingual
Christina
26. Juni 2018Mein Sohn (3) wächst dreisprachig auf. Ich spreche Deutsch mit ihm, mein Mann Französisch, und im Kindergarten wird Holländisch gesprochen. Für meinen Sohn kein Problem. Er versteht und spricht alle drei Sprachen. Die Mehrsprachigkeit war für uns keine bewusste Entscheidung, sondern hat sich natürlich aus der Konstellation Muttersprache, Vatersprache, Wohnort ergeben. Aber wie du schon geschrieben hast, so denke ich auch, dass es ein tolles Geschenk für Kinder ist, da sie die Sprachen quasi einfach so lernen.
Iolanthe
30. Juni 2018Insbesobdere wenn familiär begründet ist Mehrsprachigkeit etwas sehr wichtiges und häufig identitätsstiftend. Ich forsche und Lehre zu Mehrsprachigkeit und es macht mich immer wieder traurig, wenn ich erfahre wie bestimmte Mehrsprachigkeit (Türkisch, Russisch, Arabisch) abgewertet und kritisch beäugt wird und andere (Englisch, Französisch, Spanisch...) gerne auch mal glorifiziert. Daher vielen Dank fpr deinen Beitrag pro Mehrsprachigkeit! :)
Weil es so wichtig ist, möchte ich hier noch mal betonen: leider hört man immer mal wieder den Tipp von Erzieher*innen und anderen Bildungsmenschen, zugunsten von Deutsch auf andere Sprachen zu verzichten - das ist Quatsch. Andere Sprachen stören nie essenziell den Deutscherwerb. Mehrsprachige Kinder sind in der sprachlichen Entwicklung häufig etwas langsamer - das holen sie aber auf. Wichtig ist nur ausreichend viel und qualitativ guter (!) Input in der Zielsprache (also zb Deutsch). Das kann aber zB durch eine gute Schule geleistet werden. Sollte ein Kind in einigen sprachlichen Gebieten Schwierigkeiten haben, ist nie die Mehrsprachigkeit bzw die andere Sprache Schuld/Ursache (!). Fördert das Kind in den Gebieten und Sprachen, die gefördert werden müssen, kümmert euch um guten (und eventuell auch mehr) Input, gute Förderung in dieser Sprache - aber ihr müsst nicht auf den Gebrauch anderer Sprachen verzichten, wenn sie für euch eine Bedeutung haben.
(Die Regel "One face (person) - One language" war übrigens lange eine Art Goldener Standard - entspricht so aber nicht den Fakten und lässt sich wissenschaftlich nicht bestätigen. Wenn sie der Familienkonstellation entspricht und sich alle damit wohl fühlen, spricht natürlich nichts dagegen - wenn man andere Sprachgewohnheiten passender findet, ist das aber genau so sinnvoll. Wichtig ist auch hier einfach ausreichend und qualitativ guter Input in den Sprachen, die das Kind erwerben soll. Wenn die Eltern in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Sprachen sprechen möchten, ist das vollkommen okay und schadet nicht, auch switchen ist in Ordnung.)
finn
9. August 2019Je mehr Sprachen wir kennen, desto mehrmals sind wir ein Mensch. Diese Worte gehören dem weltbekannten Schriftsteller, den die Kinder von Kindheit an kennen müssen. Drei Sprachen in Filmen und Hörbüchern bringen den Kindern recht Spaß und Spiel. Den Tipp bis zum 9. Lebensjahr die Fremdsprachen zu lernen werde ich an die Schwester weiterleiten, damit sich die Nichte in der modernen globalisierten Welt zurechtfindet. Danke für die Erfahrung!
Meier
13. September 2020Unsere Kinder wachsen trilingual (dt, sp., en) auf, was gut klappt aber auch dreifachen Aufwand bedeutet (Vorlesen, Sprechen, Schreibenlernen etc.). Vom Himmel fällt es nicht. Vor allem Klarheit (one face, one language) und das Bestehen darauf, dass die jeweilige Sprache gegenüber dem jeweiligen "Face" auch aktiv gesprochen wird, scheinen mir wichtig.