Kinder und Schule: Vergesst die Idee von „Interesse wecken“ und „motivieren“!


Wie oft lese und höre ich von Eltern, Lehrer und Politiker, wie man kleine Menschen und junge Geister zum Lernen antreibt:
„Wie kann Schule ihr Interesse wecken?“
„Wie lassen sich SchülerInnen zum Lernen motivieren?“

Und alles in mir schreit: NEIN!

Denn: Kinder und Jugendliche HABEN Interessen. Sie SIND MOTIVIERT.

Sie haben Lerndurst und sind neugierig. Das ist ihr naturell. Das ist unsere menschliche Natur. Das Lernen steckt in unserem Sein, in unseren DNA, unser Gehirn ist darauf programmiert. Von Geburt an!

Na super! Und warum schmeißen sich Kinder dann nicht mit diesem Wissensdurst auf den Schulstoff wie eine hungrige Raupe Nimmersatt auf Pflaumen und Bananen?
Warum reicht es nicht, Schulbücher aufzuschlagen und die saugen einfach Inhalte in sich hinein wie ein Power-Staubsauger? Häh?
Und warum haben die so wenig Interesse daran, wenn Eltern sie mit „du schaffst es sonst nicht aufs Gymnasium“ oder „wenn du jetzt noch eine 5 schreibst bleibst du sitzen“ ermahnen?

Weil Kinder im „Hier und Jetzt“ leben.
Weil es einer Verbindung ihrer Interessen zum Lernstoff bedarf.
Und weil es darum geht, ihr Interesse und Motivation NICHT zu zerstören.

Ich habe (auch als ehemalige Schulbetreiberin) einige Anregungen für Eltern und Lehrer, wie diese Verbindung zu schaffen ist und worauf es aus meiner Sicht ankommt. Wie immer, eure Ideen und Erfahrungen sind mir dazu wichtig und fließen in die Fortsetzung unseres Buches „Gemeinsam schlau statt einsam büffeln“.

Lasst uns also überlegen.

Mir fällt folgendes ein

1. Eigene Bereitschaft für die Interessen von Kindern und Jugendlichen schärfen

Hm, habt ihr schon mal etwas als „Kinderkram“ abgestempelt? Oder Verhaltensweisen als „kindisch“? Könnte es sein, dass ihre Themen uns so unintellektuell vorkommen, wie geistiges Nudeln mit Ketchup?

Denkt bitte noch mal darüber nach, was das letztlich heißt: Wir stellen uns als Erwachsene über ihre Welten.

Schon mal in Betracht gezogen, dass genau diese Welten ein Schlüssel sind zu mehr Entspannung, Kreativität und Innovation? Was macht es mit euch, wenn ihr euch mal darin vertieft und die Welt mit neuen Augen seht?

Könnte es langweilig sein? Hm, wollten wir nicht mal die Langeweile zelebrieren und unter Denkmalschutz stellen?

Oder könnte es einfach nicht in unserem gestressten Alltag passen? Tja nun. Das ist in der Tat ein Problem. Wir haben, gerade als Mütter, so viel „Mental Load“, dass es echt schwer fällt sich noch auf Kinderwelten einzulassen, nicht? Vielleicht reichen auch nur 5 Minuten erstmal: Einfach auf den dreckigen, unaufgeräumten Boden hinsetzen und das Kind fragen, woran es gerade besonders viel Spaß hat…. was zum nächsten Punkt führt.

2. Nach ihren Interessen forschen

Fragen, Fragen, Fragen! Zum Beispiel unsere vielgeklickten 42 Fragen, um Kinder besser zu verstehen.

Es gibt auch noch eine weitere Technik, die ist zum Beispiel in der Pädagogik der internationalen Schulen fest integriert: Diese nennt sich „inquiry based learning“, fragenbasiertes Lernen.

Und das geht so: Wenn ein Thema dran ist, kippt nicht die lehrende Person einfach das Wissen dazu über die Klasse oder Lerngruppe einfach aus. Sondern sie sammelt mit den Kindern oder Jugendlichen sämtliche Fragen, die sie selbst dazu haben. Die Pädagogen nennen das: Neugierde auslösen! Wichtig. das machen nicht die Erwachsenen, die sammeln das nur. Die Kids entwickeln ihre eigenen Gedanken, und diese befruchten sich gegenseitig.

Beispiel: Schnecken

Warum sind sie so langsam? Warum tragen sie ihr Haus auf dem Rücken? Was ist mit den nackten, haben die kein Haus, sind sie obdachlos? Was fressen sie? Warum essen manche Menschen Schnecken? was haben Schnecken und Lakritzschnecken gemeinsam….? usw.

3. Unsere eigenen Interessen kindgerecht mit-teilen

Über unsere Vorbildfunktion haben wir ja geredet. Können wir das, wofür wir brennen und was uns neugierig macht, auch teilen? Und zwar so, dass Kinder auch damit etwas anfangen können? Oft denken wir, dass das wiederum zu erwachsen und für die Kinder zu „langweilig“ ist… Ich persönlich habe schon einige beruflichen Probleme gelöst, indem ich nur versucht habe, sie so zu beschreiben, dass meine damals 8-9-10 Jährige sie verstehen konnte. Und auch heute, wenn Probleme sehr komplex sind, bitte ich meine Beratungs-Kunden, sie so zu erklären, dass auch ein 10jähriges Kind sie verstehen könnte.

4. Niemals Nicht-Wissen mit Scham verbinden

„Das müsstest du wissen!“ oder „Wie, davon hast du keine Ahnung?“ sind echt doofe Fragen. Sie beschämen den anderen und …ja… demotivieren und vernichten Interesse und Neugier!
Viel besser finde ich es, Nicht-Wissen zu feiern, als Anlass zum Lernen. Und daraus kann man auch ein Spiel machen: Fragen finden, zu denen wir nichts wissen, aber was wissen wollen. Zum Beispiel: Wie wachsen Ananasse? Und wie geht der Plural von Ananas eigentlich richtig und wieso? (Aber dazu erzählt Steph ein anderes Mal eine Anekdote).

Was denkt ihr eigentlich über das Thema „Interesse wecken“ bei Kindern und sie zum Lernen „motivieren“? Welche Interessen haben eure Kinder?

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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