Selbstmitgefühl entwickeln – Was ist das und warum ist das so wichtig für uns und für unsere Kinder


Kennt ihr das Konzept von Selbstmitgefühl? Unsere Kolumnistin mindfulsun hat einen wunderbaren Beitrag darüber geschrieben:

Ich war nie besonders selbstbewusst und Selbstliebe ist mir ein fremdes Konzept, ebenso außerirdisch wie Selbstwertgefühl. Die Schlagworte: Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Selbstliebe!

Genau das waren sie für mich auch – Schläge.

Bis, ja bis ich den Weg zur Achtsamkeit gefunden habe und hier hörte ich zum ersten Mal von einem Wort, mit dem ich auch tatsächlich etwas anfangen konnte:

Selbstmitgefühl!

So wie viele andere Menschen sicher auch, bringe ich meinen Mitmenschen viel Mitgefühl entgegen. Rücksicht, Nachsicht und schnell verzeihen. Alles das hatte ich allerdings für mich selbst nie übrig.
Selbstmitgefühl ist: Mir eben dies auch entgegen zu bringen! Mich selbst so zu behandeln, wie ich einen Freund behandeln würde – mit Wärme, Mitgefühl, Respekt und Nachsicht.

Ich schreibe diesen Artikel allerdings nicht, nur um meine Geschichte zu erzählen: Für mich ist es sehr wichtig geworden, auch meinen Söhnen diese Fähigkeit zum Selbstmitgefühl zu vermitteln.

Ich möchte heute nicht mehr Teenager sein, das war früher schon nicht einfach. Nur in Zeiten von Social Media und höher – schneller – weiter, ständig präsent sein: Das ist enormer Stress in einer Zeit, wo die Hormone eh schon komplett am Rad drehen.

Und dann eben dieses: Sei selbstbewusst, steh drüber! Vergleiche dich doch nicht immer mit anderen! STOPP!

Vergleiche dich doch nicht immer mit anderen ist prima, nur macht der Kopf das wohl oft automatisch. Wie wäre es denn mit: Egal was bei diesem Vergleich rauskommt – Ich bin ok!

Selbstmitgefühl ist auch: Freundlich zu sich selbst zu sein, nachsichtig, achtsam und in dem Bewusstsein zu leben – Alle Menschen machen gute und schlechte Erfahrungen, jeder Mensch erlebt Schmerz in seinem Leben! Jeder Mensch macht Fehler! Wir sind eben nicht alleine damit auf der Welt.
Sich dessen bewusst zu werden hilft auch dabei, weniger Scham zu empfinden. „Ich bin sicher der einzige Mensch, dem es so geht…“

Nein! Scham ist toxisch.

Dieser Scham mit Selbstmitgefühl zu begegnen, hilft enorm und ist eine große Erleichterung. Gerade für Kinder und Teenager ist das doch so wichtig.

Unseren Kinder vermitteln: Das Leben ist ein Auf und Ab, Gedanken und Gefühle kommen und gehen, auch die schlechten Gefühle gehören zum Leben dazu! Ihnen helfen, damit umgehen zu können. Akzeptanz!

Wenn ich einen Fehler gemacht habe, gehe ich nachsichtig mit mir um. Hier können wir Eltern auch Vorbild sein und unsere Kinder unterstützen, dies ebenso zu erlernen.

Nehmen wir eine schlechte Note oder etwas wichtiges vergessen haben, vielleicht hadert das Kind dann mit sich – statt: „Vielleicht solltest du das nächste Mal mehr lernen und dich mehr konzentrieren!“ (Wenn auch oft gut gemeint und nicht ermahnend ausgesprochen) ein: „Ich weiß, du fühlst dich jetzt nicht gut und hättest es gern besser gemacht. Was brauchst du jetzt?“

Natürlich lieben wir unsere Kinder, egal welche Noten sie nach Hause bringen und sagen ihnen das auch. Selbstmitgefühl, sich hier selbst zu verzeihen und gütig behandeln, ist auch wichtig. Denn manchmal helfen Worte von außen leider nicht viel. So kann das Kind erkennen, was es in diesem Moment braucht und wir lernen auch daraus. Die Liebe der Eltern stärkt die Kinder von außen, Selbstmitgefühl stärkt die Kinder von innen. Und wenn sich die inneren Wogen dann geglättet haben, lernt es sich gleich viel motivierter.

Wenn wir ihnen vorleben, dass auch wir uns mit Selbstmitgefühl begegnen, lernen unsere Kinder durch uns. Das ist die Grundvoraussetzung: Vorleben!

Ganz besonders an schlechten Tagen, bei Stress, wenn wir traurig sind oder Fehler machen und Enttäuschungen erleben – Wie wir dann mit uns selbst umgehen, zeigt unseren Kindern den Weg.

An dieser Stelle, was Selbstmitgefühl nicht ist: Selbstmitleid, Egoismus, Faulheit und dafür Ausreden finden, jegliche Verantwortung von sich schieben. Sich selbst auch verzeihen zu können, heißt auch gleichzeitig: Selbstreflexion und an mir arbeiten!

Selbstmitgefühl hilft auch dabei, sich nach einer Niederlage wieder auf die Beine zu stellen.

Selbstbewusstsein hilft dabei mutig zu sein, sich Herausforderungen zu stellen.
Die beiden Dinge können also gut auch Hand in Hand gehen.

Dabei ist Selbstmitgefühl nicht abhängig von außen, selbst wenn ich wirklich mal komplett auf der Nase lande, kann ich mir selbst mit Nachsicht begegnen.

Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein sind doch sehr oft abhängig von äußeren Faktoren, gerade bei Teenagern. Und dann ist das wie eine Achterbahn: Kommt Gutes von außen – ab nach oben! Kommt vermeintlich Schlechtes von außen – abwärts!

Selbstmitgefühl erlernen heißt auch, diese Achterbahnfahrt abzuschwächen und nicht mehr ganz so extreme Loopings zu fahren.

Mit dem Erlernen von Selbstmitgefühl steigt das Selbstwertgefühl.

Diese Erfahrung habe ich zumindest gemacht und bin sehr dankbar dafür.

Im nächsten Artikel werde ich genauer darauf eingehen, wie wir als Eltern unseren Kindern helfen können mehr Selbstmitgefühl zu entwickeln. Wichtig war mir in diesem Artikel erst mal generell zu beschreiben, was es überhaupt ist.

Heute ging es um das „Warum und was“, beim nächsten Mal mehr um das „Wie“.
„Wie fühle ich mich?“ „Was brauche ich?“ Fragen, die sich jeder selbst stellen kann, auch unsere Kinder.

Und manchmal braucht es auch einfach, dass man sich selbst eine kleine Umarmung gibt – vielleicht auch die Hände auf das eigene Herz legt und laut sagt: „Es ist OK!“ Für mich war das die ersten Male sehr merkwürdig und dann liefen die Tränen, vor Erleichterung und weil es sich doch irgendwie gut anfühlte.
Vielleicht möchtet ihr das auch für euch probieren!

Ein Buchtipp von Kristin Neff:

Selbstmitgefühl: Wie wir uns mit unseren Schwächen versöhnen und uns selbst der beste Freund werden*

*affiliate Link, also Werbung.

„This is a moment of suffering.
Suffering is part of life.
May I be kind to myself in this moment.
May I give myself the compassion I need.”

Kristin Neff

Eure,

mindfulsun

P.S. Von Béa mit der Frage, damit mindfulsun im nächsten Beitrag darauf eingehen kann

In welchen Situationen würdet ihr euch mehr Selbstmitgefühl für euch und/oder eure Kinder wünschen?

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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