Mit Baby im Krankenhaus eingesperrt – Überbehandelt – Erfahrungsbericht einer Mutter


Auf unseren Beitrag zum Thema „Mutterinstinkt Überlebenskampf“ bekam wir sehr viele Nachrichten und Berichte und ganz viel Anteilnahme. Wir bringen einiges davon nach und nach. Anja aus Argau in der Schweiz hat uns ihren Fall erzählt, der genau in die andere Richtung ging: Ihr Baby wurde unnötig an Maschinen angeschlossen und sozusagen überbehandelt.

Hier erzählt Anja selbst, wie das alles kam, dass sie sich mit dem Baby im Krankenhaus eingesperrt wiederfand:

Liebes Tollabea Team!

Eben hab ich mit Tränen in den Augen von der Mama gehört, die fast ihr Baby wegen einer bakteriellen Atemwegsinfektion verloren hat. Gott sei Dank ging es bei uns nicht um Leben und Tod, aber ich war auch schon sehr verzweifelt im Krankenhaus eingesperrt.

Baby, 9 Wochen, voll gestillt

Samstag Abend habe ich am Stuhl in der Windel etwas Blut gesehen und sicherheitshalber mit dem Ärztenotdienst telefoniert. „Nicht so schlimm“, meinten die, aber wenn es wieder vorkommt, bitte nochmal anrufen.

Sonntag Morgen leider dasselbe Bild in der Windel.

Also ruf ich da nochmal an. In der Zwischenzeit war offensichtlich Schichtwechsel – am anderen Ende diesmal kein beruhigender „Opa“, sondern ein junger Arzt in heller Aufregung:

„Sofort ins Krankenhaus!“

Ich zierte mich, weil das Mädchen sonst ganz munter war. Was soll da schon sein! Mein Mann – 120% ärztegläubig – bestand aber darauf.

Im Krankenhaus wurden die beiden Windel eingehend begutachtet, aber kein Blut gefunden. Trotzdem gab es Alarm wegen einer Salmonellen (!) Infektion.

Wie gesagt, das Mausi war zu dem Zeitpunkt voll gestillt. Aber – Schande über mich – hat sie 1x 50ml Fencheltee getrunken, und da sind „oft“ Salmonellen drin. Genau.

An dieser Stelle müsst ihr wissen, dass der diensthabenden Ärztin die Woche davor ein Kind an Grippe gestorben ist…. das sie Stunden davor heim geschickt hat, weil sich die Eltern wegen einem Infekt nicht so anstellen sollen. Das wusste ich aus der Zeitung. Wie es wirklich war, bleibt fraglich.

Jedenfalls wird meine pumperlgesunde Tochter an einen Tropf und lebensüberwachende Maschinen gehängt – und wir beide in Quarantäne gesteckt.

Wegen Blut in der Windel, das sich nichtmal nachweisen ließ!

Gefühlte 100x hab ich betont, dass das Kind gesund ist und sicher nicht vergiftet.

Während all der Zeit hat sie trotz meiner und der allgemeinen Aufregung friedlich geschlafen und an der Brust getrunken. Die ganzen Kabel, Messgeräte und das Fieberthermometer bestätigten das. Ich hatte schlimmen Lagerkoller, fühlte mich unschuldig eingesperrt.

Mir wurde gedroht:  „Jetzt müssen Sie für Ihre Tochter stark sein! Machen Sie nicht so ein Theater!“

Nach der zweiten Nacht habe ich mich rausgeschlichen, um unseren Kinderarzt anzurufen. Ehrlich wahr, ich hab einen unbeobachteten Moment abgewartet und mich dafür versteckt.

Der weise alte Mann am anderen Ende – wir lieben ihn! – war sehr aufgebracht: „Als ihr Arzt UND Steuererzahler will ich, dass sie das Krankenhaus SOFORT verlassen!“

Das gab mir Kraft, mich einer Schwester anzuvertrauen. Sie kannte und schätzte den weisen Doktor wie ich. So hat sie eine Ärztin aufgetrieben, die mir zähneknirschend ein „Alle Verantwortung bei der bösen Mutter“ Formular vorlegte.

Unter Protest von meinem Mann, der längst überzeugt war eine todkranke Tochter zu haben, verließen wir das Krankenhaus Richtung Kinderarzt.

Der packt das Kind aus, sieht das After an und – stellt dort kleine Risse fest. Ob sie harten Stuhl hatte und eventuell deswegen Bauchweh und – völlig richtig – Fencheltee bekommen hat? Ja, Ja und Ja!

Na, da unten ist alles so klein, das ist wegen der Verstopfung ein bißchen eingerissen. Bitte Salbe, viel trinken, beim Wickeln die Beine bewegen. Verdauung ankurbeln!

In dem Moment fiel mir auf, dass diesen kleinen Blick in ihren Po 2.5 Tage lang im Krankenhaus niemand gemacht hat. Aber Hauptsache Salmonellen, Quarantäne, Puls überwachen, Schimpfen und Drohen!

Ich lerne daraus: Dein praktischer oder Kinderarzt – ist deine Vernunftstimme in der Not.

Vor kurzem mit 8 Jahren landeten wir wegen Darmvirus und Verstopfung wieder im Krankenhaus. Diesmal ging es ihr wirklich schlecht – 3 Tage durch Infusion. Der Kinderarzt setzte durch, den Stuhl auf Entzündung zu untersuchen und siehe da, das war die Ursache…

Ich kann nur unterschreiben: Ihr kennt euer Kind und seine Lebensumstände am besten.

Sagt das in so einer Notsituation LAUTSTARK.

Wenn das nicht hilft, holt euch einen Lautsprecher in Form eures Kinder- oder anderen Vertrauensarztes – egal zu welcher Uhrzeit.

Wenn es ein Notfall ist, schreiten die jederzeit für ihre Patienten ein.

Habt keine Scheu – ich hatte sie und hab mich deshalb wider Vernunft quälen lassen.

Lieber Gruß

Anja aus Argau (CH)

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Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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