Warum Überlegungen wie die „Rastertherapie“ zeigen, dass psychische Krankheiten noch immer stigmatisiert werden.
Mental Health ist mein Lieblingsthema! Ich finde es unheimlich wichtig und beschäftige mich fast jeden Tag damit. Außerhalb der Bubble stelle ich jedoch immer wieder fest, dass psychische Krankheiten noch immer stigmatisiert werden – die sogenannte Rastertherapie zeigt das sehr gut!
Wem es nicht gut geht, der holt sich Hilfe – manchmal ist das Leid physisch, manchmal psychisch. Therapien sind längst kein Tabuthema mehr, wohl aber ein noch sehr klischeebehaftet. Ich vermute, dass es vielen deshalb so schwerfällt, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und zukünftig könnte es vielleicht sogar schlimmer werden.
Die „Rastertherapie“
Wer davon nichts mitbekommen hat, hier in aller Kürze: Die Bundesregierung spielt mit dem Gedanken, ein Rastersystem zu entwickeln, um die Behandlungsdauer von Therapien schon im Vorfeld festzulegen. Als Patient wird man demnach in grobe Raster eingeteilt, die darüber entscheiden, wie viele Behandlungsstunden benötigt werden. Man spricht also nicht gleich mit der/dem Therapeut:in, sondern erst mit jemandem, der einen „bewertet“.
Seit jener Kundgebung hagelt es heftig an Kritik, und meiner Meinung nach zurecht. Es erfordert sehr viel Mut, sich seinen inneren Verletzungen zu stellen, und noch mehr, sie mit jemandem zu teilen. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich erst mit einer fremden Person reden müsste, die mich erst irgendwo einteilt, und ich dann nochmal alles erzählen muss, dann wird mein Magen ganz flau. Mein erster Impuls wäre, doch keine Therapie zu machen, weil ich zu unsicher wäre.
Doch nun kommen wir zu den Aspekten, warum ich die Rastertherapie äußerst problematisch finde.
1. Diagnosen erstellen braucht seine Zeit
Der Mensch ist komplex und unsere Psyche erst recht. Bei einigen Diagnosen dauert es eine Weile, um sie richtig festzustellen. Manchmal hat man sogar mehrere, die sich erst im Laufe der Therapie kenntlich zeigen.
2. Menschen brauchen Vertrauen, um sich zu öffnen
Einige Menschen teilen selbst Fremden ihre tiefsten Geheimnisse, andere machen alles mit sich selbst aus. Was ich damit sagen will: Wir alle sind unterschiedlich und brauchen demnach auch unterschiedlich lang, bis wir bereit sind, uns einer anderen Person zu öffnen. Wenn eine Therapie nur auf zwölf Stunden begrenzt ist, sorgt das für gewaltigen Druck, wird aber sicher nicht dazu führen, dass die Person schneller aus sich rauskommt. Es braucht sehr viel Vertrauen.
3. Seelische Heilung ist nicht vergleichbar mit körperlicher
Bei äußeren Wunden kann man oft Prognosen erstellen, die den Heilungsverlauf einschätzen. Bei einem gebrochenem Bein zum Beispiel. Oder einer Schramme oder Ähnlichem. Bei seelischen Verletzungen ist das nicht so leicht, denn das Problem ist, dass sie nicht sichtbar sind. Manchmal ist da einfach nur der riesige Leidensdruck, aber der Mensch weiß selbst nicht genau, woher er kommt. Und dafür ist die Therapie da. Sie hilft uns dabei, uns unseren inneren Wunden zu stellen, sie zu erkennen, zu verstehen, und zu versorgen.
Aber das geschieht nicht mit Zeitdruck. Und damit komme ich zu meinem letzten Punkt
4. Jeder Behandlungsverlauf ist unterschiedlich.
Die einen haben ihre „Offenbarung“ nach fünf Sitzungen, die anderen nach fünfzig. Das kommt immer auf die Person an und natürlich auch auf den/die Therapeut:in. Selbst, wenn zwei Menschen dieselbe Diagnose bekommen und in das gleiche Raster eingeteilt werden, bedeutet das nicht, dass ihr Behandlungsverlauf ähnlich ist.
Dass das jedoch angenommen wird, zeigt, dass psychische Krankheiten noch immer stigmatisiert werden. Und deshalb bin ich eindeutig dagegen, eine solche Rastertherapie einzuführen. Um ehrlich zu sein sehe ich darin auch nichts Positives. Falls ihr es tut, dann erleuchtet mich bitte!
Was sind eure Gedanken zur sogenannten Rastertherapie? Habt ihr auch schon von ihr gehört?
Falls ihr die Petition gegen die Rastertherapie unterschreiben wollt, kommt ihr hier zum Link! <3
Liebe Grüße
Mounia
und Béa auch!