Selbstständigkeit in der Grundschule und die Schwelle rund ums Alter 9 – gemeinsam schlau
Die Nachricht, dass ein Buch „von mir“ draußen ist, hat euch bestimmt schon erreicht! „Gemeinsam schlau statt einsam Büffeln“ macht gerade die Runde. Allerdings habe ich das nicht alleine geschrieben, sondern mit meiner Co-Autorin Stephanie Jansen, die auch einer „meiner“ Phorms-Grundschulen über Jahre geleitet hat.
Einiges an Infos und Anekdoten über Steph selbst werde ich euch in den kommenden Tagen noch erzählen (sie ist auch eine gute Freundin und ein unglaublich humorvoller Mensch!). Heute bringe ich hier einen kleinen Textauszug aus unserem Buch – damit ihr auch ihren Beitrag und Stil einschätzen könnt:
„Ich kann das!“ gehört zum Kapitel „So entwickelt sich mein Kind, das Lernwesen“
Wir haben das Thema Selbstständigkeit ja schon ein paar Mal angesprochen. Auch durch die Grundschulzeit zieht es sich wie ein roter Faden. Für Eltern ist das nicht immer ganz einfach.
In der Tollabea-Community wird oft hitzig diskutiert über die Unsitte, die Kinder morgens immer in die Schule zu chauffieren. Bemerkenswert ist das Beispiel einer Mutter, die zugab, dass ihr siebenjähriger Sohn sie angefleht habe, die letzten Meter allein laufen zu dürfen, und wie schwer ihr gefallen sei, loszulassen. Der Junge hätte erklärt, dass er sich vor den anderen schäme, weil er als „einer der wenigen“ noch gebracht würde. Erst der Elternabend enthüllte, dass sich die Kinder abgesprochen hatten: Beinahe alle hatten diese Argumentationslinie verfolgt.
Was auch zeigt: Die Kinder wollten unbedingt selbstständig werden.
Im sozialen Kontext werden jetzt die Gleichaltrigen wichtiger als die eigene Familie, und es ist ein natürliches Bedürfnis, Teil einer solchen Gruppe zu sein. Mit der zunehmenden Bewusstwerdung ihrer selbst, sei es als Individuum oder Teil einer Gruppe, schreitet gleichzeitig die Loslösung von den Eltern voran. Was in einem ersten Schritt die Trotz- oder Autonomiephase um das dritte Lebensjahr war, findet seine Fortführung ab dem achten, neunten Lebensjahr.
Viele Eltern erwischt dies kalt: Eigentlich hatten sie das erst in der Pubertät erwartet.
Aber Kinder übertreten um das neunte Lebensjahr herum eine Schwelle und gelangen an einen „point of no return“, an dem sie anfangen, ihr Kindsein abzustreifen. In dieser Phase kann es passieren, dass eure Kinder nicht einschlafen können oder nachts aufwachen, weil sie schlecht geträumt haben oder allgemein unruhig sind. Die großen Fragen des Lebens tauchen auf: Gibt es Gott? Was bedeutet unendlich? Was geschieht nach dem Tod? Was ist die Ewigkeit?
Kinder merken, dass sie nicht mehr eins mit der Welt sind, sondern alleine in ihr stehen und sich behaupten müssen.
Ein Gefühl, das auch mit Angst und Opposition einhergehen kann. Angst davor, einen geliebten Menschen zu verlieren, Angst davor, nicht gut genug in der Schule zu sein oder dass die anderen einen nicht mögen. Nicht selten werden Kinder in dieser Phase unruhiger, fühlen sich undefinierbar krank oder gehen nicht mehr gern zur Schule. Sie geraten an Grenzen ihres eigenen Könnens und sind sich dessen mehr denn je bewusst. Der Vergleich mit den anderen wird immer wichtiger. So beunruhigend dies für euch als Eltern sein kann, es ist erst mal kein Grund gegeben, eine Schuld dafür zu suchen, sei es bei anderen Kindern, sich selbst oder der Schule.
Es ist eine ganz normale Entwicklung und ein wichtiger Schritt, auch wenn es für alle Beteiligten nicht immer ganz einfach ist.
…. jetzt kommt eine kurze Geschichte von Steph nur für euch hier, die im Buch nicht vorkommt:
Als ich eine von Béas Grundschulen leitete hatten wir ein Zwillingspaar in einer der Klassen. Eineiige Zwillinge, die ganz zauberhaft waren. Sie waren in zwei verschiedenen Klassen, da sie die Angewohnheit hatten sich gegen den Rest der Welt abzuschotten, wenn sie zusammen waren.
…. weiter im Buch:
Wichtig ist es, dass ihr genau hinhört und euren Kindern die Sicherheit gebt, dass ihr sie liebt, so wie sie sind, und für sie da seid.
Spätestens jetzt steht euch euer Kind als ein eigenständiger Mensch gegenüber, der anfängt, seinen eigenen Stil und seinen eigenen Weg zu suchen. In vielen Bundesländern geht leider genau diese Entwicklung einher mit dem Zensurendruck für den Übergang in die nächste Schulstufe. Für viele Eltern und Kinder ist es eine sehr schwierige Zeit, in der es umso wichtiger ist, uneingeschränkte Liebe zu geben wie auch Vertrauen und Geduld zu haben, um euer Kind auf einen guten Weg zu bringen!
…
So, jetzt endet der Textauszug und ich fragt euch: Wie geht das genau? Der Ansatz ist Co-Learning: Ihr begreift gemeinsam, was da abläuft! Steht natürlich in unserem Buch…
Gemeinsam schlau statt einsam büffeln: So lernen Kinder und Eltern zusammen. Mit 188 Spielen und Ideen. Für die Jahre 5 bis 10. Von Familien getestet
Aber vielleicht habt ihr zu diesem Thema auch Fragen und eigene Erfahrungen? Nur zu: Lasst uns das in den Kommentaren wissen!
Liebe Grüße,
Steph und Béa