„Du, das Sch-Wort sagt man nicht mehr“ – Ein friedlicher Dialog über diskriminierende Sprache


Sprache ist im Wandel, was bedeutet, das einige von ihnen nicht mehr in den heutigen Sprachgebrauch gehören. Aber wie kommuniziert man das eigentlich? Hier folgt ein Beispiel für einen Dialog über dikriminierende Sprache.

„Du, das Sch-Wort sagt man nicht mehr“ – Ein friedlicher Dialog über diskriminierende Sprache:

Sie: Hey du.

Er: Hey.

Sie: Kann ich kurz mit dir reden?

Er: Klar, was gibt’s?

Sie: Okay, also … ich weiß, dass mich das eigentlich überhaupt nichts angeht, aber es gibt da ein Wort, das du immer sagst, das ich ganz schwierig finde.

Er: Welches Wort?

Sie: Ich will es eigentlich gar nicht wiederholen. Es beginnt mit S und ist eine diskriminierende Bedeutung für jemanden, der schwul ist.

Ach, du meinst Sch*******?

Sie: (zuckt zusammen): Äh, ja, genau.

Er: Verstehe. Aber keine Sorgen, ich bin nicht homophob oder so. Es rutscht mir einfach so raus, weil ich das schon mein ganzes Leben lang gesagt habe.

Sie: Das verstehe ich. Mir fällt es auch immer schwer, alte Worte abzulegen, vor allem, wenn sie einem automatisch über die Lippen kommen. Ich wollte es dir nur trotzdem einmal sagen, weil es sehr verletzend für homosexuelle Menschen sein kann.

Er: Wirklich? Aber das ist einfach nur meine Sprachweise. Ich mein das wirklich nicht böse!

Sie: Na ja, du hast das Wort als Kontext einer Beleidigung gesagt …

Er: Ja, aber doch nicht gegen Schwule!

Sie: Wie du es meinst, spielt keine Rolle. Heutzutage verwendet man die sexuelle Orientierung eines Menschen einfach nicht, um jemanden zu beleidigen. Schwul zu sein ist keine Beleidigung.

Er (schweigt einen Moment): Das stimmt natürlich.

Sie: Wie gesagt, es geht mich auch gar nichts an. Aber du hast das Wort so oft in den Mund genommen, dass ich das Gefühl hatte, ich müsse was sagen. Vor allem, weil neulich bei dem Geburtstag einige Menschen saßen, die ebenfalls homosexuell sind.

Er: Oh, echt? Meinst du, die waren verletzt?

Sie: Das weiß ich nicht. Aber mich würde es schon kränken, wenn man mit dem N-Wort um sich schlagen würde.

Er: Krass. Aber wie kommt’s, dass an dem Abend niemand was gesagt hat?

Sie: Ja, weiles nicht die Aufgabe von Betroffenen ist, deine Bildungsarbeit zu übernehmen. Abgesehen ddavon müssen sie das ständig tun und haben irgendwann mehr keine Kraft für diese Diskussionen.

Er (nachdenklich): Hmm…

Sie: Und das Wort ist wirklich beleidigend. Es gilt ja nicht ohnehin als strafbar.

Er: Was?! Es ist strafbar, Schw … ich meine das Wort zu sagen?

Sie: Ja.

Er (betreten): Wow. Ich werde auf jeden Fall nochmal darüber nachdenken.Danke, dass du mich auf das Thema hingewiesen hast.

Sie: Gerne. Danke, dass du mir zugehört hast.

Und auch diesen Dialog hat es nie gegeben.

Tatsächlich ging es nicht um das Sch-Wort, sondern um „Idiot“ – ein Begriff, der, wie ich im Lektorat gelernt habe, ableistisch ist, sprich Menschen mit Behinderungen beleidigt. Im Gespräch erzählte ich meinem Gesprächspartner, was ich vor Kurzem gelernt habe. Er  war völlig perplex, da er noch nie davon gehört habe, doch anstattt mir in einen Dialog zu gehen, war seine erste Reaktion:

„Inzwischen darf man ja gar nichts mehr sagen!“

Zu einem weiteren Gespräch kam es gar nicht erst, denn mit einem Mal war er sauer. Ein paar Begriffe verstehe er ja noch, aber „Idiot?“ Wo sollte diese ganze Wortverbietung hinführen? Ich war überrascht, denn ich wollte gar nicht streiten, sondern nur erzählen, was ich selbst erst vor Kurzem gelernt hatte. Aber trauriger war, dass wir gar nicht darüber reden konnten.

In einem alten Beitrag habe ich mal von dem „inneren Widerstand“ geschrieben, der häufig dann entsteht, wenn wir uns unbequemen Themen (Rassismus, Gendern) stellen. Oft ist es so, dass wir glauben, angegriffen zu werden, und daher sofort in Verteidigung gehen. Das ist schade, weil es so erst recht zu einem „Kampf“ kommt, der eigentlich gar nicht sein müsste.

In meinem Dialog habe ich die Konversation über dikriminierende Sprache so geschrieben, wie ich ihn mir gewünscht hätte.

Beide Parteien blieben ruhig und hören einander zu. Niemand fährt die Mauern hoch oder ist beleidigt. Und das Wichtigste: Der Mann sagt, dass er sich die Zeit nimmt, um darüber nachzudenken. Niemand kann seine Meinung von heute auf morgen ändern, erst recht nicht, was die Sprache betrifft.

Hat die Frau sich eingemischt? Ja Finde ich es trotzdem wichtig, seine Mitmenschen auf diskriminierende Sprache aufmerksam zu machen? Absolut! Allerdings ist es auch von ihrer Seite wichtig, nicht gleich mit dem Finger zu zeigen und auf einen Angriff überzugehen. Je friedlicher die Einleitung, desto friedlicher der Ausgang.

Zu oft sehen wir darüber hinweg, wenn Menschen diskriminierende Worte verwenden, die andere verletzen. Ich würde mir wünschen, die Leute höflich darauf anzusprechen.

Und um in einem kitschigen Zitat abzuschließen:

„Ändere deine Sprache und du änderst deine Gedanken.”
― Karl Albrecht

Wie geht ihr damit um, wenn jemand in eurem Umfeld diskriminierende Sprache verwendet?

Falls ihr Lust auf mehr Dialoge habt:

„Ich fühle mich einsam und allein“ – Ein Gespräch zwischen Mutter und Kind

„Mach das beim nächsten Mal anders.“ – Ein Gespräch zwischen Schülerin und Lehrer

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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