Wutanfall im Supermarkt – lässt sich das vermeiden?
Der berühmte Wutanfall im Supermarkt!!! Grusel. Wenn es aus dem heiteren Himmel passiert, schwitzen wir eh Blut und Wasser und wollen, dass es nie, nie, nie wieder vorkommt. Spoiler: Es kommt wieder vor. Spätestens beim nächsten Kind, wenn wir uns eh entspannt hatten.
Deswegen gilt es, eher vorzubeugen, dass es wieder vorkommt. Und uns zu überlegen, wie wir dem Thema mit gelassener Heiterkeit begegnen.
Hier sind einige Tipps und Überlegungen von mir, freue mich auf weitere Aspekte von euch.
Starten wir mit dem, was zwischen uns und dem Kind passiert beim Thema „Wutanfall im Supermarkt“:
Der häufigste Fall, dass es passiert, ist ein Produktwunsch. Nicht umsonst heißen die Produkte an der Kasse in Fachsprache des Einzelhandels „Quengelware“!
Also hilft es schon mal, nicht mit einem hungrigen Kind den Supermarkt zu betreten. Achwas, Kind! Am besten gehen wir auch nicht selbst hungrig einkaufen. Weil: Erstens kaufen wir selbst mehr als gedacht und zweites in unser Nervenkostüm noch strapazierter als sonst und wir gehen mit der ganzen Situation schlecht um. „Hangry“ Kinder und/oder Eltern geben ein mieses Team ab…
Also was da passiert ist: Kind will unbedingt etwas haben, wir sagen NEIN… und WÄÄÄÄH! Es geht los! Was dann? Die meisten Ratgeber und die ganze Verwandtschaft im Kopf sagen: „Bleibe hart und konsequent. Sonst kommt es immer wieder vor. Jedes. Verdammte. Mal!!!“
Ich halte nichts. davon. Warum? Gönnt ihr euch wirklich nie auch mal was spontan? Wie war das mit den letzten Paar Schuhen und der Handtasche? Was in euch tief drin hat eigentlich auch so herzzereissend gejault, dass ihr dann doch die Kreditkarte gezuckt habt?
Na bitte.
Ich sage nicht, dass ihr sofort nachgeben sollt. Versucht es mal mit Augenhöhe bei der Sache:
Ich empfehle da, statt sofort Ja oder Nein zu sagen, die „Überzeug-mich-Strategie“ zu nutzen, dazu habe ich schon gebloggt: Lasst das Kind argumentieren und gebt erst nach, wenn es euch überzeugt hat. Funktioniert das? Klar, aber nicht als Wendemanöver nachdem es angefangen hat zu brüllen.
Mitten im Wutanfall im Supermarkt gilt: Einfach nur bestmöglich überstehen, schnell raus und dann fürs nächste Mal besser vorbereitet sein. Und mit Überstehen meine ich entweder nachgeben oder runterhandeln, nach dem Motto „Schau mal, ist der Baby-Schokororiegel nicht auch niedlich statt seine Mama die Jumbopackung Schokolade?“. Bitte habt keine Sorge, ihr werdet nicht bis zum Abitur das Zeug jedes Mal palettenweise kaufen müssen. Garantiere ich euch. Ihr könnt auch noch mal das Thema „Das große Erlauben“ aus Nora Imlau’s Buch nachlesen.
Für die Zukunft könnt ihr ja fantasievoll vorbeugen, indem ihr das Einkaufen als Erlebnis gestaltet. Hier sind einige Ideen:
- Kind statt Einkaufsliste: Wir schärfen das Gedächtnis und merken uns alles, was es einzukaufen gibt. Das Kind konzentriert sich auf die gesamte Produktauswahl, nicht nur auf den Lolli an der Kasse.
- Achtsamkeitsspiele: Zähle alle gelben bzw. gelb verpackten Produkte. Oder halt violett. Oder alles, was rund, quadratisch, etc. ist.
- Zeitspiele: Wir spielen gegen den Timer, ZB. wir müssen in spätestens 15 Minuten raus sein und alles von einer Liste gekauft haben.
Übrigens noch ein Gedanke: Kann die Wutanfälligkeit des Kindes auch an etwas anderem liegen, dass dem Kind nicht wohl ist? Der Klassiker ist: Zu dicke Klamotten! Oder wisst ihr immer, wohin der Blick des Kindes gegangen ist? Hatte es mit einem Menschen einen unangenehmen Blickaustausch? Vielleicht geht es gar nicht um den Lolli?
Was beim „Wutanfall im Supermarkt“ noch eine große Rolle spielt… sind die anderen!
Denn auch wenn wir theoretisch ganz genau wissen, dass sie uns egal sein können, stresst uns das dennoch. Die Blicke. Die Kommentare. Die nett gemeinten Ratschläge. Vielleicht auch der Gedanke, dass wir als Mama oder Papa der Totalversager sind!
Dazu könnte ich viel schreiben (zum Thema Peinlichkeit habe ich ja schon) – habe aber einen ziemlich genialen Thread bei Twitter gesehen den ich euch zeigen möchte – und bin auf eurer Meinung gespannt:
Natürlich passiert sowas immer an der Kasse, weshalb aus Platzgründen und wegen situationsbedingtem Stress keine kurzfristige Lösung zu erzielen war. Ein kurzer Blickwechsel mit der Frau, dann nehme ich den Kleinen auf den Arm, um ihn aus der Stresssituation zu entfernen. (2/10)
— Papa! Papa? Papa! (@ichbinpapa) November 15, 2019
Das aufgelöste Kleinkind, blind vor Wut, vor mir. Ich selbst, mit ruhiger Stimme mit ihm sprechend.
Hinter mir – die wohlwollende Oma mit gut gemeinten Ratschlägen. Und sie spult das gesamte Repertoire ab. (4/10)
— Papa! Papa? Papa! (@ichbinpapa) November 15, 2019
Plötzlich ertönt eine weitere Stimme hinter mir:
"Moderne Erziehung basiert auf Problemlösung durch Gespräche. Bitte lassen sie die Beiden in Ruhe, der Vater macht das schon!"
Ja. So hab ich auch geguckt. (6/10)
— Papa! Papa? Papa! (@ichbinpapa) November 15, 2019
Ich drehe mich um und sehe die zwei Frauen im Getümmel des Supermarkts verschwinden bevor ich mich wieder meinem Sohn zu wende und die Situation in Ruhe mit ihm zu Ende bespreche, bevor wir uns zurück zur Kasse begeben. (8/10)
— Papa! Papa? Papa! (@ichbinpapa) November 15, 2019
Ich nehme aus diesem Erlebnis mit, dass es euch nicht nur hier auf Twitter gibt.
Euch gibt es auch da draußen. Und ihr macht den Mund auf. Das hat mich tief beeindruckt.
Vielen Dank fürs Lesen! (10/10)
— Papa! Papa? Papa! (@ichbinpapa) November 15, 2019
Was meint ihr dazu? Welche Erlebnisse habt ihr schon mal mit dem Thema Wutanfall im Supermarkt gehabt?
Liebe Grüße,
Béa
P.S. Ich bin sicher, die Gewaltfreie Kommunikation geht da deutlich tiefer ans Eingemachte und hat noch nachhaltigere Ansätze. Ich frage mal auch unser Kolumnistin mindfulsun, was hier noch zu reflektieren und zu beachten ist.
- 24. Apr 2021
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