Wie viel Zucker ist zu viel und zu wenig – eine natürliche Balance für Kinder finden


Seit einiger Zeit kursiert ein „zuckerfrei leben“ Trend, der sich nun auch auf die Ernährung der Kinder übertragen soll. Ich habe mir die Frage gestellt, wie viel Zucker zu viel und zu wenig ist, und wie Kinder eine natürliche Balance finden können.

In meinem Beitrag Schokolade als Belohnung habe ich bereits ausführlich darüber geschrieben, welche Folgen es haben kann, Kindern  etwas Süßes als Belohnung anzudrehen. Kinder sollten Belohnungen nicht gleich mit Essen – und vor allem Süßes – verknüpfen.

Nun stellt sich jedoch das andere Extrem auf: Der komplette Verzicht auf Zucker.

Seit Jahren schon erscheinen immer mehr Bücher auf dem Markt, in denen es heißt, dass ein Leben ohne Zucker das Gesündeste sei. Die Rede ist von Zucker als „süßem Gift“ und einer „Sucht“. Ziemlich abschreckende Worte. Ich bin dem Ganzen mal auf den Grund gegangen, um herauszufinden, was hinter diesen Theorien steckt.

Wie Zucker im Körper wirkt

Es ist so, dass das Hormon Insulin den aufgenommenen Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert und das Belohnungssystem beeinflusst. Je höher der Insulinspiegel nach dem Essen ist, desto mehr Dopamin wird ausgeschüttet – und Dopamin ist schließlich eins der Botenstoffe, dass Glücksgefühle erzeugt. Es ist also tatsächlich so, dass Zucker süchtig machen kann und der Bedarf nach mehr Dopamin und dem Belohnungsgefühl wiederholt werden möchte.

Auch der Mund reagiert sehr wohltuend auf Zucker. Es heißt zwar, dass die Zunge in bestimmte Geschmackszonen eingeteilt ist und auf der Zungenspitze am ehesten auf Zucker reagiert wird, aber richtig ist, dass die Geschmacksknospen im Mund auf Süßes wirkt. Auch sonst im Körper gibt es Rezeptoren (Magen, Bauchspeicheldrüse) die empfänglich für Süßes sind und den Zucker mit offenen Armen empfangen.

Zucker geht außerdem ohne jegliche Umwege sofort zur Blutbahn und lässt den Blutzuckerspiegel zwar sehr schnell an- aber auch absteigen.

Das Endergebnis ist erneuter Hunger!

Zucker = Fettleibigkeit?

Hinter dem ganzen zuckerfreien Lebensstil steht im Grunde ein Ziel: Fettleibigkeit verhindern.

Es ist eine unausgesprochene Tatsache, dass die westliche Welt immer mehr an Übergewicht und Diabetes leidet – der Grund dafür wird unter anderem dem Zucker zugeschrieben. Bevor ich tiefer in die Materie gehe, muss ich jedoch gleich sagen, dass ich diese Theorie für falsch halte. Ja, wir Menschen essen viel Zucker im Alltag – vor allem essen wir ihn unbewusst (in Brot, Saucen, …). Aber den Hauptgrund sehe ich viel mehr darin, dass wir Menschen ohnehin zu viel essen. Die Portionsgrößen, an die wir uns mittlerweile gewöhnt haben, übersteigen oft das natürliche Sättigungsgefühl.

Die Snacks, die wir immer zwischendurch nehmen (Chips, Nüsse, Obst, Schoki) geschehen ebenfalls aus aus Appetit und nicht aus Hunger. Ja, oft spielt Zucker eine Rolle, aber eben nicht nur. Die sogenannte Fettleibigkeit ist also definitiv nicht nur dem Zucker zugeschrieben.

Beide Extreme sind Extreme

Zurück zum Anfang. Das Leben ohne (Industrie)Zucker bietet also einige (vermeintliche) gesundheitliche Vorteile. Dennoch zählen sie für mich zu einer Extremform. Gerade bei Kindern stößt mir das Thema sauer auf. Es ist immer die Rede davon, Kindern nicht zu viel Zucker zu geben, aber ist es richtig, ihnen den Zucker komplett zu verweigern? Was ist mit Kindergeburtstagen? Was ist mit Halloween? Was ist mit Weihnachten? Ist es überhaupt in der Praxis machbar, ein Kind ohne sämtlichen Industriezucker zu erziehen?

Verbote ziehen an

Eine weitere Sorge ist, dass beim Kind durch ein Verbot etwas erst recht – Achtung, Wortwitz – schmackhaft gemacht wird. Ein „du darfst das nicht“ hat bei mir früher immer den gegenteiligen Effekt à la „Challege Accepted“ ausgelöst.

Eine natürliche Balance für Kinder finden

So, nun muss ein Lösungsansatz her. Zu viel Zucker ist definitiv nicht gut, aber gar kein Zucker ist auch nicht erst umsetzbar. Wie findet man also die richtige Balance? Ich bin dafür jede Form von Zucker auf jeden Fall beizubehalten, aber in kein Extrem zu rutschen. Das gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.

Mein Vorschlag wäre, Zucker nicht per se zu verbieten, aber dennoch ein paar „gesündere“ Alternativen (z.B. Obst) aufzuzeigen. Obst soll allerdings nicht die neue „Alternative“ werden. Jede Form von Zucker soll erlaubt, und keine verteufelt werden.

Béa spricht sich für die Vielfalt des Geschmacks aus, und für eine Weiterbildung der Geschmacksnerven und des Interesses am Schmecken, Kochen und Zubereiten im Allgemeinen. Wenn Kinder merken, was für ein Spaß in all dem Experimentieren, Schnippeln, Brutzeln, Kneten, Dampfen, Blanchieren… etc. drin steckt, dann wird die Tüte Gummibärchen eher langweilig.

Keine „Du wirst dick“ – Drohungen

Abschließend noch eine letzte Anmerkung. Bitte verbietet Kindern nichts Süßes mit einer Anspielung darauf, dass sie dick werden. Erstens stimmt das nicht immer, zweitens herabwürdigt das den dicken Körper und impliziert, dass dieser ungesund sein muss. Diese Denke ist gefährlich! Nicht alle Menschen haben dieselben Voraussetzungen (z.B. Genetik). Sollte euer Kind in ein Extrem rutschen, könnt ihr die Balance mit verschiedenen Rezepten suchen, die das Kind schließlich auch toll finden wird.

Was ist eure Meinung zu diesem Thema und wie geht ihr mit Zucker um?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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