4 Manieren bei Kindern, die mir als Mutter wirklich wichtig sind
Es gab schon öfters Diskussionen in der Tollabea Community, ob Manieren bei Kindern überhaupt noch vereinbar sind mit einer modernen Erziehung. Z.B ob sich Kinder entschuldigen müssen, wenn sie etwas verbockt haben, war ein Thema…
Wir waren uns einig, dass die Grundlage für das, was wir „Manieren“ nennen – also einen gesellschaftlich verträglichen Umgang miteinander – eigentlich eine gute und gesunde Wertevermittlung ist.
Wir wissen alle, dass wir Werte nur durch Verhalten vernünftig vermitteln können. Verhalten bedeutet in erster Linie ein gutes Beispiel, vor allem am Anfang, in den jungen Jahren. Aber es gehört auch zum Verhalten – vor allem später, wenn Kinder durch Sprache kommunizieren und auch reflektieren können – klar zu formulieren, was unsere Erwartungen sind. Und zu erklären, warum das wichtig ist. Möglicherweise auch zu diskutieren und Widerworte zu empfangen…
Hier sind die vier Manieren bei Kindern, die mir wichtig sind und am heißesten bei uns diskutiert wurden…
1. Begrüßungen, Verabschiedungen, und Menschen anschauen
Jedes Baby und jedes Kleinkind hat eine Phase, in der es anfängt zu „fremdeln“, und die ist gesund und gut. Der Nachwuchs klebt an der Schulter bzw. am Bein und dreht den Kopf weg vor Menschen, die sich nicht ganz vertraut anfühlen… Hier ist es wichtig, nichts zu erzwingen!
Doch ab Kindergartenalter (also ca. 3) habe ich es für wichtig erachtet, dass Carina nicht grußlos und ohne Menschen anzuschauen an Freunden, Bekannten und ihren Kindergartenmenschen vorbeizieht. Ich habe sie in den Arm genommen, bevor es zu Begegnung kam, und dann haben wir „zusammen“ „Guten Tag“ oder „Hallo“ gesagt – auch wenn sie sich weggedreht hat.
Dann habe ich das Spiel „Augenfarbe merken“ eingeführt als kleiner Trick, dass sie Menschen anguckt: Wenn wir irgendwo waren, haben wir hinterher darüber gesprochen, wer welche Augenfarbe hat. Das hat sehr gut geklappt!
Später, als Carina in der Pubertät war, fing die Diskussion an, ob sie Leute begrüßen muss, die sie nicht mag. Das haben wir ausdiskutiert und sogar einen kleinen Redewettbewerb zum Thema gemacht. Ich glaube, ich war überzeugend. Ja, wir begrüßen alle, die wir treffen. Allerdings als Großstädter sind wir es nicht gewohnt, unbekannte Leute auf der Straße zu grüßen. Auch auf dem Dorf machen wir das nicht von uns aus, obwohl es freundlich wäre und wahrscheinlich begrüßt würde 🙂
2. Sein Dreck nicht anderen hinterlassen
Hach ja. Never ending story! Das mit dem Tischabräumen war halbwegs OK, klappte zu ca. 80%. In der Pubertät bekam ich zu Hause zu hören: „Mach’s dir selbst!“ (Da musste ich ausführlich erklären, was dieser Satz eigentlich bedeutet). Dass die Wertevermittlung besser klappte als ich zuhause den Eindruck hatte, entdeckte ich immer wenn wir woanders zu Besuch waren. Dann war selbst meine pubertierende Tochter plötzlich ein Engel! „Soll ich ich das in die Küche bringen?“ „Soll ich das ausspülen?“ „Kann ich sonst noch helfen?“. Die Werte waren also wenigstens angekommen, auch wenn ich während der Pubertät mit Carina allein wenig davon profitiert habe.
Auch über die Funktion von Klospülungen und Klobürsten mussten wir oft sprechen bis das zum Standardverhalten wurde. Das scheint nicht zu jeder Kinderstube zu gehören, später musste ich auch Praktikanten und gar Mitarbeiter darauf aufmerksam machen.
3. Bitte, danke und darüber hinaus: Dankbarkeit verspüren und artikulieren
Klar, „Bitte“ und „Danke“ üben wir ja ein, weil von unseren Eltern als wichtig eingebläut. Irgendwie gibt es das in allen Kulturen, und ich finde das auch OK.
Was mir wichtig ist, ist tatsächlich noch etwas, was ich über die reinen „Manieren“ als wichtig ansehe: Dankbarkeit. Sie macht auch mit mir etwas. Dankbarkeit zu empfinden ist ein wunderbares Gefühl, das wiederum für positive Gefühle sorgt. Dieses Gefühl, wenn man einem Menschen wirklich dankbar ist, auch in Worte zu fassen, verfestigt Beziehungen und macht Freundschaften schöner. Für Kinder finde ich inspirierend, auch für sein Lebensglück Dank zu empfinden und ausdrücken. Ich habe meinem Kind gesagt, dass ich dankbar bin, dass sie mein Kind ist. Immer wieder.
4. Kommunizieren, Kommunizieren, Kommunizieren
Ich bin zum Glück nicht traumatisiert oder geschädigt durch meine Kindheit. Meine Eltern und meine Oma haben immer erklärt, argumentiert und gesprochen. Mein Vater hat als Choleriker leider manchmal geschrien. Erklärungslos war ich somit nie. Mit Schweigen und Ignorieren bestrafen („silent treatment“) kenne ich nur von den Eltern anderer Freunde und einigen komischen Lehrern. Ich habe es so gehandhabt mit meiner Tochter wie meine Eltern mit mir: „Wir reden miteinander, auch über die Dinge, über die wir uns ärgern!“. Das führte dazu, dass meine Tochter schon mal mitten im Kino bei Missverständnissen auf der Leinwand laut rief: „Warum reden die nicht normal miteinander???“
Dann tauchte mein jetziger Mann Oliver in unser Leben und lehrte uns eine neue Dimension des Erklärens, Erläuterns und – wenn nötig – auch Entschuldigens. Dem Pubertierchen zuweilen so viel, dass sie Unfug schon deswegen nicht machte, um der anschließenden Diskussion zu entgehen…
Meine Tochter hatte nie die Erfahrung, dass wir nicht kommunizieren. Und ich bin stolz drauf. Übrigens, da ich jahrelang beim TV und Film gearbeitet habe, gibt es bei uns in der Familie auch die Formulierung: „Dein Text ist… „. So teilen wir uns gegenseitig auch humorvoll unsere Wünsche mit, was der andere sagen soll.
Ich erlebe bei so vielen Menschen das Unvermögen, die simpelsten Dinge mitzuteilen, wie z.B.: „Was ich dir heute zugesagt habe, schaffe ich leider nicht. Ich kann erst morgen liefern.“
Ja, das gehört für mich zu „Manieren“.
Welche Manieren bei Kindern sind euch wichtig?
Liebe Grüße,
Béa
- 04. Aug 2018
- 3 Kommentare
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- Bedürfnisse, Ich-Gesellschaft, Klare Ansagen, Klarheit, Manieren, Umgang miteinander, Werte
Marie
14. November 2018Ehrlich gesagt kann ich den Artikel nicht nachvollziehen, weil Kinder machen wirklich alles einfach nach, sofern wir es ihnen vorleben. Meine Kleine ist jetzt 3 und verfügt über all diese „Manieren“ seitdem sie laufen und sprechen kann. Natürlich nicht zuverlässig, weil sie ist eben noch sehr klein - und gerade bei Begrüßung mitunter noch sehr schüchtern. Es würde mir nicht einfallen sie zu drängen, gerade wenn sie Überforderung anzeigt wie Kopf wegdrehen etc, nur weil ich mir einbilde sie hätte das jetzt schon zu können. (Auf der anderen Seite wird sie auch ständig ignoriert wenn sie freundlich grüßt, vllt von gewissen Großstädtern wer weiß) Da fehlt mit in der Gesellschaft und auch hier auf der Seite der gesunde und realistische Blick auf Kinder und meiner Ansicht nach sollte Anspruchsdenken überdacht werden. Warum fühlt man sich angegriffen wenn ein Kind noch nicht der Etikette entspricht? Danke zu sagen hat ja nun auch nichts mit echter Dankbarkeit zu tun und wenn die Augen nicht leuchten war es wohl keine echte Freude. Jeder hat ein Recht auf echte Gefühle und falsche Höflichkeit kommt früh genug... Eigentlich bin ich ja auf der Suche nach einer Richtigstellung zum Elternschule-Artikel. Übersehe ich da was oder bleibt Ihr jetzt wirklich bei der ersten Meinung?
Béa Beste
14. November 2018Danke liebe Marie für deine Anmekrungen... eigentlich dachte ich, dass wir eigentlich nicht so weit auseinander sind - ich bin auch der Meinung, dass Beispiel am wichtigsten ist!
Vielleicht habe ich mich hier besser ausgedrückt:
Zum Thema "Elternschule" werde ich selbst noch was schreiben, wenn ich den Film sehen konnte. Bin selbst auf Gran Canaria und Streaming gab es vom Verleih nicht.
Aber eine klare Aussage kann ich immer machen: Ich - und wir alle - sind eindeutig gegen jede Form von Gewalt an Kindern.
Liebe Grüße,
Béa