Der Gipfel des Helikoptern – Anekdote aus meiner Zeit als Schulbetreiberin
Als wir neulich den Beitrag mit dem Rotstift und der Motivation publiziert haben, gab es viele Diskussionen dazu, wie Eltern mit Lehrern reden… Jemand fragt mich, ob ich auch Außergewöhnliches erlebt habe, damals, als ich Schulen gegründet und geführt habe.
Na klar. Ich habe hier was und es würde mich interessieren, wie ihr das seht. Und ob unter den Pädagogen, die hier mitlesen, ähnliche Erlebnisse existieren.
Lange ist es her. Es gab nur wenige der Schulen, deren Mitgründerin ich auch bin… und ich leitete das ganze Unternehmen und war auch für jede Schule zwar nicht Direktorin, aber Geschäftsführerin. Ich bin recht unkompliziert mit der Herausgabe meiner Handynummer und habe so gut wie keine schlechte Erfahrungen gemacht. Meistens wissen Menschen, wann man anrufen kann und wann nicht und dafür war ich immer in echten Notfällen erreichbar. Außerdem schalte ich auch gnadenlos das Ding aus, wenn ich nicht gestört werden möchte.
Eines Samstags aber…
Hm, es fällt mir gerade ein, es war zu der Zeit als meine Tochter Carina recht flügge wurde und abends länger ausgehen durfte. Deswegen schaltete ich damals mein Handy dann doch nicht über Nacht aus, denn als Mama, wenn das Küken unterwegs ist, muss man doch jederzeit erreichbar sein.
So schreckte ich auf, als es kurz vor 7:00 am Morgen klingelte!
Als ich ran ging, identifizierte sich eine Mutter aus einer meiner Schulen:
„Frau Beste! Es ist etwas passiert und ich verlange, dass die Polizei eingeschaltet wird!“
Jetzt war mein Puls auf 300! Schlimmer noch, als dass dem eigenen Kind etwas zustößt, ist es für einen Schulbetreiber, wenn einem Kind aus der Schule etwas passiert. Vor meinem inneren Auge flackerten alle möglichen schlimmen Szenarien in Nanosekunden-Rythmus auf: Kindesmisshandlung, Unfall, schlimmes Mobbing!
„Was ist passiert?“ krächzte ich.
Am anderen Ende der Leitung wurde tief Luft geholt.
„Es ist unerhört! Ein Skandal! So etwas darf in einer Privatschule nicht passieren!“
Ich war fix und fertig: „Was denn???“
„Frau Beste!“ klang es sonor in den Hörer, während ich nun buchstäblich senkrecht im Bett stand. Die Mutter kannte ich, eine recht imposante Person, ich sah auch ohne Facetime & Co wie sie sich vor mir aufplusterte. „Frau Beste, Sie können es sich nicht vorstellen!“
Oh, doch. Gerade jetzt konnte ich mir das Allerschlimmste überhaupt vorstellen. Und das süße Kind dieser Mutter, die zarte Viertklässlerin, die ich gut kannte, war in allen meinen Vorstellungen echt nicht gut dran. Gar nicht gut! Ich zitterte.
Jetzt durfte ich es aber erfahren:
„Aus dem Diddl-Album meines Kindes sind…. Frau Beste! Halten Sie sich fest!!…“
Ich sank wieder in meine Kissen.
„… Es sind ganze fünf Aufkleber verschwunden!!! FÜNF! VERSCHWUNDEN!!!“
„Bitte was?“
Ich war nicht sicher, richtig gehört zu haben.
„DIEBSTAHL ist das, Frau Beste!“ brüllte es mir entgegen.
Puh. Könnt ihr euch vorstellen, wie ich es an dieser Stelle echt schwer hatte, ein schallendes Gelächter zu unterdrücken und ganz „profesionett“ auf eine Klärung mit dem Klassenlehrer an kommenden Montag hinzuweisen?
Frage an die Pädagogen unter euch: Habt ihr auch solche Szenen erleben dürfen? Oder was war für euch der Gipfel des Helikoptern?
Liebe Grüße,
Béa
- 25. May 2018
- 6 Kommentare
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- Eltern, Eltern-Lehrer-Konflikt, Lehrer, Schule
Angelika
26. Mai 2018hahaa, diese Mutter könnte ich nie wieder ernst nehmen! 😂 Unfassbar! ich hatte in meiner Laufbahn bisher zum Glück keinerlei derartige Erfahrungen.
Jenny
27. Mai 2018Puh, wegen solch einer Sache so früh aus dem Bett geklingelt zu werden, ist schon wirklich grenzwertig. Aber wenn man bedenkt, was hätte sein können, war die Aussage sicherlich erleichternd ;-)
In meiner Laufbahn als Lehrerin ist so etwas bisher - toi toi toi - noch nicht passiert.
Béa Beste
27. Mai 2018<3 - zum Glück schlafe ich leicht wieder ein... Danke für dein Kommentar! Liebe Grüße, Béa