Wann ist gesunde Ernährung schädlich? – Was ist Orthorexie?


Von unserer Mounia, die in ihrem eigenen Blog  „Mias Anker“ über Essstörungen schreibt , gibt es heute einen spannenden Beitrag über etwas, wovon ich selbst nicht mal wusste, dass es existiert: Orthorexie.

Beim Thema Essstörung gibt es die Klassiker wie Magersucht und Bulimie, die fast jeder kennt. Doch kennt ihr auch den Begriff Orthorexie? Diesen würde ich euch nämlich gerne etwas näher erläutern.

Vorerst jedoch lässt sich eins sagen: Orthorexie gilt nach wie vor nicht als anerkannte Krankheit, daher wird sie fälschlicherweise oft als nur Trend abgeschrieben und oftmals befürwortet. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall…

Was ist Orthorexie?

Orthorexie, auch genannt orthorexia nervosa, ist eine Essstörungsform, bei der der Verzehr von vermeintlich „gesundem“ Essen zu einem Zwang, und „ungesundes“ Essen strikt vermieden wird. Betroffenen geht es dabei in erster Linie nicht um Genuss oder Lebensqualität, sondern vielmehr um aufgesetzte Regeln, die in jedem Fall eingehalten werden müssen.

Essen als Lebensqualität bleibt dabei völlig aus.

Damit meine ich all jene Produkte, die als „sündhaft“ gelten. Zum Beispiel ein Stück Kuchen zum Kaffee, oder aber eine deftige Pizza. Aber nicht nur die Klassiker zählen dazu, Weizenprodukte tun es ebenfalls. Oder Butter. Käse. Salami. All die Dinge, die zu einem klassischen Frühstück oder Abendessen gehören und von dem man nicht denkt, dass es einem mit seinem Kaloriengehalt „das Grab schaufelt“. Was sie meiner Meinung nach auch nicht tun. Stattdessen setzen die Betroffenen ausschlißelich auf viele Vollkornprodukte und Gemüse – das, was in der heutigen Zeit als „gesundes Essen“ gilt.

Orthorexie bedeutet übrigens übersetzt so viel wie „richtiger Appetit“. Die Betroffenen zwingen also sich zu gesunder Ernährung und haben Angst, durch ungesunde Ernährung krank zu werden. Schnell werden sie von Schuldgefühlen geplagt, wenn sie mal „sündigen“.

Befürwortet die Gesundheitswelle den Ausbruch von Orthorexie?

Ganz ehrlich? Ich glaube ja. Gesunde Ernährung ist ein Trend und wie jeder Trend, kann auch dieser „übertrieben“ werden. Ständig ist nur die Rede davon, dass ungesundes Essen den Cholesterinwert erhöht und Herzinfarkte herbei beschwört. Überhaupt will sich niemand anmaßen, ein schlechtes Wort über gesunde Ernährung zu verlieren. Ich hingegen tue es schon, denn für mich besteht Gesundheit vor allem auch aus einer gesunden Psyche. Und eine Psyche ist nicht gesund, wenn sie von Zwängen heimgesucht wird.

Ich finde es  sehr gefährlich, wenn ein Mensch sich zwanghaft „gesund ernährt“, denn das kann diverse Folgen haben:

Heißhungerattecken und Essanfälle: Wenn Menschen sich Lebensmittel verbieten, fallen sie oft in eine Jo-Jo Schleife und bekommen Heißhunger und Essanfälle.

Unterversorgung von Nährstoffen: Das, was als gesund gilt, ist noch lange nicht ausgewogen. Der Körper braucht mehr als Vitamine und Eiweiß – er braucht Fette und Kohlenhydrate! Fehlt ihm dies, ist er unterversorgt. 

Untergewicht: Da der Körper oftmals mit nicht genügenden Nährstoffen versorgt wird, stellt sich der Körper auf einen Sparmodus ein. Manchmal verliert der Körper immens an Gewicht und bekommt all jene Symptome, die mit Untergewicht einhergehen (Anämie, Haarausfall, usw…)

Innerer Zwang und Stress: sich IMMER gesund zu ernähren, funktioniert nicht. Bei Besuchen oder Feierlichkeiten zum Beispiel funktioniert dieser Lebensstil meist nicht. Dies bedeutet eine Menge Druck und Stress für die Person, die normalerweise immer nach einem strengen Plan isst.

Wer entscheidet überhaupt darüber, was als gesund und nicht gesund gilt?

Die Lebensmittelindustrie? Irgendwelche Vorbilder, die nur Rohkost zu sich nehmen? Für mich besteht gesunde Ernährung nicht per se aus Obst und Gemüse, sondern aus einer ausgewogenen Ernährung. Dazu gehört auch mal eine deftige Pizza oder ein Stück Schokolade. Solange in Maßen konsumiert wird und der Körper gut damit umgehen kann, sehe ich da keine Bedenken. Außerdem ist jeder Körper individuell. Oft weiß dieser selbst, was er gerade will und braucht, daher sollte er sich nicht von irgendwelchen „Regeln“ beeinflussen lassen.

Ich will damit aber auch nicht sagen, dass gesunde Ernährung schlecht ist!

Natürlich will ich nicht abstreiten, dass gesunde Ernährung ungemein gut für die Vitalität sein kann. Überhaupt kann ich von mir behaupten, dass ich mich besser und weniger träge fühle, wenn ich mal auch ein paar gesunde Produkte in meinen Essplan einbaue. Doch sobald etwas zu einem Zwang wird, leidet die Psyche darunter. Und der Körper kann noch so gesund sein – wenn die Psyche es nicht ist, macht dieser früher oder später auch schlapp. Das ist zumindest meine Meinung.

Daher meine Empfehlung für euch und auch für eure Kinder: Schafft euch ein Bewusstsein für Foodtrends und all das, was als vermeintlich „gesund“ gilt. Hinterfragt sie und tut am besten das, was euch (sowohl eurem Körper, als auch eurer Seele) guttut!

Liebe Grüße,

Mounia/ oder Mia von Mias Anker

PS.: Vor Kurzem ist Mounias Jugendbuch „Zwischen meinen Worten“ erschienen. Dort thematisiert sie neben einer schönen Geschichte über Freundschaft und der ersten Liebe, auch kritische Themen, wie Diskriminierung, Essstörungen und andere psychischen Krankheiten. Hier geht’s zum Link!

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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