Warum es sich immer lohnt, eine neue Sprache zu lernen – auch für die Muttersprache


Neue Sprache lernen? Ganz oft höre ich Eltern, die sich gegen bilinguale Schulen oder einen zusätzlichen Spracherwerb bei Kindern mit der Begründung entscheiden:

„Soll das Kind doch seine Muttersprache erst gut beherrschen!“
oder
„Soll es erst mal eine Sprache richtig können, dann sehen wir weiter!“

Das ist eine eindeutig verkehrte Denke, die bereits von Gehirnforschern und Sprachwissenschaftlern widerlegt ist. Wir haben im Gehirn nicht mehrere Sprachzentren, die sich gegenseitig auf zu kleinem Raum verdrängen. Nein, die Vorstellung, die viele haben, dass so etwas wie Bubbles beschriftet mit „Deutsch“, „Englisch“ oder „Französisch“ im Gehirn irgendwie Platz einnehmen und miteinander konkurrieren, ist schlichtweg falsch.

Wir haben so eine Art dezentrales, neuronales Netzwerk im Gehirn, das für Sprache zuständig ist.

Gehirnwissenschaftler haben heraus gearbeitet, dass

„für das Sprechen eine ganz Anzahl von Gehirnarealen zuständig ist, die parallel arbeiten, um ein so kompliziertes Verhalten zu bewerkstelligen. Sprache wird bei den allermeisten Menschen vor allem in der linken Gehirnhälfte verarbeitet. Eine Region im Bereich der linken Schläfe prüft die Kategorie der eintreffenden Worte. Sie baut gemeinsam mit dem Broca-Areal, das auch in Höhe der linken Schläfe liegt und für die Grammatik zuständig ist, die Satzstruktur auf. Hinter dem linken Ohr befindet sich das Wernicke-Areal, das die Bedeutung der Wörter, also ihren semantischen Gehalt misst. Hinzu kommen noch die Gehirnbereiche, die etwa die Mundmotorik und die Lautbildung steuern. Es wird deutlich, wie komplex das Zusammenspiel von unterschiedlichen Gehirnteilen ist, um eine Verhaltensweise wie das Sprechen zu unterstützen.“ (kindergartenpaedagogik.de)

Mit jeder neuen Sprache wird dieses Sprach-Netzwerk im Gehirn größer, schneller, smarter und besser vernetzt.

Also: Wenn wir uns eine neue Sprache aneignen, werden wir auch in der Muttersprache besser und in allen anderen Sprachen, die wir sprechen.

Es gibt zwar Forscher, die herausgefunden haben, dass die Bildung dieses Sprachsystems in Gehirn am besten in den ersten Lebensjahren passiert – denn danach kann es sein, dass dieses neuronale Netzwerk sich nicht mehr ganz so „organisch“, sondern dann doch als Parallelnetzwerk entwickelt. Das bedeutet zwar immer noch nicht, dass die „Sprachnetzwerke“ miteinander konkurrieren, sondern dass die Verschaltungen etwas schwerfälliger ablaufen: Wir lernen langsamer und weniger intuitiv. Wir stellen uns zu viele Fragen – warum, wieso, etc. Aber das hat auch viel mit der Methode zu tun, mit der wir lernen. Büffeln wir Vokabeln, ist das nicht so gut. Lernen wir durch Immersion, also Eintauchen in die Sprache und zusammen mit Muttersprachlern, haben wir deutlich mehr Chancen, an das erste Netzwerk andocken zu können.

Und genau mit diesem Wissen können wir uns auch vom Anspruch der Perfektion in einer Sprache lösen: Es geht nicht darum, Grammatik und Satzbau perfekt zu beherrschen, sondern uns gut verständlich zu machen. Mein Argument dazu ist, dass Sprache nicht nur Transportweg von Gedanken, Gefühlen und Inhalten ist – sondern auch hilft, Kulturen und andersartiges Denken kennenzulernen, zu dekodieren und besser zu verstehen. Also Sprache trainiert auch die Empathiefähigkeit gegenüber anderen Menschen.

Noch was:
Dass Menschen, die mehrere Sprachen beherrschen, es besser im Leben haben, beweisen eine Reihe von Erkenntnissen (alles verlinkt)!

1. Jeder neue Spracherwerb macht das Gehirn fitter – egal in welchem Alter. Angeblich reduziert man damit sogar das Alzheimer-Risiko.

2. Menschen, die mehr Sprachen beherrschen sind kognitiv überlegen. Sie treffen sogar bessere EntscheidungenUnd oft haben sie bessere Ergebnisse im Mathe. Kein Wunder, dass sie besser mit Geld umgehen können und es auch besser angelegt bekommen.

3. Ihr Gedächtnis ist besser, sie können sich Dinge, zum Beispiel Namen und Wege besser merken.

4. Sie sind kreativer.

Alles klar? Also, wenn ihr eine Gelegenheit habt, euch oder euren Kindern den Zugang zu einer neuen Sprache zu ermöglichen, zögert nicht! Ergreift sie! Lasst sie Sprachen lernen.

Liebe Grüße,

Béa (die gerade Spanisch lernt!)

Übrigens – habt ihr schon mal in den Ferien erlebt, wie Kinder aus verschiedenen Sprachräumen total einfach miteinenader kommunizieren?

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Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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