Social Media Detox – Diese App wirklich löschen? JA!


Social Media Detox habe ich, Béa, noch nicht gemacht. Ich überlasse unserer Kolumnistin mindfulsun das Wort:

Dies ist nicht mein erster Social Media Detox, seit ich in der Therapie mit Achtsamkeit in Berührung gekommen bin. Und dieses Mal gehe ich sogar noch einen Schritt weiter.
Die Beweggründe und was sich dadurch – fast sofort – für mich verändert hat, möchte ich heute mit euch teilen.

Meine Social Media „Droge“ der Wahl ist Twitter.

Ich habe nicht nur die App gelöscht, ich habe für den Social Media Detox meinen Account für einen gewissen Zeitraum deaktiviert. Ich würde es wohl sonst nicht durchhalten und doch oft, aus reiner Gewohnheit, die App öffnen oder auf dem Laptop meine Timeline lesen.

Also: Weg damit! Den Rückzug habe ich angekündigt, damit sich niemand um mich Sorgen macht.

Eigentlich wollte ich viel achtsamer mit den sozialen Medien umgehen und doch hat sich in den letzten Monaten wieder gefestigt: Bin ich gelangweilt, Twitter auf. Bin ich gestresst oder frustriert, Twitter auf. Ablenkung gefällig, Twitter auf. Auf lange Sicht ging das nicht mehr so weiter.
Der erste Griff beim Morgenkaffee zum Handy: Statt mir den Himmel vor der eigenen Nase anzuschauen, scrollte ich durch soziale Netzwerke, um mir  die Himmelsfotos von anderen anzuschauen. In der Schlange vom Supermarkt oder an der Haltestelle, schnell zwischendurch Nachrichten an Menschen geschrieben.

Wertvolle Zeit, die ich hätte damit verbringen können, mich auf mich zu besinnen oder mit den Menschen in meiner Umgebung in Kontakt zu treten.

Der Fokus auf die Achtsamkeit ging immer mehr verloren.
Und ich merkte auch: Meine Tweets wurden unachtsamer.

Ich habe auch auf Antworten impulsiver reagiert, da ich seltener Pausen zwischen Reiz (Kommentar anderer Menschen) und meiner Reaktion gelassen habe. Meine Geduld mit den meisten Menschen wurde immer knapper. Ich hatte viel weniger Mitgefühl. Das hallte bei mir auch nach, nachdem ich Twitter geschlossen hatte. Der Umgang miteinander tat mir nicht mehr gut. Soziale Medien sind eben nicht immer sozial. Oft genug geht es um recht haben. Auch habe ich selbst angefangen, andere vermehrt zu beurteilen und zu verurteilen. Und das geht für mich überhaupt nicht. Das war nur eine weitere Erinnerung an mich: Lass soziale Netzwerke sein!

Also: Rückzug aus digitalem Stress und zwar komplett! Ich konnte mich selbst immer weniger leiden, als ich immer unachtsamer wurde. Das entspricht nicht meinen Werten und mit eben diesen möchte ich mich wieder verbinden.

Und dazu gehört auch, dass ich jetzt wieder Zeitungen kaufe.

Ich bin momentan nicht diszipliniert genug, nicht doch wieder in die Kommentarspalten von Online Medien zu schauen. Was sich da teilweise abspielt, möchte ich nicht mehr lesen.

Statt mit Menschen Nachrichten auf Twitter auszutauschen, telefonieren wir jetzt öfter.

Das resultiert in bedeutungsvolleren Kommunikationen, statt zwischendurch mal hier und da eine Nachricht zu schreiben. Ich nehme mir Zeit und bin wieder achtsamer dafür. Ich tausche mich jetzt mit weniger Menschen aus, dafür mit mehr Tiefe und das tut mir sehr gut. Ich habe schon vor einiger Zeit beschlossen, mit anderen nicht mehr unbedingt auf diversen Messengern und Social Apps zu kommunizieren. Zu viel Spielraum für Interpretationen und Missverständnisse, zu unpersönlich. Heute nutze ich WhatsApp nur noch für den Austausch mit meinen Jungs und für kurze Dinge, wie Verabredungen mit Freunden und Bekannten. Für alle anderen Themen gibt es diese Funktion auf meinem Handy, die nennt sich Telefon.

Der erste Morgen ohne Social Media, beim Morgenkaffee: Blick aus dem Fenster und den Himmel über Berlin bewundert.

Festgestellt, dass das Wetter perfekt für eine Laufrunde geeignet ist. Und statt mich in meiner Twitter Timeline zu verlieren, bis der Kaffee kalt ist – habe ich mir meine Laufschuhe geschnappt und die erste Runde seit langer Zeit gedreht. Das mache ich jetzt fast wieder täglich und es tut mir gut. Meine Gedanken ganz bei mir selbst.

Wenn ich doch den Drang habe, mich im Internet zu bewegen, dann recherchiere ich neue Rezepte. Denn ich möchte auch wieder achtsamer mit meiner Ernährung sein. Was ich da so gefunden habe, werde ich auch bald mit euch teilen. Einmal pro Monat werde ich hier meine liebsten veganen Rezepte zeigen. Meine wöchentliche Kolumne für tollabea werde ich beibehalten.

Auf meinem Nachtschrank liegen jetzt auch wieder viel mehr Bücher.
Und ich habe mehr Zeit und Geduld, walisisch zu lernen.

An dieser Stelle: Geholfen hat mir auch mein Smartphone auf Graustufen zu stellen. Bunte Farben lockten doch öfter: „Komm! Schau auf das Handy! Spiel mit mir!“
Und das hat auch mit Dopamin zu tun, dem sogenannten Glückshormon: Social Media ist soziale Interaktion und dieses Hormon wird ausgeschüttet.

Insgesamt bin ich nach kurzer Zeit schon viel ruhiger geworden, vor allem gelassener.

Nach und nach verbinde ich mich wieder mit dem, was mir wichtig ist: Meinen Werten und dazu gehört auch die gewaltfreie Kommunikation.
Wie viel mentale Kapazität ich da täglich in Social Media gesteckt hatte, erkenne ich erst jetzt wieder ganz klar. Die Distanz fühlt sich gesund an.
Hier ist es doch an mir selbst, eine Grenze zu setzen. Mich dem freiwillig täglich auszusetzen, hat mir viel Kraft geraubt. Und es lag an mir das zu ändern.

Habt ihr eigentlich schon mal ehrlich nachgedacht, wie viel Zeit ihr täglich auf (vielleicht auch mehreren) Social Media Kanälen verbringt?

Oft fällt das ja nicht so auf, weil es quasi kleckerweise ist. Hier eine Statistik dazu, die besagt: durchschnittlich 2 Stunden täglich. Das finde ich doch am Ende sehr viel.

Ich spüre, der Social Media Detox – weg von der digitalen Dauerbeschallung – bringt mich wieder hin zu mehr bewussten, gesunden und aktiven Entscheidungen. Klarheit und Selbstfürsorge!

Es geht auch nicht um Durchhalten, sondern um bewusst wahrnehmen, was sich positiv für mich verändert.

Ich weiß nicht, wie lange meine Pause dieses Mal sein wird: Wochen, Monate?
Ich vermisse den enormen Druck nicht, den ich mir selbst gemacht habe. Denn mein eigenes Verhalten spielt eine große Rolle für mein Wohlbefinden. Schnell mal auf Twitter reinschauen? Schauen wir mal…

Das waren meine Beweggründe und Erfahrungen, eure sehen vielleicht ganz anders aus. Ob ihr den Social Media Detox für einen gewissen Zeitraum ausprobieren möchtet oder die komplette Abstinenz bleibt: „Diese App wirklich löschen? Ja!“ Das ist individuell. Ich nehme mir einen kompletten Verzicht nicht vor, ich schaue, wohin mich mein Weg führt. Ohne die ständige Berieselung mit Benachrichtigungen. Wenn überhaupt wieder, dann mit einer gesünderen Beziehung zu Social Media und mehr digitaler Achtsamkeit.

Kann ein Digital Detox kurzfristig schon Stress reduzieren? Ja! Es kann auch ein großer Schritt in Richtung zu einem achtsameren Umgang mit der Technik hin. Ein Schritt zu bewusster Kontrolle.

Social Media Detox Anleitung. Ziele setzen, alternative Aktivitäten und Reflexion

Wann habt ihr euer Handy einfach mal in die Ecke gelegt? Habt ihr schon mal einen Social Media Detox gemacht? Was waren eure Beweggründe? Hat es euch gutgetan und was habt ihr in der Zeit für euch entdeckt? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen.

Eure mindfulsun

PS und kleine Challenge: Eine Woche lang nur zu bestimmten Uhrzeiten die Apps öffnen: Und nach einer gewissen Nutzungsdauer abschalten. Diese Zeit legt ihr vorher fest. Oder es einen Tag lang mal auszuprobieren: Ganz ohne! Vielleicht schon spüren, wie der ständige Drang nachlässt, bestimmte Seiten und Apps zu öffnen.

PPS von meinem 17-jährigen Sohn zu Fear of missing out oder auch kurz „FOMO“:
Das beschreibt die Angst, etwas zu verpassen, wenn auf den sozialen Netzwerken nicht oft genug nachgesehen wird. Vor allem tritt dies bei jungen Menschen ein, welche viel an ihren Handys hängen. Wie auch bei mir früher, bis ich gelernt habe bewusster, damit umzugehen. Diese Angst hat mir lange den Schlaf geraubt und meine Lebensqualität eingeschränkt. Seit ich das im Griff habe, kann ich von besserem Schlaf reden.

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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7 Kommentare

Hanno
Antworten 13. Januar 2020

"Habt ihr eigentlich schon mal ehrlich nachgedacht, wie viel Zeit ihr täglich auf (vielleicht auch mehreren) Social Media Kanälen verbringt?"

Liebe mindfulsun, ja, habe ich. Und habe für mich befunden, dass es zu einer schlechten Angewohnheit geworden war, mit der ich mich von dem abgelenkt habe, was eigentlich wichtig und wesentlich ist.

Weil ich sehr viel am Computer arbeiten muss sind Nachrichten, E-Mail, social-media sehr leicht erreichbar. Dabei würde es vielleicht auch ausreichen E-Mails nur einmal am Tag nachzuschauen.

Und wie Du es schreibst: Die Achtsamkeit leidet. Ich habe dann einen anderen Weg als das komplette Detox für mich gefunden: eine App von freedom.to , die ich eine Weile genutzt habe.

Damit kann man eine Zeit einstellen, in welcher zum Beispiel das E-Mail-Programm blockiert ist und ausserdem alle Nachrichten- und social-media-Seiten gesperrt sind. Man kann das individuell einstellen und um Webseiten und Apps ergänzen, die man eine Zeit lang sperren will. Mir ist über diese App bewußt geworden, dass ich mir da unvorteilhaftes Verhalten angewöhnt hatte.

Das ist vielleicht eine gute Lösung für Menschen, die nicht ein vollkommenes Detox machen wollen, sondern nur für gezielte Zeiträume jeden Tag.

Ich freue mich, Dich hier zu lesen - Danke für Deinen Beitrag!

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