Same same but different. Marlene Hellene zur Einschulung 2020 in Zeiten von Corona


Leute, neulich habe ich mich mit unserer Marlene Hellene ausgetauscht und sie gefragt nach der Einschulung ihres Sohnes in diesem Jahr unter Corona-Bedingungen… Und hier sind ihre Ansichten:

Verreisen Sie gerne? Na dann, setzten Sie sich in Ihren DeLorean DMC-12, warten Sie bis ein Blitz in die Rathausuhr einschlägt und reisen Sie mit mir zwei Jahre in die Vergangenheit zur Einschulung meiner Tochter ins Jahr 2018:

Der Ernst des Lebens kann uns mal. Gastbeitrag von Marlene Hellene zur Einschulung

Vor zwei Jahren schrieb ich diesen Text.
(Und er ist auch in meinem zweiten Buch „Zu groß für die Babyklappe“ vertreten.)

Da war mein Sohn klein. Ein Baby praktisch. Klitzekleine vier Jahre alt. Weit weit weit entfernt davon ein Schulkind zu sein. Das Wort Pandemie kannten wir höchstens aus Hollywoodfilmen mit Tom Cruise oder Will Smith und wenn wir niesen mussten taten wir das in die Handfläche, die wir eine Minute später jemandem zum Gruß anboten.

Wir pusteten unseren Atem großzügig auf Geburtstagskuchenkerzen und offene Wunden. Wir umarmten uns bei jeder Gelegenheit, standen dicht gedrängt auf Großveranstaltungen rum und husteten uns dabei unbekümmert gegenseitig ins Gesicht. Hätte sich vor zwei Jahren eine Person mit Mundschutz neben uns in den Bus gesetzt, hätten wir wahrscheinlich den Platz gewechselt. Aus Angst vor dem Freak.

„Vergiss Deinen Mundschutz nicht!“ rief ich meinem Sohn zu, bevor wir im September des berühmt berüchtigten Coronajahres 2020 zu seiner Einschulung aufbrachen.

Einer anderen Einschulung. Ohne Großeltern. Ohne Geschwister. Ohne Verwandte und Bekannte. Einer Einschulung in kleinem Kreis.

Drei erste Klassen sollten an diesem schönen Spätsommertag eingeschult werden. Drei Schulklassen mit jeweils fünfundzwanzig Kindern. Drei mal fünfundzwanzig ergibt, wie jeder weiß, nach Adam Riese ungefähr circa… viel zu viele Menschen in Zeiten von Corona.

Und deswegen mussten die Klassen einzeln anrücken. Jede Klasse wurde zu einer eigenen kleinen Zeremonie in die Aula der Grundschule geladen. Auf den vorherigen göttliche Segen musste verzichtet werden. Viren machen bekanntlich auch vor Gotteshäusern keinen Halt. Der Sohn sollte die Klasse 1a besuchen. Wir waren also die ersten. Und somit leider auch die frühesten.

Um acht Uhr morgens fanden wir uns gähnend und mit viel Abstand auf unseren vorgesehenen Plätzen ein. Die Direktorin hielt eine kurze Rede, in der sie insbesondere ihre Hoffnung ausdrückte, die Schule würde nicht bald wieder schließen müssen und dann war auch schon Zeit für das obligatorische Lied der Zweitklässler, mit dem sie ihre neuen Kollegen begrüßen sollten.

Doch Moment. Was war denn das? Das hörte sich doch an wie damals bei Milli Vanilli. Sie erinnern sich? Milli Vanilli, die Megastars der frühen neunziger Jahre. Nein, die kleinen Interpreten auf der Bühne boten kein Remake von „Girl you know it’s true“ dar (leider). Die Ähnlichkeit lag woanders begraben. Nicht im Gesang. Sondern in dessen Fehlen.

Genau, die Kinder sangen Playback. Coronabedingt. Sie verstehen.

Nur nicht zu viele Aerosole in die Luft blasen.

Wenn das mal nicht clever ist, weiß ich auch nicht. Gesang light sozusagen. Fröhlich summten wir mit fest geschlossenen Mündern mit und am Ende des Liedes war auch die letzte Schlafmütze munter. Aber kaum war ich so richtig in Feierlaune nahm das Ganze auch schon ein jähes Ende, als die nette neue Klassenlehrerin die ABC-Schützen kurzerhand aufforderte, ihr ins Klassenzimmer zu folgen. Die Eltern müssten bitte umgehend die Aula verlassen. Die nächste Klasse scharrte schon mit den Hufen.

Und ohne mit der Wimper zu zucken winkte mir mein Sohn kurz zu und folgte seinen neuen Klassenkameraden völlig unernst grinsend in den Ernst des Lebens.

Tja, so war sie. Die Einschulung im Jahr 2020. Ganz anders als vor zwei Jahren. Und trotzdem gleich.

Die gleiche Aufregung, die gleiche Vorfreude, das gleiche bißchen Angst vor dem Unbekannten. Die gleichen prall gefüllten Schultüten, in die die Kinder heimlich spickten. Die Kleidchen und Hemdchen. Die schicken Schuhe und feuchten Hände. Die Tränen der Rührung. Der bittersüße Schmerz des Loslassens. Schön war es. Besonders und unvergesslich.

Auch ohne Kaffee, Kirche und Kuchen. Auch ohne Festakt und Trommelwirbel.

Weil man auch unterm Mundschutz Freude spüren kann. Weil man auch mit Abstand zusammen ist. Weil die Pandemie die Liebe nicht kratzt.

Eure

Marlene Hellene

P.S. von Béa: Wer jetzt nicht genug von Marlene Hellene hat, kauft sich unbedingt ihr letztes Buch:

„Zu groß für die Babyklappe“ – das neue Buch von Marlene Hellene ist endlich raus!

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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